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Konfessioneller Religionsunterricht<br />

Warum Religion konfessionell unterrichten?<br />

Andreas Verhülsdonk<br />

Religionsunterricht in <strong>de</strong>r Schule –<br />

das Thema erregt die Gemüter, wie<br />

man am Streit um das Schulfach „Lebensgestaltung<br />

– Ethik – Religionskun<strong>de</strong>“<br />

(LER) in Bran<strong>de</strong>nburg o<strong>de</strong>r gegenwärtig<br />

in Berlin erleben kann. Der<br />

Streit ist nicht neu und auch kein rein<br />

<strong>de</strong>utsches Phänomen. Seit <strong>de</strong>r Einrichtung<br />

<strong>de</strong>s öffentlichen Schulwesens ist<br />

die Frage <strong>de</strong>r religiösen Unterweisung<br />

in <strong>de</strong>r Schule umstritten und hat in<br />

Europa und Nordamerika sehr unterschiedliche<br />

Antworten gefun<strong>de</strong>n. Dabei<br />

spielen nicht nur die verschie<strong>de</strong>nen<br />

schulischen und pädagogischen Traditionen<br />

eine Rolle. Ebenso be<strong>de</strong>utsam<br />

ist das sehr unterschiedliche Verhältnis<br />

von Kirche und Staat, von Religion und<br />

Politik in <strong>de</strong>n einzelnen Län<strong>de</strong>rn.<br />

Über <strong>de</strong>n Religionsunterricht in <strong>de</strong>r<br />

Schule kann man nicht allein unter pädagogischen<br />

o<strong>de</strong>r schulischen Gesichtspunkten<br />

diskutieren. Das wird<br />

schon daran <strong>de</strong>utlich, dass <strong>de</strong>r Religionsunterricht<br />

<strong>als</strong> einziges Unterrichtsfach<br />

im Grundgesetz erwähnt wird,<br />

dass er Gegenstand von Staats-Kirchen-Verträgen<br />

und in <strong>de</strong>r Folge auch<br />

<strong>de</strong>r Rechtsprechung bis hin zum Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht<br />

ist. In <strong>de</strong>r Diskussion<br />

um <strong>de</strong>n Religionsunterricht<br />

geht es – auf Seiten <strong>de</strong>r Befürworter<br />

wie <strong>de</strong>r Gegner <strong>de</strong>s konfessionellen<br />

Religionsunterrichts – immer auch um<br />

das Selbstverständnis einer Gesellschaft<br />

und um die Stellung, die die Kirchen<br />

und Religionsgemeinschaften in<br />

Schule und Öffentlichkeit einnehmen<br />

sollen.<br />

Was ist konfessioneller<br />

Religionsunterricht?<br />

Die Frage wird grundsätzlich in<br />

Art. 7 Abs. 3 GG beantwortet: „Der Religionsunterricht<br />

ist in <strong>de</strong>n öffentlichen<br />

Schulen mit Ausnahme <strong>de</strong>r bekenntnisfreien<br />

Schulen or<strong>de</strong>ntliches Lehrfach.<br />

Unbescha<strong>de</strong>t <strong>de</strong>s staatlichen Aufsichtsrechtes<br />

wird <strong>de</strong>r Religionsunterricht in<br />

Übereinstimmung mit <strong>de</strong>n Grundsätzen<br />

<strong>de</strong>r Religionsgemeinschaft erteilt.“<br />

(Satz 1 und 2) <strong>Diese</strong> Regelung gilt unbescha<strong>de</strong>t<br />

<strong>de</strong>r Kulturhoheit <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r<br />

» Seit <strong>de</strong>r Einrichtung <strong>de</strong>s<br />

öffentlichen Schulwesens<br />

ist die Frage <strong>de</strong>r religiösen<br />

Unterweisung in <strong>de</strong>r Schule<br />

umstritten.<br />

für ganz Deutschland<br />

mit Ausnahme<br />

<strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r, die –<br />

wie Art. 141 GG<br />

festlegt – am 1. Januar<br />

1949 eine von<br />

Art. 7 abweichen<strong>de</strong><br />

lan<strong>de</strong>srechtliche Regelung getroffen<br />

haben. Das ist unstrittig in Bremen und<br />

Berlin <strong>de</strong>r Fall; ob dies auch für Bran<strong>de</strong>nburg<br />

gilt, ist vom Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht<br />

im LER-Verfahren bekanntlich<br />

nicht entschie<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n.<br />

Die grundgesetzlichen Bestimmungen<br />

zum Religionsunterricht müssen in<br />

Beziehung zum Art. 2 Abs. 1 und Art. 4<br />

gesehen wer<strong>de</strong>n. Art. 2 GG legt das<br />

Recht auf die freie Entfaltung <strong>de</strong>r Persönlichkeit<br />

fest. Dazu gehört zweifelsohne<br />

das Recht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit<br />

in Art. 4. Dazu gehört<br />

aber auch das Recht auf Bildung. Zwar<br />

fin<strong>de</strong>t sich dieses Recht nicht explizit<br />

in <strong>de</strong>r Verfassung. Die Schulpflicht<br />

und die entsprechen<strong>de</strong>n Schulgesetze<br />

<strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r berechtigen jedoch, mit<br />

