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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 115 / 31. 01. 2013 Kultur 74 umsetzen, ist für unbedarfte Besucher ebenso wie für erwachsene Schauspieler, Regisseure und Theaterdirektoren ein einzigartiges Erlebnis. Das Kinderensemble „gutgebrüllt“ ist seit der Gründung des „Theaters zum Himmel“ ständiger Partner der Institution. Im vergangen Jahr wurde während der zweiten Junihälfte „Jedermann“ vom Publikum mit Begeisterung aufgenommen. Was macht nun den Familiensitz der Schauspielerdynastie Hörbiger zum reizvollen Veranstaltungsort außergewöhnlicher Darstellungskunst? „Meine Mutter hat mir das Anwesen vererbt und ich habe mir überlegt wie man das Haus und den parkähnlichen Garten im künstlerischen Sinne nutzen kann. Ich habe den Kultursalon Hörbiger gegründet, den wir gemeinsam mit der Stadt Wien umsetzen“, erläutert Kammerschauspielerin Maresa Hörbiger die Entwicklung des Vereines „Theater zum Himmel“ im Hörbiger-Haus, dem sie als Obfrau vorsteht. Der Kultursalon versteht sich als Ort der Begegnung an dem Künstler verschiedener Genres, wie Gesang, Schauspiel, Pantomime bis hin zu Architektur und Malerei aus osteuropäischen Hauptstädten in den Wettbewerb mit ihren Kollegen aus Wien treten. „Wir laden ein Forum ein, das die beste Künstlerin oder den besten Künstler auswählt und den ,Hörbiger Preis‘ in der Höhe von 1000 Euro vergibt“, beschreibt Maresa Hörbiger den Ablauf der Veranstaltungsreihe. Aus Anlaß des 100. Geburtstages von Paula Wessely 2007 wurde in den Räumen der Hörbiger Villa eine private Ausstellung über die österreichische Schauspielerin abgehalten. Daran wurde von Maresa Hörbiger und Karl Heinz Hackl ein Kabarettprogramm angeschlossen, mit dem das alljährlich stattfindende Sommertheater im Stil szenisch vorbereiteter Lesungen begann, die im Hof der Hörbiger-Villa stattfinden. Bei Schlechtwetter werden die Stücke im „Salon Hörbiger“ – der ehemaligen Wohnung Paula Wesselys – aufgeführt, die sich mit der Zeit zum kleinen Theater innerhalb der Villa entwickelte. In der Vorweihnachtszeit bildet das Adventtheater einen weiteren Höhepunkt im Veranstaltungskalender des beliebten Treffpunktes von Freunden österreichischer Theaterkultur. Das Kriterium für die Auswahl der Stücke ist heitere Unterhaltung auf hohem Niveau. Ein wichtiges Anliegen von Kammerschauspielerin Maresa Hörbiger ist es, vor allem junge Menschen für die Kunst der Darstellung im „Theater zum Himmel“ zu gewinnen. http://www.theaterzumhimmel.at Kammerschauspielerin Maresa Hörbiger, Gründerin des »Theaters zum Himmel« im Foyer der Villa neben einer Puppe in einem Original-Bühnenkostüm ihrer Mutter, Kammerschauspielerin Paula Wessely. Vorstellung des Sommertheaters im Innenhof der Hörbigervilla. • Vorbereitungen für eine Aufführung des Sommertheaters »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 115 / 31. 01. 2013 »ÖJ-Buchtips« 75 Robert Kriechbaumer und Franz Schausberger (Hg.) Die umstrittene Wende Österreich 2000–2006 Wohl kein anderes – vorerst – innenpolitisches Ereignis hat in den vergangenen Jahrzehnten Österreich dermaßen ins internationale Rampenlicht gerückt, wie die Koalitionsvereinbarung, die im Frühjahr 2000 von Wolfgang Schüssel (ÖVP) und Jörg Haider (FPÖ) geschlossen wurde. Das Ergebnis der Nationalratswahl im Oktober 1999 hatte die SPÖ zum Wahlsieger gemacht, sie konnte aber trotz langwieriger Sondierungsgespräche dem damals amtierenden Bundespräsidenten Thomas Klestil keine tragfähige Regierung vorschlagen. Die drittgereihte ÖVP jedoch vereinbarte mit der auf Platz 2 gereihten FPÖ eine Koalitionsregierung unter dem ÖVP-Bundesparteiobmann Wolfgang Schüssel. Das sorgte nicht nur für grimmige Kälte bei der Angelobung in der Hofburg – das Coverfoto des vorliegenden Buches macht dies besonders deutlich –, sondern neben regelmäßigen Demonstrationszügen gegen Schwarz/Blau auch dafür, daß Österreich nicht nur EU-weit geächtet