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Lesen eines Gedichts unterschei<strong>de</strong>t sich<br />

vom Lesen eines Textes, mit <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />

Versuchsaufbau in <strong>de</strong>r Physik beschrieben<br />

wird.<br />

Um das Lernen im Unterricht angemessen<br />

und optimal zu gestalten, muss<br />

man <strong>als</strong>o diejenigen Fachmetho<strong>de</strong>n bestimmen,<br />

<strong>de</strong>ren Anwendung zum vernünftigen<br />

Denken <strong>de</strong>r Inhalte <strong>de</strong>s Faches<br />

führen. Man kann in <strong>de</strong>r Gegenüberstellung<br />

f<strong>als</strong>cher und richtiger Metho<strong>de</strong>n<br />

f<strong>als</strong>ches und richtiges Lernen<br />

voneinan<strong>de</strong>r abgrenzen:<br />

– Man lernt nicht religiös zu <strong>de</strong>nken,<br />

wenn man einen Text aus <strong>de</strong>m Religionsbuch<br />

zusammenfasst.<br />

Man lernt religiös zu <strong>de</strong>nken,<br />

wenn man die Welt <strong>de</strong>s Lebens und<br />

<strong>de</strong>s Wissens unter spezifischen Aspekten<br />

– z.B. <strong>de</strong>r Frage nach <strong>de</strong>r<br />

Endlichkeit <strong>de</strong>s Menschen o<strong>de</strong>r<br />

nach <strong>de</strong>n Antworten <strong>de</strong>r Offenbarung<br />

– betrachtet und Antworten zu<br />

<strong>de</strong>n Fragen selbsttätig formulieren<br />

kann.<br />

– Man lernt nicht eine Sprache, wenn<br />

man einen Text aus <strong>de</strong>r Grammatik<br />

liest und Regeln auswendig lernt.<br />

Man lernt eine Sprache vielmehr,<br />

wenn man Sätze in dieser<br />

Sprache hört und liest, die Beson<strong>de</strong>rheiten<br />

herausfin<strong>de</strong>t und beschreibt,<br />

sie <strong>als</strong> Regel formuliert,<br />

um dann selbst Sätze analog zu diesen<br />

Beispielen nach diesen Regeln<br />

zu formulieren und immer wie<strong>de</strong>r<br />

anzuwen<strong>de</strong>n.<br />

3.5 Was heißt „Lernen“ – aus didaktischer<br />

Perspektive?<br />

Lernen ist das systematische Erkennen<br />

<strong>de</strong>r Welt. Das heißt aber nicht, dass<br />

<strong>de</strong>r zeitliche Ablauf <strong>de</strong>s Lernens <strong>de</strong>r<br />