Ralf Dahrendorf vom „Bürgerrecht auf<br />

Bildung“ zu sprechen. Der Religionsunterricht<br />

in <strong>de</strong>r Schule dient <strong>de</strong>r freien<br />

Entfaltung <strong>de</strong>r Persönlichkeit. Er soll<br />

die Schülerinnen und Schüler befähigen,<br />

vom Recht auf Gewissens- und<br />

Glaubensfreiheit Gebrauch zu machen<br />

– so wie <strong>de</strong>r Geschichts-, Politik- und<br />

Sozialkun<strong>de</strong>unterricht die Schülerinnen<br />

und Schüler befähigen soll, von ihrem<br />

Recht auf Teilnahme an <strong>de</strong>r politischen<br />

Willensbildung Gebrauch zu machen.<br />

Nun stößt die Gestaltung <strong>de</strong>s Religionsunterrichts<br />

jedoch auf ein Problem:<br />

Die Republik kann die Religions-<br />

und Gewissensfreiheit aller Bürgerinnen<br />

und Bürger nur garantieren,<br />

wenn sie sich mit keiner Religion o<strong>de</strong>r<br />

Weltanschauung i<strong>de</strong>ntifiziert und strikte<br />

religiöse und weltanschauliche Neutralität<br />

wahrt. Deshalb gibt es grundsätzlich<br />

nur zwei<br />

Möglichkeiten, Religionsunterricht<br />

in<br />

<strong>de</strong>r Schule anzubieten:<br />

entwe<strong>de</strong>r <strong>als</strong><br />

bekenntnisfreie Religionskun<strong>de</strong>,<br />

die<br />

die verschie<strong>de</strong>nen Religionen und religiösen<br />

Gemeinschaften möglichst neutral<br />

vorstellt, o<strong>de</strong>r in Kooperation mit<br />

<strong>de</strong>n vorhan<strong>de</strong>nen Kirchen und Religionsgemeinschaften,<br />

die dann für die<br />

Ziele und Inhalte <strong>de</strong>s Unterrichts verantwortlich<br />

sind. Das Grundgesetz entschei<strong>de</strong>t<br />

sich – wie schon die Weimer<br />

Reichsverfassung von 1919 – für die<br />

zweite Möglichkeit: Der Religionsunterricht<br />

wird, wie es in Art. 7 Abs. 3<br />

heißt, „in Übereinstimmung mit <strong>de</strong>n<br />

Grundsätzen <strong>de</strong>r Religionsgemeinschaft<br />

erteilt“. Was das be<strong>de</strong>utet, hat<br />

das Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht 1987 so<br />

dargelegt: „Er (<strong>de</strong>r Religionsunterricht,<br />

A.V.) ist keine überkonfessionelle vergleichen<strong>de</strong><br />

Betrachtung religiöser Lehren,<br />

nicht bloße Morallehre, Sittenunterricht,<br />

historisieren<strong>de</strong> und relativieren<strong>de</strong><br />

Religionskun<strong>de</strong>, Religions- o<strong>de</strong>r<br />

Bibelgeschichte. Sein Gegenstand ist<br />

vielmehr <strong>de</strong>r Bekenntnisinhalt, nämlich<br />

die Grundsätze <strong>de</strong>r jeweiligen Religionsgemeinschaft.<br />

<strong>Diese</strong> <strong>als</strong> bestehen<strong>de</strong><br />

Wahrheiten zu vermitteln, ist<br />

seine Aufgabe. Dafür, wie dies zu geschehen<br />

hat, sind grundsätzlich die<br />

Vorstellungen <strong>de</strong>r Kirchen über Inhalt<br />

und Ziel <strong>de</strong>r Lehrveranstaltung maßgeblich.“<br />

(Beschluss vom 27. Februar<br />

1987, BVerfGE Bd. 75, S. 252.) Konfessionalität<br />

ist <strong>als</strong>o nicht nur eine Fra-<br />

INFOS & AKTUELLES<br />

113<br />

INFO 34 · 2/2005

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