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LITERATUR & MEDIEN<br />
106<br />
gleichsam <strong>als</strong> Beifang <strong>de</strong>s Fachunterrichts. Sie erfor<strong>de</strong>rn<br />
eine bewusst gestaltete Unterrichtskultur,<br />
ein sorgsam gepflegtes Schulklima, gezielte pädagogische<br />
Son<strong>de</strong>rangebote und eine wohldurchdachte<br />
Balance von Unterricht und Schulleben.<br />
Nur so kann Schule, einigermaßen, auf das ganze<br />
Leben vorbereiten.<br />
Carl Josef Reitz<br />
Werner, Hans-Joachim<br />
Moral und<br />
Erziehung in <strong>de</strong>r<br />
pluralistischen<br />
Gesellschaft<br />
– Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.<br />
2002. 300 S., € 24.90 (ISBN 3-534-16026-6)<br />
„Moral und Erziehung in <strong>de</strong>r pluralistischen<br />
Gesellschaft“ – Bereits <strong>de</strong>r Titel <strong>de</strong>s Buches lässt<br />
ahnen, dass Hans-Joachim Werner in seiner jüngsten<br />
Arbeit ein weites Feld in <strong>de</strong>n Blick genommen<br />
hat. Ein Feld, das sich zu<strong>de</strong>m in <strong>de</strong>r Spannung<br />
verschie<strong>de</strong>ner Wissenschaftsdisziplinen und<br />
Wirklichkeitszugängen entfaltet, zwischen Philosophie<br />
und Pädagogik, zwischen Ethik und Religion,<br />
zwischen Individuum und Gesellschaft,<br />
zwischen Recht und Politik. Hans-Joachim Werner<br />
ist Professor für Philosophie an <strong>de</strong>r Pädagogischen<br />
Hochschule in Karlsruhe, <strong>als</strong>o vornehmlich<br />
in <strong>de</strong>r Ausbildung künftiger Grund-, Hauptund<br />
Re<strong>als</strong>chullehrer tätig. Entsprechend bringt er<br />
<strong>als</strong> Hintergrund für seine Darstellung die moralphilosophische<br />
Reflexion und <strong>de</strong>n Fokus auf Unterrichts-<br />
und Schulpraxis mit. Wohl auch <strong>de</strong>shalb<br />
wird <strong>de</strong>r Blick auf „Moral und Erziehung“<br />
im Laufe <strong>de</strong>r Darstellung zunehmend auf <strong>de</strong>n<br />
Schulunterricht und <strong>de</strong>n „Lebensraum Schule“<br />
(Hartmut von Hentig) gerichtet, was nicht zum<br />
Scha<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Buches ist. An<strong>de</strong>rs wäre die Themenstellung<br />
auch kaum auf 300 Seiten abzuhan<strong>de</strong>ln<br />
gewesen.<br />
Der Autor hat seine Studie in zwei große Teile<br />
geglie<strong>de</strong>rt. In einem ersten Kapitel sammelt er<br />
ethische Fragestellungen, wie sie sich heute vor<br />
<strong>de</strong>m Hintergrund einer pluralistischen Gesellschaft<br />
stellen. Dabei geht es zuerst um die<br />
grundsätzlich Klärung, wie und in welchem Maße<br />
sich eine Gesellschaft <strong>de</strong>n für ihre Existenz<br />
notwendigen ethischen Konsens bewahren<br />
kann, wenn „die Moral weitgehend staatlichem<br />
Zugriff entzogen bleibt, und zwar nicht nur im<br />
Bereich <strong>de</strong>r Speziellmoral, die im religiösen<br />
Glauben, in <strong>de</strong>r individuellen Gewissensorientierung<br />
und in frei gewählten Gemeinschaftsbindungen<br />
ihren Ausdruck fin<strong>de</strong>t, son<strong>de</strong>rn auch<br />
für die Universalmoral, in <strong>de</strong>r sich die konsensbedürftigen<br />
Grundwerte einer Gesellschaft ausdrücken“<br />
(24). Der Autor nennt dieses Dilemma<br />
die „offene Flanke“ <strong>de</strong>r offenen Gesellschaft.<br />
Die moralische Erziehung zeigt sich in diesem<br />
Kontext <strong>als</strong> eine Möglichkeit und Notwendigkeit,<br />
dieser „spannungsreichen Grundsituation<br />
gerecht zu wer<strong>de</strong>n“ (24).<br />
Im nächsten Schritt unternimmt <strong>de</strong>r Autor<br />
dann die Klärung <strong>de</strong>r wichtigsten Begriffe dieses<br />
Diskursfel<strong>de</strong>s: Pluralismus, Liberalismus, Freiheit,<br />
Moral, Ethik, Wert und Norm. So bestimmt<br />
er die Ethik <strong>als</strong> Theorie <strong>de</strong>r Moral, Moral dagegen<br />
