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auch Contra können je nach Standpunkt nicht je<strong>de</strong>n<br />
überzeugen. Rationale Argumente auf <strong>de</strong>r<br />
Basis <strong>de</strong>s o.g. common sense haben <strong>als</strong>o genauso<br />
ihre Grenzen wie metaphysisch religiöse.<br />
Weil das so ist, hat m.E. auch eine theologische<br />
Argumentation weiterhin ihre Berechtigung.<br />
Schließlich hat im gleichen Jahr, <strong>als</strong> dieses Symposion<br />
stattfand, Jürgen Habermas <strong>als</strong> „religiös<br />
Unmusikalischer“ in seiner Frankfurter Re<strong>de</strong> darauf<br />
hingewiesen, dass die religiöse Sprache Wertressourcen<br />
berge, die auch für eine säkulare Gesellschaft<br />
unverzichtbar wären. Nicht nur <strong>de</strong>r theologisch<br />
Argumentieren<strong>de</strong> sollte die Sprache <strong>de</strong>r<br />
ihn umschließen<strong>de</strong>n säkularen Welt lernen, son<strong>de</strong>rn<br />
es sei an <strong>de</strong>r Zeit, dass umgekehrt auch die<br />
säkulare Welt von <strong>de</strong>n Sprachinseln religiöser<br />
Wertvermittlung und Begründung lerne. Der religiös<br />
Re<strong>de</strong>n<strong>de</strong> und Argumentieren<strong>de</strong> sollte sich<br />
m.E. nicht zum Kaninchen machen lassen, das auf<br />
eine theologische Argumentation verzichtet, weil<br />
man es abgerichtet hat, auf die Schlange einer<br />
Ethik ohne Metaphysik zu starren. Erfreulicherweise<br />
kamen während <strong>de</strong>s Symposions auch zwei<br />
Referenten zu Wort, <strong>de</strong>ren Beiträge im engeren<br />
Sinne <strong>als</strong> theologisch zu bezeichnen sind und sich<br />
in erfrischen<strong>de</strong>r Weise vom Starren auf die Schlange<br />
lösen. Der Eichstätter Dogmatiker Manfred<br />
Gerwing (Der Mensch ein Geschöpf Gottes? Zum<br />
christlichen Menschenverständnis) zeigte in seiner<br />
Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit Sartre auf, mit welchen<br />
Defiziten man leben muss, wenn man sich<br />
auf die Sprachregelungen <strong>de</strong>r zeitgenössischen<br />
Gesellschaft einlässt und auf Argumentationen<br />
verzichtet, aus <strong>de</strong>nen man eigentlich lebt. Es ist<br />
eben nicht so, dass <strong>de</strong>r Verzicht auf die Re<strong>de</strong> von<br />
Gott, die immer auch Konsequenzen für die Re<strong>de</strong><br />
vom Menschen hat, ein Rad ist, mit <strong>de</strong>m sich sowieso<br />
nichts dreht. Nicht nur Habermas hat dies<br />
mittlerweile bemerkt. Gerwing führt auch <strong>de</strong>n<br />
Zeitherausgeber Michael Naumann und <strong>de</strong>n früheren<br />
Präsi<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>r Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />
Wolfgang Frühwald an, die von einer<br />
angeblich „wertfreien Wissenschaft“ Abschied<br />
nehmen. (S. 155). In diesem Zusammenhang sei<br />
auch <strong>de</strong>r Beitrag <strong>de</strong>s Pa<strong>de</strong>rborner Bibelwissenschaftlers<br />
Rainer Dillmann (Zwischen Selbstüberschätzung<br />
und gutem Willen – Der Mensch<br />
aus biblisch-theologischer Sicht) genannt. Die<br />
