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Die Freu<strong>de</strong> am Lernen lernen<br />
BEITRÄGE<br />
78<br />
Prof. Dr. Joachim-Felix Leonhard<br />
Gedanken aus <strong>de</strong>n Grußworten von<br />
Staatssekretär Professor Dr. Joachim-<br />
Felix Leonhard, Staatssekretär im Hessischen<br />
Ministerium für Wissenschaft<br />
und Kunst, und Dr. Siegfried Däschler-<br />
Seiler, Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>svereinigung<br />
Evangelischer Eltern und Erzieher.<br />
Joachim-Felix Leonhard<br />
Besser und zugleich optimistischer<br />
<strong>als</strong> ihr Tagungsthema.: „Freu<strong>de</strong> am<br />
Lernen“ – kann man die Zielsetzung eines<br />
Kongresses, <strong>de</strong>r sich mit unserem<br />
<strong>de</strong>utschen Bildungssystem befasst, gar<br />
nicht formulieren. Wäre unser Bildungssystem<br />
auf allen Stufen durch „Freu<strong>de</strong><br />
am Lernen“ charakterisiert, wäre auch<br />
die „Freu<strong>de</strong> am Lehren, am Unterricht,<br />
Freu<strong>de</strong> an Erziehung“ in unserem Bildungswesen<br />
Realität und nicht nur vielfach<br />
eingeklagte For<strong>de</strong>rung.<br />
In <strong>de</strong>n die Leistungsfähigkeit <strong>de</strong>r<br />
Bildungssysteme vergleichen<strong>de</strong>n Studien<br />
ist <strong>de</strong>m <strong>de</strong>utschen Bildungswesen,<br />
um im Bil<strong>de</strong> zu bleiben, ein äußerst<br />
schlechtes Zeugnis ausgestellt wor<strong>de</strong>n.<br />
© Foto: Ossenkamp<br />
Sicherlich gibt es in unserem Bildungssystem<br />
viele Kin<strong>de</strong>r, viele Schülerinnen<br />
und Schüler, die mit Freu<strong>de</strong> lernen<br />
und die Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen<br />
und Erzieher erleben, die mit<br />
Freu<strong>de</strong> ihrem Beruf nachgehen. Gleichwohl<br />
können wir angesichts <strong>de</strong>r negativen<br />
Befun<strong>de</strong> dieser Studien und an<strong>de</strong>ren<br />
Untersuchungen die Augen davor<br />
nicht verschließen, dass das schlechte<br />
Leistungsprofil unseres Bildungswesens<br />
notwendigerweise einhergeht mit<br />
enttäuschten Schülerinnen und Schülern<br />
und an ihrer Aufgabe und ihrer Berufung<br />
zweifeln<strong>de</strong>n Fachkräften <strong>de</strong>s<br />
Erziehungswesens.<br />
Die Ursachen sind vielfältig. Ich vermisse<br />
an dieser Diskussion in unserem<br />
Land die notwendige Offenheit. So vielschichtige<br />
Analysen wie die international<br />
vergleichen<strong>de</strong>n Studien lassen natürlich<br />
vielfältige Interpretationen zu.<br />
Je<strong>de</strong>r scheint angeblich auf gesicherter<br />
wissenschaftlicher Basis für seine spezifische<br />
Position Argumente fin<strong>de</strong>n zu<br />
können.<br />
Ich will zu diesen Fragen hier gar<br />
keine eigene Antwort versuchen. Ich<br />
will nur auf eine grundlegen<strong>de</strong> Einsicht<br />
verweisen: Der Mensch ist von seiner<br />
Geburt an lern- und bildungsfähig. Vergegenwärtigen<br />
wir uns, was ein junger<br />
Mensch – und ich meine die erste Bildungsphase<br />
bis zum Eintritt in das<br />
Schulwesen – alles lernt, wie rasch er<br />
es tut und welche komplexen Sachverhalte<br />
wie etwa die Muttersprache er<br />
sich in dieser kurz bemessenen Zeit aneignet.<br />
Dies verweist auf ein Entwicklungspotential,<br />
dass durch gute Erziehung<br />
geför<strong>de</strong>rt und durch fehlen<strong>de</strong> und<br />
schlechte Erziehung in höchstem Maße<br />
gefähr<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Ich bin <strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>r Meinung, dass<br />
man über <strong>de</strong>n PISA-Schock in Deutschland<br />
nicht nur schulfachlich re<strong>de</strong>n kann<br />
und darf, son<strong>de</strong>rn dass man wesentlich<br />
früher ansetzen muss. Die Bildungsphase<br />
muss <strong>als</strong>o bis zum Eintritt in die<br />
Schule in <strong>de</strong>r Tat auch <strong>als</strong> eine <strong>de</strong>r wesentlichen<br />
Herausfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Neugestaltung<br />
und Weiterentwicklung unseres<br />
Bildungswesens angesehen wer<strong>de</strong>n.<br />
Kin<strong>de</strong>r sind schon in <strong>de</strong>n frühesten<br />
Jahren neugierig und wissbegierig, sie<br />
sind kreativ, sie wollen sich ihre Welt<br />
erobern, wollen eigene I<strong>de</strong>en entwickeln,<br />
wollen sich mit an<strong>de</strong>ren auseinan<strong>de</strong>rsetzen<br />
und spielerisch messen.<br />
<strong>Diese</strong>s Bild <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s ist kein optimistisches,<br />
son<strong>de</strong>rn ein realistisches,<br />
ein anthroprologisch wie psychologisch<br />
begrün<strong>de</strong>tes Bild. So richtet sich<br />
z.B. unser geplanter hessischer Bildungs-<br />
und Erziehungsplan für Kin<strong>de</strong>r<br />
von 0 bis 10 Jahren nicht nur an die Bildungsinstitutionen,<br />
son<strong>de</strong>rn gleichermaßen<br />
an die Familien, an die gesellschaftlichen<br />
Institutionen, an alle, die<br />
am Bildungs- und Erziehungsprozess<br />
beteiligt sind.<br />
Je<strong>de</strong> Gesellschaft muss letzten En<strong>de</strong>s<br />
darüber entschei<strong>de</strong>n, wie viel ihr<br />
<strong>de</strong>r verantwortungsvolle Beruf <strong>de</strong>s Erziehers<br />
und <strong>de</strong>r Erzieherin, <strong>de</strong>s Lehrers<br />
und <strong>de</strong>r Lehrerin wirklich wert ist. Wir<br />
müssen lei<strong>de</strong>r feststellen, dass diese<br />
Berufe gesellschaftlich nicht sehr hoch<br />
angesehen, vielmehr vielfältiger Kritik<br />
INFO 34 · 2/2005