Der jüdische Volkssozialismus - Esoterik heisst: Neues Denken ...

VI.
Die zionistische volkssozialistische Bewegung
muß geschaffen, werden.
Es ist ein Irrtum, der gerade in unseren idealistisch gerichteten
Kreisen, Hapoel Hazair im besonderen, sehr verbreitet ist,
zu glauben,
daß die Erweckung der Herzen, das Fördern der Gesinnung, die Verbreitung
der Gedanken allein sehen das vollendete Werk sei. Das
alles ist nur Vorbereitung und Voraussetzung, Aber jeder Inhalt muß
sich eine Form schaffen. Jeder Inhalt weist das Bestreben auf, sich die
Form zu schaffen, das Gefäß, in dem er sich am reinsten bewahrt und
am klarsten ausprägt. Jeder Gedanke, der sich auf das Leben der
Menschen in Gesellschaft bezieht, der mithin auf das Leben tatsächlich
einwirken will, um es in seinem Sinne zu bilden oder umzugestaltan,
muß notwendig Bewegung werden, um sich wirksam, klar und rein
ausprägen zu können. Eine Bewegung ergreift die Menschen.
Sie macht aus den Einzelnen, die ihre Ideen tragen, ein kä npfendes
Heer, eine Schaffensgemeinschaft, die soviel Kraft in sich trägt, daß
sie das Seiende revolutionieren kann. Nirgend besser als in der sozialen
Revolution, die sich gerade in unseren Tagen in Europa zu vollziehen
beginnt, sehen wir, wie das Feuer einer Idee, in einigen Einzelnen
entflammt, Generationen hindurch schwelend, unter der Asche
glühend, sich erhält und weiter nährt, bis durch einen Windstoß eine
hohe Flamme zum Himmel bricht und alles vernichtet, was sich ihr
hemmend in den Weg stellt. Das jüdische Volk steht auf. In diesem
Augenblick muß der Gedanke des zionistischen Volkssozialismus Bewegung
werden.
Dieses Muß aber wird noch gestützt durch eine notwendige Entwicklung
im Zionismus selbst. Je mehr er nämlich aus der Bewegung
Wirklichkeit — das dritte Stadium der Idee — wird, desto deutlicher
müssen sich innerhalb seiner ganzen Organisation die Differenzierungen
nach allen Gesichtspunkten hin bilden. Wenn einerseits im Zionismus
heute schon Berufsgruppen: Ingenieur-, Techniker-, Lehrer-, Ärzteverbände
und Arbeitergewerkschaften entstehen, so muß sich auf der
anderen Seite auch im Hinblick auf die Verschiedenheit der politischen,
sozialen und kulturellen Anschauungen stärker und stärker die
Fraktionsbildung herauskristallisieren. Das ist eine gesunde und not-
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