Erzählung von Paradies und Sün<strong>de</strong>nfall nimmt er<br />
zum Anlass eine über alle Zeiten hinweg aktuelle<br />
Thematik, die Erkenntnis von gut und böse, für<br />
die gegenwärtige Diskussion fruchtbar zu machen.<br />
Liest man die weiteren Beiträge in <strong>de</strong>r Spannung<br />
<strong>de</strong>s von Wildfeuer eröffneten Spektrums,<br />
zeitgenössisch mit Zeitgenossen zu <strong>de</strong>nken und<br />
zu re<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>n vor allem durch Gerwing, aber<br />
auch Dillman markierten Kontrapunkten, so wird<br />
man das Buch mit Gewinn lesen. Helmut Müller<br />
Blum, Matthias/ Hölscher,<br />
Andreas (Hg.)<br />
Die Kunst <strong>de</strong>r<br />
Glaubensvermittlung<br />
Perspektiven zeitgemäßer Religionspädagogik<br />
(Berliner Schriften Bd. 17). – Berlin: Morus Verlag.<br />
2002. 278 S., € 24,90 (ISBN 3-87554-347-5)<br />
Es gibt verschie<strong>de</strong>ne Wege, in ein Studienfach<br />
o<strong>de</strong>r eine Wissenschaftsdisziplin einzuführen. Man<br />
kann zentrale Themen und Metho<strong>de</strong>n, Geschichte<br />
und Entwicklung eines Faches systematisch<br />
darstellen. Man kann aber auch führen<strong>de</strong> Vertreter<br />
<strong>de</strong>s Faches bitten, <strong>de</strong>n gegenwärtigen Diskussionsstand<br />
zusammenzufassen und in einer möglichst<br />
allgemein verständlichen Sprache darzustellen.<br />
Zu letzterem haben sich die FU Berlin<br />
und das Seminar für Lehrerfortbildung <strong>de</strong>s Erzbistums<br />
Berlin entschlossen, <strong>als</strong> sie 1999/ 2000 eine<br />
Ringvorlesung zum Thema Verdunstung <strong>de</strong>s Glaubens?<br />
Religiöse Bildung in <strong>de</strong>r pluralen Kultur<br />
und Gesellschaft initiierten und dazu führen<strong>de</strong> Vertreter<br />
<strong>de</strong>r katholischen Religionspädagogik einlu<strong>de</strong>n.<br />
Wer mit <strong>de</strong>n religionspädagogischen Diskussionen<br />
<strong>de</strong>r letzten bei<strong>de</strong>n Jahrzehnten vertraut<br />
ist, wird in <strong>de</strong>r Dokumentation <strong>de</strong>r Vorlesungsreihe<br />
wenig Neues ent<strong>de</strong>cken. Wer sich hingegen<br />
einen Überblick über die gegenwärtige katholische<br />
Religionspädagogik verschaffen will, <strong>de</strong>m<br />
verspricht <strong>de</strong>r Band eine gewinnbringen<strong>de</strong> Lektüre.<br />
Hier präsentiert sich die <strong>de</strong>utsche Religionspädagogik<br />
mit ihren Stärken, aber auch mit ihren<br />
Schwächen. Von bei<strong>de</strong>m ist zu re<strong>de</strong>n.<br />
Der Weg durch die Religionspädagogik beginnt<br />
mit <strong>de</strong>r Wahrnehmung und Deutung lebensweltlicher<br />
Religiosität. Religion ist heute diffus<br />
gewor<strong>de</strong>n, so die These <strong>de</strong>s Kölner Dogmatikers<br />
Hans-Joachim Höhn. Die Postmo<strong>de</strong>rne ist nicht<br />
religionslos. Wohl aber verliert Religion ihre inhaltliche<br />
und soziale Bestimmtheit. Religiöse o<strong>de</strong>r<br />
religionsäquivalente Phänomene lassen sich in<br />
vielen Bereichen <strong>de</strong>r Gesellschaft fin<strong>de</strong>n – vom<br />