Logik einer Sachsystematik folgt. Dann<br />

nämlich müsste man im Biologieunterricht<br />

im ersten Schuljahr <strong>de</strong>r Grundschule<br />

mit <strong>de</strong>r Zelle beginnen: Aus ihr<br />

setzt sich bekanntlich alles Leben zusammen.<br />

Der wissenschaftsorientierte Unterricht<br />

hat diesen Fehler gemacht: In <strong>de</strong>r<br />

Verwechslung von gegenstandskonstituieren<strong>de</strong>r<br />

Fachmetho<strong>de</strong> und Lernmetho<strong>de</strong><br />

glaubte er, <strong>de</strong>n Unterricht nach<br />

<strong>de</strong>n Regeln <strong>de</strong>r Wissenschaft gestalten<br />

zu müssen. Es war grundf<strong>als</strong>ch, <strong>als</strong> man<br />

versuchte, Unterrichtsmetho<strong>de</strong>n durch<br />

fachwissenschaftliche Metho<strong>de</strong>n zu ersetzen.<br />

Pädagogisch gestaltet sich Lernen<br />

an<strong>de</strong>rs: Ausgehend vom Vorwissen stellt<br />

<strong>de</strong>r Lehren<strong>de</strong> die methodisch notwendigen<br />

Fragen im Horizont seiner ganz<br />

speziellen Schülerklientel.<br />

Im Lehrgang wer<strong>de</strong>n dabei die geschichtlichen<br />

Erfahrungen <strong>de</strong>r Menschen<br />

mit einem entsprechen<strong>de</strong>n Sachverhalt<br />

so konzentriert, dass man, was<br />

in <strong>de</strong>r Geschichte viele Jahre gedauert<br />

hat, in wenigen Minuten lernen kann:<br />

Die Er<strong>de</strong> dreht sich um die Sonne.<br />

Gleichwohl muss auch Schule Erfahrungslernen<br />

selbst zulassen – schon allein<br />

<strong>de</strong>shalb, damit sich <strong>de</strong>r Schüler<br />

beim Umgang mit Erfahrungen kennen<br />

lernt, erproben und verbessern kann. 4<br />

Bei<strong>de</strong>s gehört <strong>als</strong>o in die Schule:<br />

das Lernen im Lehrgang und die Möglichkeit,<br />

das Lernen <strong>als</strong> Erfahrung zu<br />

verarbeiten. 5<br />

– Natürlich wird man im Chemieunterricht<br />

Experimente so auswählen<br />

und inszenieren, dass das gewünschte<br />

Ergebnis erkannt, d.h. gelernt wer<strong>de</strong>n<br />

kann.<br />

– Es muss aber zugleich möglich<br />

sein, dass Schüler sich selbst auf die<br />

schwierige Suche nach einem passen<strong>de</strong>n<br />

Experiment begeben, die Irrwege<br />

gehen und Irrtümer einsehen<br />

– und so die Be<strong>de</strong>utung erkennen, die<br />

in vorstrukturiertem Lernen liegt.<br />

Die Differenz von Erfahrung und<br />

schulischem Lernen muss Gegenstand<br />

schulischen Lernens sein.<br />

3.6 Was heißt „Lernen“ – aus<br />

hermeneutischer Perspektive?<br />

Nach<strong>de</strong>m ich nun das Ziel schulischen<br />

Lernens beschrieben habe, möchte<br />

ich <strong>de</strong>n Lernvorgang noch genauer<br />

betrachten. Was heißt es, wenn man<br />

sagt, man hat ein Gedicht verstan<strong>de</strong>n?<br />

Was heißt es, wenn man sagt, man habe<br />

eine mathematische Formel verstan<strong>de</strong>n?<br />

Wann versteht man Newtons Gesetze?<br />

Nun sicherlich nicht, wenn man<br />

die Dinge auswendig gelernt hat. Wir<br />

können nämlich sinnentleert re<strong>de</strong>n. Verstan<strong>de</strong>n<br />

haben wir eine Sache aber auch<br />

nicht, wenn wir das, was ein Lehren<strong>de</strong>r<br />

vormacht, nachmachen können. Son<strong>de</strong>rn<br />

verstan<strong>de</strong>n haben wir eine Sache,<br />

wenn wir sie eigenständig rekonstruieren<br />

können. Nur wenn uns jemand das<br />

Gedicht o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Versuchsaufbau in<br />

eigenen Worten erklären kann, dann<br />

können wir sagen: Er hat die Sache verstan<strong>de</strong>n.<br />

Verstan<strong>de</strong>n hat <strong>als</strong>o jemand eine<br />

Sache, wenn er sie selber <strong>de</strong>nkt. Man<br />

hat verstan<strong>de</strong>n, wie man einen Lebenslauf<br />

schreibt, wenn man einen Lebenslauf<br />

allein schreiben kann. Man fin<strong>de</strong>t<br />

sich in Deutschland zurecht, wenn man<br />

die nie<strong>de</strong>r<strong>de</strong>utsche Tiefebene von <strong>de</strong>r<br />

Mittelgebirgsregion und diese von <strong>de</strong>r<br />

Hochgebirgsregion unterschei<strong>de</strong>n kann<br />

und grob in einer Skizze eigenhändig<br />

lokalisieren kann. Man hat <strong>als</strong>o nicht<br />

einfach eine „Sache“ im geistigen Besitz<br />

– das geht gar nicht: Son<strong>de</strong>rn man<br />

muss eine Sache <strong>de</strong>nken – <strong>de</strong>nn diese<br />

Sache ist uns ja nie unmittelbar gegeben.<br />

Wir <strong>de</strong>nken sie ja ausschließlich.<br />

Wir kennen eine Sache <strong>als</strong>o immer nur<br />

unter <strong>de</strong>r Art und Weise, wie wir uns<br />

ihr nähern.<br />

Wir kennen eine Sache <strong>als</strong>o immer<br />

so weit, wie wir uns ihr nähern. Eine<br />

Sache besteht für uns immer nur aus<br />

<strong>de</strong>m, wie wir etwas konstruieren. Für<br />

das Denken <strong>de</strong>r Neuzeit gilt, was ich<br />

bei <strong>de</strong>r Zielangabe gesagt habe: Eine<br />

Sache ist nichts an<strong>de</strong>res <strong>als</strong> das Ergebnis<br />

einer Metho<strong>de</strong>. Die Gültigkeit einer<br />

Sache entsteht für uns erst in einer Metho<strong>de</strong>.<br />

Die Gültigkeit einer Sache entsteht<br />

für uns erst aus <strong>de</strong>r Metho<strong>de</strong>.<br />

Bezugspunkt <strong>de</strong>s Unterrichts sind<br />

<strong>als</strong>o nicht die Dinge, son<strong>de</strong>rn nur die<br />

Dinge <strong>als</strong> Produkt ihrer jeweiligen Metho<strong>de</strong>n.<br />

Wir lehren nicht die Umschreibung<br />

mit to do, son<strong>de</strong>rn wir for<strong>de</strong>rn<br />

Lerner auf, einen methodischen Weg<br />

zu fin<strong>de</strong>n, wie im Englischen Fragen<br />

formuliert wer<strong>de</strong>n. Gegenstand <strong>de</strong>s<br />

BEITRÄGE<br />

93<br />

INFO 34 · 2/2005

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