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wendig, son<strong>de</strong>rn es interessiert einen<br />

etwas, und <strong>de</strong>shalb hat man es geistig<br />

präsent. Das so erworbene Wissen ist<br />

sogar recht geordnet – und selbst wenn<br />

man nach einer Stadttour völlig erschöpft<br />

ist, hat man behalten, wie einen<br />

die bei<strong>de</strong>n Japanerinnen auf Englisch<br />

darum baten, sie vor <strong>de</strong>m Bran<strong>de</strong>nburger<br />

Tor zu fotografieren. Selbst bei Müdigkeit<br />

lernt man weiter und behält Dinge<br />

gut. Man lernt, weil einem wichtig<br />

ist, was man lernen will, weil das, womit<br />

man sich beschäftigt, mit einem<br />

selbst zu tun hat. Es geht dabei um die<br />

eigenen Ziele, um das eigene Leben. Es<br />

geht um die eigene Zeit, die man sinnvoll<br />

nutzen will. Genau <strong>de</strong>swegen ist<br />

Lernen im Alltag so erfolgreich.<br />

Dies ist alles Lernen – nur eben unterschie<strong>de</strong>n<br />

vom schulischen Lernen.<br />

Was aber ist schulisches Lernen?<br />

3. Die Beson<strong>de</strong>rheit <strong>de</strong>r Schule<br />

3.1 Was heißt „Lernen“ – aus bildungstheoretischer<br />

Perspektive?<br />

In <strong>de</strong>r Schule geht es um Bildung.<br />

Darunter versteht man ein gültiges<br />

sachliches und sittliches Umgehen mit<br />

<strong>de</strong>r Welt, <strong>de</strong>n Mitmenschen und sich<br />

selber, damit das Leben gelingen kann.<br />

Das, was wir in <strong>de</strong>r Schule lernen<br />

lassen, muss richtig und wichtig sein.<br />

Alles, was diesen bei<strong>de</strong>n Ansprüchen<br />

nicht genügt, gehört nicht in die Schule.<br />

Man muss es nicht lernen. Warum<br />

soll man etwas lernen, was nicht zum<br />

Gelingen <strong>de</strong>s Lebens beiträgt?<br />

<strong>Diese</strong> bei<strong>de</strong>n Aspekte (richtig und<br />

wichtig) haben aber umgekehrt für das<br />

Lehren eine ungeheuere Be<strong>de</strong>utung:<br />

Was wir in <strong>de</strong>r Schule lehren, muss<br />

nicht nur richtig sein, wir müssen es<br />

auch so lehren, dass <strong>de</strong>r Beitrag <strong>de</strong>s<br />

Gelernten zum Gelingen <strong>de</strong>s Lebens<br />

<strong>de</strong>utlich wird. Wenn die Schüler in <strong>de</strong>r<br />

Schule das lernen sollen, was zum Gelingen<br />

<strong>de</strong>s Lebens beiträgt, dann müssen<br />

die Lehrer aber auch alles so lehren,<br />

dass <strong>de</strong>r Beitrag <strong>de</strong>s Gelernten zum Gelingen<br />