Sport über Kunst und Kultur bis zur Warenästhetik<br />
und Werbung. Religion ist allgegenwärtig und<br />
<strong>de</strong>shalb nirgends konkret zu verorten. <strong>Diese</strong> religionsphänomenologische<br />
These wird vom Münsteraner<br />
Sozialethiker Karl Gabriel religionssoziologisch<br />
gestützt: Die Diffusion von Religion ist<br />
wesentlich eine Folge ihrer Pluralisierung und Individualisierung.<br />
Bei<strong>de</strong> Autoren sehen im (post-)<br />
mo<strong>de</strong>rnen Umgang mit Religion nicht nur eine<br />
Gefahr für Christentum und Kirche, son<strong>de</strong>rn auch<br />
eine Chance, wenn die Kirche, wie Gabriel empfiehlt,<br />
die Rolle einer „freiheitsbewahren<strong>de</strong>n Distanzmacht“<br />
zum total wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Markt und seinen<br />
Zwängen einnimmt. <strong>Diese</strong>r Impuls wird lei<strong>de</strong>r<br />
von <strong>de</strong>n im engeren Sinne religionspädagogischen<br />
Beiträgen kaum aufgenommen. Nur Norbert<br />
Mette macht hier eine Ausnahme. Er versucht,<br />
die Einsichten <strong>de</strong>r „politischen Theologie“<br />
von Johann-Baptist Metz und Helmut Peukert religionspädagogisch<br />
fruchtbar zu machen.<br />
Die an<strong>de</strong>ren Beiträge beleuchten vor allem die<br />
traditionellen Orte religiöser Bildung, nämlich<br />
Schule, Gemein<strong>de</strong> und Erwachsenenbildung. Werner<br />
Simon und Harald Schwillius erläutern Konzeption<br />
und Stellung <strong>de</strong>s Religionsunterrichts in<br />
<strong>de</strong>r Schule. Bei<strong>de</strong> plädieren auch in Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />
mit <strong>de</strong>m Fach LER in Bran<strong>de</strong>nburg für<br />
einen konfessionellen Religionsunterricht, <strong>de</strong>r<br />
Standortgebun<strong>de</strong>nheit mit Offenheit gegenüber<br />
an<strong>de</strong>ren Konfessionen und Religionen verbin<strong>de</strong>t.<br />
Ein reichlich i<strong>de</strong>alistisches Bild von Gemein<strong>de</strong>pädagogik<br />
zeichnet die Osnabrücker Pastoraltheologin<br />
Martina Blasberg-Kuhnke. Es gehört<br />
schon eine gewisse Erfahrungsresistenz dazu, die<br />
Gemein<strong>de</strong> <strong>als</strong> primären Lernort <strong>de</strong>s Glaubens zu<br />
<strong>de</strong>klarieren. Die freikirchlich inspirierte Gemein<strong>de</strong>theologie<br />
übersieht geflissentlich, dass nur eine<br />
kleine Min<strong>de</strong>rheit <strong>de</strong>r Christinnen und Christen<br />
sich gemeindlich engagiert, dass es in <strong>de</strong>r katholischen<br />
Kirche immer auch an<strong>de</strong>re Vergemeinschaftungsformen<br />
gegeben hat und gibt und<br />
dass <strong>de</strong>r religiöse Monopolanspruch <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong><br />
in <strong>de</strong>r Terminologie von Ernst Troeltsch eher<br />
zum Sozialtypus „Sekte“ passt. Von diesen Engführungen<br />
ist <strong>de</strong>r Beitrag von Rudolf Englert frei.<br />
Er hält ein überzeugen<strong>de</strong>s Plädoyer für eine kirchliche<br />
Erwachsenenbildung, die <strong>de</strong>n christlichen<br />