war, war doch eine „extrem rechte Partei“ von Schüssel „hoffähig“ gemacht worden. Das führte neben bilateralen Verwerfungen und Boykottaufrufen sonder Zahl schließlich sogar dazu, daß eine EU-Troika ins Land gesandt wurde, um zu überprüfen, ob Österreich denn noch als ernstzunehmendes Mitglied der europäischen Wertegemeinschaft anzusehen sei. Auch wenn die ÖsterreicherInnen ob der teils heftigen Attacken aus dem Ausland nach außen stärker zusammenrückten, so entstand doch im Inland eine Kluft zwischen „rechts“ und „links“, deren Spuren bis heute spürbar blieben – für die einen als positive, für die anderen als abschreckende. Die beiden Herausgeber ziehen mit eigenen und mit Beiträgen von Dieter A. Binder, Peter Bußjäger, Herbert Dachs, Christian Dirninger, Heinz Fassmann, Michael Gehler, Ernst Hanisch, Gunther Hauser, Ewald Hiebl, Marcelo Jenny, Paul Luif, Wolfgang C. Müller, Michael Neider, Peter Stachel, Günther Steiner, Engelbert Theurl und Heinz-Peter Wassermann eine kritische zeithistorische Bilanz über die auch mit einigem Abstand noch immer recht umstrittenenen sechs Jahre der Kabinette Wolfgang Schüssel I und II. • © Böhlau Verlag GmbH & Co.KG Robert Kriechbaumer Franz Schausberger (Hg.) Die umstrittene Wende Österreich 2000-2006 848 Seiten, € 29,50 gebunden, Schutzumschlag 2012, Boehlau Verlag Wien ISBN 3-205-78745-5 Hans Bürger Der vergessene Mensch in der Wirtschaft Neue Modelle zwischen Gier und Fairness Wo bleibt der Mensch in der Wirtschaft? Dieser Frage hat sich Hans Bürger gestellt und in seinem Buch nachgezeichnet. Der Mensch ist kein Statistikwesen, der Mensch handelt nicht rational – und schon gar nicht nach Managementregeln. Und der Mensch soll nicht reduziert werden auf eine Kostenund Nutzenrechnung in ungeahntem Ausmaß und nicht zerrieben werden in einer unkontrollierbaren Finanzwelt. Ein Mensch funktioniert anders, und Ökonomen und Wirtschaftsmenschen hinter kalkulierten Rechentabellen scheinen dies lange außer acht gelassen zu haben. Hans Bürger zieht in seinem Buch die neuesten Wissensdaten heran, wie solche aus der Neuro- und Verhaltensökonomie. In seinem Vorwort schreibt er: „... seit dem 19. Jahrhundert wird mit dem Bild eines Menschen gearbeitet, den es in dieser Form nie gegeben hat.“ Bürger geht diesen 200 Jahren nach und stößt in unserer Zeit auf wissenschaftliche Ergebnisse, die er seinen LeserInnen verständlich präsentiert. Der Homo oeconomicus wird unter die Lupe genommen und, Bürger stellt die Frage: gibt es ihn überhaupt? Die Glücksforscher – im speziellen die ökonomischen Glücksforscher – stellten fest, daß das Glück zwei Seiten einer Medaille ist. Es gibt den glücklichen Zustand, sich Dinge zu kaufen, ob man sie braucht oder nicht. Die Kehrseite ist, daß man Geld dafür braucht. Und hier geraten Menschen oft in eine Zwangslage und sogar in eine Streßsituation. Vielleicht schlagen wir bei diesem komplexen Thema bei Sokrates nach, der auf die Frage, wie man leben soll bzw. was ein gutes oder letztlich glückliches Leben ausmacht, geantwortet hat: tugendhaft. Hans Bürger transportiert in dem vorliegendem Buch Inhalte, die teils hochwissenschaftlichen Hintergrund haben, in verständlicher Form und stellt – unterstützt von überschaubaren Tabellen und Statistiken – die Zusammenhänge für Laien dar. Er wirft viele Fragen auf, auf die es nicht immer (schlüssige) Antworten gibt. Auch sind manche davon für LeserInnen, die sich mit diesem Themenkreis schon vorher auseinandergesetzt haben, nicht immer nachvollziehbar. Für „Einsteiger“ gibt es jedoch einen breiten Überblick und regt zum „Nachlesen“ an. • © Wilhelm Braumüller Universitäts- Verlagsbuchhandlung Ges.m.b.H. Hans Bürger Der vergessene Mensch in der Wirtschaft Neue Modelle zwischen Gier und Fairness 279 Seiten, € 21,90 gebunden, Schutzumschlag 2012, Braumüller Verlag Wien ISBN 3-9910007-4-1 »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at
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