<strong>de</strong>s Lebens vom einzelnen Schüler<br />

erkannt wer<strong>de</strong>n kann.<br />

In manchen Fächern<br />

ist das einfach: Man<br />

muss die Fußballregeln<br />

kennen, damit man fair<br />

Fußball spielen kann.<br />

Das Spiel gelingt nur,<br />

wenn man die Regeln<br />

kennt. Und Fußball gehört<br />

– zumin<strong>de</strong>st für<br />

Männer – zum Leben.<br />

Auch in <strong>de</strong>n Fremdsprachen<br />

ist <strong>de</strong>r Anspruch<br />

an die Lehre recht einfach<br />

zu erfüllen: Die populäre<br />

Musik, die Computersprache,<br />

die Verkehrssprachen<br />

in vielen<br />

Berufen sind fremdsprachlich<br />

mitbestimmt<br />

– und man wür<strong>de</strong> sich<br />

einfach in unserer Umwelt<br />

nicht zurechtfin<strong>de</strong>n,<br />

wenn man kein<br />

Wort Englisch könnte.<br />

Und wenn man keine<br />

Ahnung von physikalischen<br />

Gesetzmäßigkeiten hätte, glaubte<br />

man vielleicht, durch mehrfaches<br />

Ein- und Ausschalten <strong>de</strong>s Fernsehers<br />

könnte man einen Defekt in <strong>de</strong>r Elektronik<br />

beseitigen. Kurz: Wir lernen, damit<br />

das Leben gelingt.<br />

Aber das Problem liegt woan<strong>de</strong>rs:<br />

Schulisches Lernen ist Vorratslernen:<br />

Man lernt für eine Situation, die man<br />

noch nicht kennt, die man noch nicht<br />

kennen kann, weil man noch nicht im<br />

Berufsleben steht. Und genau hier liegt<br />

das Problem: Niemand liest jetzt einen<br />

Reiseführer von New York, wenn er<br />

weiß, dass er vielleicht in sechs, sieben<br />

Jahren einmal dorthin fahren könnte.<br />

Von unseren Schülern verlangen wir<br />

aber genau dies. Sie sollen jetzt lernen,<br />

was sie vielleicht in ein, zwei, ja fünf<br />

o<strong>de</strong>r sechs Jahren gebrauchen können.<br />

Und was passiert? Das Unwahrscheinliche<br />

geschieht: Die meisten<br />

Schüler lernen, was sie im Augenblick<br />

gar nicht brauchen. Sie machen dies,<br />

weil sie Vertrauen in die schulische<br />

Lehre haben: Sie haben ein starkes<br />

Vertrauen darauf, dass das, was sie da<br />

lernen, auch dann einen Sinn für sie<br />

Prof. Dr. Volker La<strong>de</strong>nthin<br />

© Foto: Ossenkamp<br />

hat, wenn sie selbst diesen Sinn nicht<br />

kennen o<strong>de</strong>r einsehen.<br />

Nun darf man dieses Vertrauen nicht<br />

missbrauchen! Und man muss diesem<br />

Vertrauen gerecht wer<strong>de</strong>n. So ist vor<br />

allem Unterricht je<strong>de</strong>s Mal die Frage zu<br />

stellen: Brauchen die Kin<strong>de</strong>r das, was<br />

gelehrt wer<strong>de</strong>n soll, damit ihr Leben<br />

gelingt? Und es muss so unterrichtet<br />

wer<strong>de</strong>n, dass Schüler spüren, dass sie<br />

dieses Vertrauen haben dürfen, dass sie<br />

<strong>de</strong>m Lehrer, <strong>de</strong>r Schule zu Recht vertrauen.<br />

Schulisches, auf Bildung bezogenes<br />

Lernen heißt <strong>als</strong>o: Vorratslernen<br />

im Vertrauen darauf, dass das, was man<br />

zu lernen bekommt, einst be<strong>de</strong>utsam<br />

für <strong>de</strong>n Lerner sein wird.<br />

Lernen in <strong>de</strong>r Schule heißt: Etwas<br />

zu lernen, was Sinn macht. <strong>Diese</strong>r Sinn<br />

muss einsehbar sein, er muss nicht nur<br />

prinzipiell eingesehen wer<strong>de</strong>n können,<br />

er muss aktuell auch eingesehen wer<strong>de</strong>n.<br />

Das Lernen geschieht im Vertrauen darauf,<br />

dass auch das für das Gelingen<br />

<strong>de</strong>s Lebens sinnvoll ist, was nicht unmittelbar<br />

sinnvoll erscheint. Die Berechtigung<br />

zu diesem Vertrauen muss beim<br />

Lernen gezeigt o<strong>de</strong>r gespürt wer<strong>de</strong>n.<br />

BEITRÄGE<br />

91<br />

INFO 34 · 2/2005

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