ausführlich <strong>als</strong> unterschiedlich akzentuierte<br />
Praxis persönlich wie gesellschaftlich anerkannter<br />
Sittlichkeit (33). Nach einem Durchgang<br />
durch die wichtigsten Positionen zur Frage nach<br />
<strong>de</strong>m Wesen <strong>de</strong>r Moral – von Kant über Piaget bis<br />
MacIntyre – kommt er am En<strong>de</strong> dieses ersten Kapitels<br />
schließlich zu einer umfassen<strong>de</strong>n Definition:<br />
„Der Begriff <strong>de</strong>r Moral umfasst, so wie<br />
Höffe und an<strong>de</strong>re es darstellen, Wert und Norm,<br />
die sich auf das Verhältnis <strong>de</strong>s Individuums zu<br />
sich selbst, zu <strong>de</strong>n Mitmenschen und zur Natur<br />
beziehen“ (40). In ein Bild gebracht, stellt sich<br />
diese Struktur <strong>de</strong>r Moral auf <strong>de</strong>r Metaebene <strong>als</strong><br />
Struktur <strong>de</strong>r Ethik in einem ellipsenartigen Schema<br />
dar: „Rücksichten gegen sich selbst“ und<br />
„Rücksichten gegen die Mitwelt“ stehen in einem<br />
Gleichgewicht von Bestrebungen und Pflicht.<br />
„Moralische Erziehung, besteht somit aus <strong>de</strong>njenigen<br />
Aktivitäten, die sich intentional bei <strong>de</strong>n<br />
zu Erziehen<strong>de</strong>n auf die För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Rücksichten<br />
gegen sich selbst und gegen die Mitwelt richten“<br />
(45).<br />
Im umfangreichen zweiten Kapitel beleuchtet<br />
Werner dann die moralpädagogischen Ansätze<br />
und Konzepte, mit <strong>de</strong>nen moralische Erziehung<br />
in einer pluralistischen Gesellschaft geleistet wer<strong>de</strong>n<br />
soll, und prüft sie auf ihre Tauglichkeit. Dabei<br />
wird die Grundfigur <strong>de</strong>r doppelten Rücksichtsnahme<br />
– gegen die eigene Person und gegen die<br />
Mitwelt – zum heuristischen Instrument einer Analyse,<br />
<strong>de</strong>ren Bogen von <strong>de</strong>n ethischen Ansätzen<br />
<strong>de</strong>r Antike bis zu Piaget und Kohlberg reicht. In<br />
einem ersten Schritt nimmt <strong>de</strong>r Autor die Tugen<strong>de</strong>n<br />
<strong>als</strong> Ziele moralpädagogischen Han<strong>de</strong>lns in<br />
<strong>de</strong>n Blick und entfaltet Begriffe wie Persönlichkeit<br />
und Selbstentfaltung sowie Gerechtigkeit<br />
und Wohlwollen <strong>als</strong> Folie eines auf Erziehung<br />
zur Sittlichkeit ausgerichteten Han<strong>de</strong>lns. In einem<br />
zweiten Schritt wen<strong>de</strong>t er sich dann <strong>de</strong>n<br />
gängigen moralpädagogischen Metho<strong>de</strong>n und<br />
Konzepten zu und prüft ihre Tauglichkeit im<br />
Raum schulischer Erziehung: Dabei kommen<br />
die sokratische Gesprächsform und die Kohlbergsche<br />
Dilemmametho<strong>de</strong> ebenso in <strong>de</strong>n Blick<br />
wie die Wertklärungsmetho<strong>de</strong>, das Start/Life-<br />
Line-Mo<strong>de</strong>ll und das Compassion-Projekt. Die<br />
Arbeit schließt mit einem knappen Abschnitt<br />
über das Verhältnis von Ethik- und Religionsunterricht.<br />
„Moralische Erziehung in <strong>de</strong>r pluralistischen<br />
Gesellschaft“ ist eine äußerst konzis und nüchtern<br />
verfasste Studie, die über gut 300 Seiten eine<br />
grundsätzliche Klärung gängiger Grundbegriffe<br />
und <strong>de</strong>r mit ihnen verbun<strong>de</strong>nen gesellschaftlichen<br />
Fragestellung unternimmt. Dabei schöpft <strong>de</strong>r<br />
Verfasser souverän aus <strong>de</strong>n unterschiedlichsten<br />
Konzepten <strong>de</strong>r Philosophiegeschichte, ohne aber<br />
die Bedingungen und Grenzen schulischen Lernens<br />
aus <strong>de</strong>m Auge zu verlieren. Wer sich die<br />
Zeit nimmt, diese anspruchsvolle Studie einer<br />
gründlichen Lektüre zu unterziehen, wird wichtige<br />
Klärungen, hilfreiche Reflexionen und eine<br />
wohltuen<strong>de</strong> Ordnung <strong>de</strong>s Diskurses fin<strong>de</strong>n.<br />
