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Benedikt XVI.<br />
Ein Introitus ins Freie<br />
Rinks und lechts kann man nicht velwechsern.<br />
Werch ein Illtum!<br />
Ernst Jandl<br />
E<br />
rnst Jandl ist ein Prophet gewesen, und die Zeiten <strong>de</strong>s<br />
Rechts-, Links-Denkens in <strong>de</strong>r Kirche sind offenbar vorbei.<br />
Was in Rom in diesen Tagen geschah – dazu gehört auch die<br />
Art und Weise, wie die Medien damit umgegangen sind – ist<br />
noch lange nicht verstan<strong>de</strong>n.<br />
Dazu wird<br />
es noch einige Zeit<br />
brauchen. Erstaunlich<br />
ist aber schon,<br />
dass die ein<strong>de</strong>utige<br />
Zuordnung <strong>de</strong>s Kardin<strong>als</strong><br />
Ratzinger, bei<br />
<strong>de</strong>m kaum jemand<br />
vergessen hat zu erwähnen,<br />
dass seine<br />
Behör<strong>de</strong>, die Glaubenskongregation,<br />
früher auf <strong>de</strong>n Namen<br />
Inquisition hörte,<br />
ins Wanken geraten<br />
ist. Er konnte<br />
sich von <strong>de</strong>m Stempel<br />
freimachen, ein<br />
rückwärtsgewandter<br />
Bremser zu sein. Zu interessant sind die Stichworte, die er für<br />
die Zukunft <strong>de</strong>r Kirche genannt hat: Die Kirche ist jung, sie<br />
ist lebendig, und sie ist erkennbar.<br />
Als hätte er das Kernproblem <strong>de</strong>s Streits um <strong>de</strong>n Berliner<br />
Werteunterricht auf <strong>de</strong>n Punkt bringen wollen: In <strong>de</strong>r letzten<br />
Predigt, die er vor seiner Wahl vor <strong>de</strong>n Kardinälen gehalten<br />
hat, hat er von <strong>de</strong>r „Diktatur <strong>de</strong>s Relativismus“ gesprochen.<br />
Wenn es um die letzten Dinge geht, die Frage nach Gott, Freiheit<br />
und Unsterblichkeit (Kant), dann gibt es keinen Standpunkt<br />
oberhalb <strong>de</strong>r Standpunkte. Ein Werteunterricht von<br />
Staats wegen wäre ein Einfallstor für postreligiöse I<strong>de</strong>ologen.<br />
Die Berliner Frage ist offen, offen ist aber auch die Zukunft<br />
<strong>de</strong>r ganzen Kirche. Derselbe Papst Benedikt XVI., <strong>de</strong>r<br />
Profil zeigen will, hat aber auch zu Erkennen gegeben, wie<br />
viel ihm am Dialog und an <strong>de</strong>r Ökumene liegt. Die interessanten<br />
Köpfe <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Protestantismus haben <strong>de</strong>nn<br />
auch <strong>de</strong>n neuen Papst, <strong>de</strong>r sie <strong>als</strong> Präfekt <strong>de</strong>r Glaubenskongregation<br />
noch durch „Dominus Jesus“ geärgert hatte, in sehr<br />
beachtenswerten und klugen Stellungnahmen begrüßt. Eberhardt<br />
Jüngel, ein Theologe von Format, möchte mit <strong>de</strong>m führen<strong>de</strong>n<br />
Kopf <strong>de</strong>r Katholischen Theologie, <strong>de</strong>m Mitglied <strong>de</strong>r<br />
Aka<strong>de</strong>mie Française auf Augenhöhe bleiben. Guten Stil hat<br />
auch Bischof Wolfgang Huber, <strong>de</strong>r Ratsvorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />
EKD, bewiesen. Natürlich gibt es Konfliktpunkte, aber die<br />
entsprechen<strong>de</strong>n Stichworte, die ihm von Journalisten angeboten<br />
wur<strong>de</strong>n, hat er souverän ignoriert in <strong>de</strong>r sicheren Einschätzung<br />
<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utsamkeit, welche die römischen Ereignisse<br />
für die gesamte Christenheit hatten. Viele evangelische<br />
Christen, auch im<br />
näheren Bekanntenkreis,<br />
nehmen mit<br />
Respekt und Nostalgie<br />
die römische Stilsicherheit<br />
wahr, die<br />
mehr ist <strong>als</strong> nur eine<br />
Frage <strong>de</strong>r Ästhetik.<br />
Zwar stimmt alles,<br />
was man über <strong>de</strong>n<br />
professionell inszenierten<br />
Bil<strong>de</strong>rzauber<br />
lesen konnte:<br />
Der Mix aus jungen<br />
Gesichtern und kleinen<br />
Szenen vom Petersplatz,<br />
die Bil<strong>de</strong>r<br />
von <strong>de</strong>r Via <strong>de</strong>lla<br />
Conciliazione und<br />
© dpa / picture-alliance<br />
die panoramatischen<br />
Kameraschwenks, welche die Umarmung <strong>de</strong>r Massen durch<br />
die Arka<strong>de</strong>n Berninis zeigten, darüber <strong>de</strong>r römische Himmel,<br />
die Peterskuppel – und alles fokussiert auf die liturgische<br />
Form. Gerhard Stadlmaier, eine <strong>de</strong>r besten Fe<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r F.A.Z.,<br />
Theaterkritiker und Fachmann für Inszenierungen, hat die<br />
klügste Analyse geboten: Papst Johannes Paul II., <strong>de</strong>n man<br />
<strong>als</strong> Medienstar gefeiert hat, war das Gegenteil eines Inszenators.<br />
Zwar wird er intelligent genug gewesen sein, um zu wissen,<br />
dass alle Kameras auf ihn gerichtet waren, das Geheimnis<br />
seiner Faszination bestand aber nach Stadlmaier darin,<br />
dass alle wussten: Er zieht keine Show ab. Das Dargestellte<br />
und das Darzustellen<strong>de</strong> bil<strong>de</strong>n eine Einheit. Die Koinzi<strong>de</strong>nz<br />
von Schein und Sein war es, was die Glaubwürdigkeit Johannes<br />
Pauls II. ausmachte.<br />
Bei Kardinal Ratzinger war es die Form <strong>de</strong>r Liturgie, von<br />
<strong>de</strong>r er sich schon beim Requiem für seinen Vorgänger tragen<br />
ließ. Benedikt XVI. lieferte in <strong>de</strong>r Art, wie er die großen Gottesdienste<br />
zelebrierte, ein Lehrstück dafür, wie gera<strong>de</strong> durch<br />
die Füllung <strong>de</strong>r vorgegebenen Form höchste Authentizität<br />
und Präsenz möglich wird. Benedikt XVI. zeigt, wie das benediktinische<br />
Prinzip <strong>de</strong>r erfüllten Form Individualität und<br />
Allgemeingültigkeit verbin<strong>de</strong>n kann. Sein Auftritt begann<br />
mit <strong>de</strong>m Abstieg in die Gruft <strong>de</strong>s Petrus. Die Freilegung <strong>de</strong>r<br />
Wurzeln aus <strong>de</strong>r Väterzeit, symbolisiert durch das Pallium in