Glauben über <strong>de</strong>n Kreis <strong>de</strong>r Gottesdienstgemein<strong>de</strong><br />
hinaus kommunikabel macht und zur Fermentierung<br />
<strong>de</strong>r Gesellschaft mit christlichen Inspirationen<br />
beiträgt. Dass dies auch angesichts <strong>de</strong>r offenkundigen<br />
Krise vieler kirchlicher Einrichtungen<br />
<strong>de</strong>r Erwachsenenbildung noch möglich ist,<br />
zeigte jüngst die Diskussion von Jürgen Habermas<br />
und Kardinal Ratzinger in <strong>de</strong>r Katholischen<br />
Aka<strong>de</strong>mie München. Sie hätte in einer Gemein<strong>de</strong><br />
wohl kaum stattgefun<strong>de</strong>n.<br />
Höchst anregend ist <strong>de</strong>r abschließen<strong>de</strong> Beitrag<br />
von Klaus Mertes SJ, <strong>de</strong>m Leiter <strong>de</strong>s Canisius-<br />
Kollegs in Berlin. Er versteht Schulpastoral bewusst<br />
nicht <strong>als</strong> kirchliche Sozialarbeit an Lehrern<br />
und Schülern, son<strong>de</strong>rn skizziert ein Konzept, das<br />
Schülerinnen und Schülern im Raum von Schule<br />
religiöse Erfahrungen eröffnen will. Seine praxisnahen<br />
Überlegungen zur Schulpastoral gehen<br />
damit über <strong>de</strong>n Diskussionsrahmen <strong>de</strong>s Ban<strong>de</strong>s<br />
hinaus und verweisen auf neuere Überlegungen<br />
zu einem „performativen“ o<strong>de</strong>r „mystagogischen<br />
Religionsunterricht“ (vgl. rhs 1/2002 und INFO<br />
4/2003), <strong>de</strong>r nicht nur an religiöse Erfahrungen<br />
<strong>de</strong>r Schülerinnen und Schüler anknüpfen, son<strong>de</strong>rn<br />
ihnen auch neue Erfahrungen innerhalb und<br />
außerhalb von Schule ermöglichen will. Solch<br />
neue Konzepte einer „zeitgemäßen Religionspädagogik“<br />
– so <strong>de</strong>r Untertitel – sucht man im <strong>de</strong>m<br />
Dokumentationsband jedoch ebenso vergeblich<br />
wie Bezüge zur gegenwärtigen Schulreform<strong>de</strong>batte.<br />
Kritikwürdig ist auch das vergleichsweise<br />
harmlose Bild von Religion in <strong>de</strong>r Postmo<strong>de</strong>rne,<br />
das Höhn und Gabriel zeichnen. Spätestens <strong>de</strong>r<br />
11. September 2001 hat uns <strong>de</strong>n offenkundig engen<br />
Zusammenhang von Religion und Gewalt<br />
wie<strong>de</strong>r bewusst gemacht. Und auch wer Mel Gibsons<br />
Deutung <strong>de</strong>r Passion Jesu <strong>als</strong> Blutorgie ablehnt,<br />
wird nicht leugnen können, dass im Zentrum<br />
<strong>de</strong>s christlichen Glaubens ein tödlicher Gewaltakt<br />
steht. Religion ist keine harmlose Freizeitbeschäftigung.<br />
Hier geht es im Wortsinn um Leben und Tod.<br />
Eine Religionspädagogik, die „zeitgemäß“ sein<br />
will, darf <strong>de</strong>n Zusammenhang von Religion und<br />
Gewalt nicht ausblen<strong>de</strong>n. Andreas Verhülsdonk<br />
Boschki, Reinhold<br />
„Beziehung“ <strong>als</strong><br />
Leitbegriff <strong>de</strong>r<br />
Religionspädagogik<br />
Grundlegung einer dialogisch-kreativen Religionsdidaktik<br />
(Reihe Zeitzeichen; Bd. 13). – Ostfil-<br />
LITERATUR & MEDIEN<br />
107<br />
INFO 34 · 2/2005