Clauß Peter Sajak<br />
Nicht, Manfred / Wildfeuer,<br />
Armin (Hg.)<br />
Person –<br />
Menschenwür<strong>de</strong> –<br />
Menschenrechte<br />
im Disput<br />
(Arbeitsbücher für Schule und Bildungsarbeit; Bd. 5).<br />
– Münster u.a.: LIT Verlag. 2002. 424 S., € 24.90<br />
(ISBN 3-8258-6104-X)<br />
Das vorliegen<strong>de</strong> Werk enthält die Referate zum<br />
„Tag katholischer Schulen“ vom 1. Okt. 2001 <strong>de</strong>s<br />
Bistums Essen und ist <strong>de</strong>m Bischof von Essen<br />
Hubert Luthe zum 75. Geburtstag gewidmet. Den<br />
Referaten vorangestellt ist ein Brief <strong>de</strong>s Bischofs<br />
zum Thema „Für eine Kultur <strong>de</strong>s Lebens“ aus <strong>de</strong>m<br />
Jahre 1998. Die Ausführungen <strong>de</strong>s an <strong>de</strong>r Kath.<br />
Fachhochschule in Pa<strong>de</strong>rborn lehren<strong>de</strong>n Philosophen<br />
Armin Wildfeuer eröffnen die Thematik <strong>de</strong>s<br />
Symposions <strong>als</strong> Hauptreferat. Ihm schließen sich<br />
noch 22 weitere Referate an. Die Beiträge <strong>de</strong>r in<br />
verschie<strong>de</strong>nen Disziplinen ausgewiesenen Referenten<br />
unterglie<strong>de</strong>rn sich in die Rubriken: I. Philosophische<br />
und theologische Grundlagen, II.<br />
Recht – Gesellschaft – Kultur und III. Konkretionen.<br />
Wildfeuer führt mit seinem Grundsatzreferat<br />
Menschenwür<strong>de</strong> – Leerformel o<strong>de</strong>r unverzichtbarer<br />
Gedanke? in die gegenwärtige philosophische<br />
Diskussion ein und zeigt Problematik und Konsequenzen<br />
<strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Argumentationsrichtungen<br />
auf. Der weitgehen<strong>de</strong> säkulare common<br />
sense einer „Ethik ohne Metaphysik“ (G. Patzig)<br />
gibt vor, eine rationale Ethik, ohne weltanschauliche<br />
Vorraussetzungen, zu sein. <strong>Diese</strong>r Konsens<br />
setzt voraus, dass diese Ethik für alle akzeptabel<br />
sei, die ethisch <strong>de</strong>nken und han<strong>de</strong>ln. Wildfeuer<br />
lässt sich auf diese Voraussetzung ein und vertritt<br />
die Auffassung, dass sich <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>r Menschenwür<strong>de</strong>,<br />
entgegen <strong>de</strong>r Auffassung <strong>de</strong>r Kritiker,<br />
die darin eine Leerformel sehen, rational begrün<strong>de</strong>n<br />
lasse. Darüber hinaus ist s. E. sogar eine<br />
rational nachvollziehbare Verankerung im politisch-rechtlichen<br />
System unserer Gesellschaft möglich.<br />
Metaphysik und religiöser Glaube haben<br />
zwar heuristisch dazu beigetragen, Begriffe wie<br />
Menschenwür<strong>de</strong> und Person zu bil<strong>de</strong>n. In einer<br />
weltanschaulich neutralen Gesellschaft dürfen jedoch<br />
Metaphysik und religiöser Glaube keinen<br />
Begründungsrang mehr haben. Aber auch die rationale<br />
Begründung etwa, dass Menschsein, Menschenwür<strong>de</strong><br />
und Personsein <strong>de</strong>ckungsgleich seien,<br />
wird Gegner wie Reinhard Merkel, Peter Singer,<br />
Helga Kuhse und an<strong>de</strong>re schließlich <strong>de</strong>nnoch<br />
nicht überzeugen. Der ebenfalls in Pa<strong>de</strong>rborn lehren<strong>de</strong><br />
Moraltheologe Werner Wertgen konkretisiert<br />
Argumentation und Kritik in seinem Beitrag<br />
(Warum) sollen menschliche Embryonen geschützt<br />
wer<strong>de</strong>n? Embryonenschutz <strong>als</strong> ethisches<br />
Problem. Eine Skizze. Er legt die Plausibilitätslücke<br />
zwischen <strong>de</strong>n Argumenten für einen umfassen<strong>de</strong>n<br />
Schutz menschlichen Lebens und <strong>de</strong>n Argumenten<br />
<strong>de</strong>r schärfsten Kritiker <strong>de</strong>sselben offen.<br />
Hier wird ganz offensichtlich, dass die weltanschauliche<br />
Position von Befürwortern und Kritikern<br />
<strong>de</strong>r Grund dieser Lücke ist. Sowohl Pro <strong>als</strong><br />
INFO 34 · 2/2005