Der jüdische Volkssozialismus - Esoterik heisst: Neues Denken ...
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eines übergeordneten Unternehmers steht; ob sie allein arbeiten oder<br />
mit einem oder zwei Gehilfen. Gerade dieser Typus der Wirtschaft ist<br />
im östlichen Judentum ungeheuer verbreitet. Gerade hierhinein hat<br />
man Klassengrundsätze konstruieren und tragen wollen, und gerade<br />
hier haben diese Versuche am verderblichsten gewirkt.<br />
Jeder, der das jüdische Leben im Osten kennt, weiß, daß davon<br />
gar keine Rede sein kann. Wir wissen, wie der jüdische Handwerker,<br />
der jüdische Kleinhändler in allen Städten und Städtchen des Rayons<br />
sein Leben fristet, wir wissen, wie es von Tag zu Tag in Nahrungssorgen<br />
und Arbeitsnöten und tausend Ängsten dahingleitet,<br />
wir wissen<br />
auch, wieviel soziale Energie, wieviel kulturelle Widerstandskraft in<br />
ihnen allen, wie im jüdischen Arbeiter, wie im arbeitenden Intelligenzler,<br />
schlummert. Welche Heldentat ist es, und welche sozialdemokratische<br />
Lebensauffassung kann es erklären, daß der jüdische<br />
Handwerker, dem die russischen Gesetze die Freizügigkeit gestatteten,<br />
in seinem gesunden nationalen Gefühl im Rayon geblieben ist<br />
und sich<br />
durch keine Lockung besseren wirtschaftlichen Daseins dahin hat<br />
bringen lassen, die Zentren der nationalen Gesellschaft mit den auflösenden<br />
assimilierenden russischen Gouvernements zu vertauschen?<br />
Er lebt mit seinen Gehilfen sein Leben gemeinsam. Dasselbe Zimmer,<br />
denselben Arbeitstisch teilen sie. Alle Sorgen und Nöte des Gehilfen<br />
sind auch seine Sorgen.<br />
Mit dem einzigen Unterschied, daß der Arbeiter<br />
durch seine Arbeit wenigstens seinen geringen Lohn gesichert hat,<br />
während der ,, selbständige Unternehmer" oft gerade durch die Löhne<br />
und die anderen Produktionskosten überhaupt um jeden Verdienst<br />
kommt. Und wer das alles noch nicht kennen sollte, der wird vielleicht<br />
dem Urteil Karl Kautskys Vertrauen schenken, der in einem seiner<br />
Werke ausführt, es sei festgestellt worden, daß die Lage eines Lohnarbeiters<br />
jetzt besser ist als die eines Kleinbauern oder eines Handwerkers.<br />
Aber auch einer weiteren Tatsache muß hier Beachtung geschenkt<br />
werden. Die ,, Klassengrenzen" zwischen den Gehilfen und den<br />
Meistern sind nicht etwa scharf geschieden. Vielmehr sind die Übergänge<br />
von einem zum anderen sehr leicht, beweglich und flüssig. Die<br />
Hoffnung lebt stark in all diesen ,,Proletarier"-Gehilfen, selbst einmal<br />
zu der ,, ökonomischen Selbständigkeit" des Handwerksmeisters zu gelangen.<br />
Diese Hoffnung allein läßt sie oft das Ungemach und das Elend<br />
ihres Daseins verwinden. Es ist genau dieselbe Hoffnung, die den<br />
Meister selbst davon zurückhält, seine Werkstatt zu verlassen, um in<br />
der Großindustrie sich besseren Augenblickslohn zu suchen. Und wie<br />
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