STRASSENBAHN MAGAZIN Steil hinauf (Vorschau)
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Betriebe<br />
<strong>Steil</strong>e im Adhäsionsbetrieb befahrene Straßenbahnstrecken im<br />
Kontinent Land Stadt Steigung in %<br />
Afrika Algerien Constantine 8,0<br />
Amerika Brasilien Campos do Jordão – Pindamonhangaba 10,5<br />
USA Pittsburgh (derzeit nur Betriebsstrecke) 9,15<br />
Europa Deutschland Augsburg 10,637*<br />
Deutschland Mainz 9,55<br />
Deutschland Stuttgart (Stadtbahn) 8,5<br />
Deutschland Ulm 7,7<br />
Deutschland Würzburg 9,1<br />
Frankreich Brest 8,6<br />
Großbritannien Sheffield 10,0<br />
Österreich Gmunden 10,0<br />
Österreich Linz 11,2<br />
Portugal Lisboa (Lissabon) 14,9<br />
Russland Smolensk 11,0 bis 12,0 **<br />
Schweiz Zürich 7,7<br />
Spanien Barcelona 8,0<br />
Spanien Santa Cruz de Tenerife 8,5<br />
Tschechien Liberec 9,7<br />
* Die Strecke am Perlachberg in Augsburg wird nur talwärts befahren, es handelt sich also um eine<br />
Gefällestrecke. Alle anderen erwähnten Strecken werden sowohl berg- als auch talwärts befahren<br />
** Die Angaben schwanken in der Literatur<br />
spurige Straßenbahn in Le Havre. Auf der<br />
1912 eröffneten und 2,45 Kilometer langen<br />
Linie 1/8 vom Staatsbahnhof durch die Rue<br />
Clovis über Cimetière Sainte-Marie bis zum<br />
Stadtpark Hallates erreichte der steilste Abschnitt<br />
eine Steigung von 11,6 Prozent. Diese<br />
Strecke wurde im April 1942 letztmalig<br />
vollständig befahren, im selben Monat<br />
richtete die Deutsche Wehrmacht in<br />
einem Straßenbahntunnel ein Munitionsdepot<br />
ein. Nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg ersetzten in der zu 72 Prozent<br />
zerstörten Stadt neue Obusse die<br />
Straßenbahn.<br />
In Lyon gab es bis 1957 ein großes Straßenbahnnetz<br />
sowie einige lange Überlandstrecken<br />
jeweils mit 1.000 und mit 1.435<br />
Millimeter Spurweite. Im Stadtnetz erreichte<br />
die äußerst bogenreiche Linie 6 vom Plateau<br />
de la Croix Rousse zur Place Du Pont mit elf<br />
Prozent das stärkste Gefälle. Diese insgesamt<br />
5,5 Kilometer lange eingleisige Strecke diente<br />
– wie in Augsburg – allerdings nur Talfahrten,<br />
bergwärts war ein Gleis durch eine<br />
andere Straße verlegt, dieses wies eine maximale<br />
Steigung von neun Prozent auf.<br />
Den nächsten Platz belegte einst Marseille,<br />
wo die 1.430-millimetrige Straßenbahn<br />
bis 1944 unter anderem eine 10,1-<br />
Prozent-Rampe erklomm. Berücksichtigt<br />
man auch elektrische Kleinbahnen mit straßenbahnähnlichem<br />
Betrieb, dann gehört als<br />
nächstes die zwischen 1899 und 1933 betriebene<br />
Ausflugsstrecke von Türkheim<br />
zum Wallfahrtsort Drei Ähren (Trois Épis)<br />
im Elsass angeführt. Ihre größte Steigung<br />
betrug 9,8 Prozent.<br />
Die meterspurige Straßenbahn von Nizza<br />
war auch für die Linie von Monte Carlo<br />
nach Monaco zuständig, die eine maximale<br />
Neigung von 9,3 Prozent überwand. Die<br />
In Linz ist es am 16. März 2008 an der Ausweiche<br />
Schableder der Pöstlingbergbahn ablesbar:<br />
Die Haltestelle hat eine Steigung von<br />
3,9 Prozent, die Strecke steigt anschließend<br />
mit 10,5 Prozent an<br />
BERNHARD KUSSMAGK<br />
1932 stillgelegte Straßenbahn in Lourdes<br />
hatte eine Steigung von bis zu 9,2 Prozent<br />
zu bewältigen, während die Straßenbahn in<br />
Rouen einige steile Linien betrieb, die maximal<br />
9,0 Prozent Steigung erreichten.<br />
Der heutige Rekordhalter Frankreichs befindet<br />
sich an der Atlantikküste. Die im Jahr<br />
2012 eröffnete Tram in Brest befährt mehrere<br />
steile Rampen, die größte Steigung befindet<br />
sich in der Rue Saint Exupéry. Dort<br />
erklimmen die Wagen vom Typ Citadis 302<br />
immerhin 8,6 Prozent.<br />
Tschechische Republik<br />
In der tschechischen Hauptstadt Prag geht<br />
es vom Zentrum an der Moldau aus an vielen<br />
Stellen die Berghänge <strong>hinauf</strong>. Dabei bewältigen<br />
die Prager Wagen auf einigen Linien<br />
starke Steigungen, 8,2 Prozent sind es<br />
zum Beispiel längs der Straße Trojská. Im<br />
nordböhmischen Reichenberg (Liberec) hat<br />
die „tramvaj“ sogar 9,7 Prozent zu erklimmen.<br />
Dieses steilste Stück der Straßenbahn<br />
befindet sich zwischen Botanická (Zoo) und<br />
Lidové Sady (Volksgarten). An der Haltestelle<br />
Riegrova muss der talwärts fahrende<br />
Zug anhalten (Zwangshaltestelle). Die Steigung<br />
in Richtung Horní Hanychov (Oberhanichen)<br />
verläuft mit etwa 8,4 Prozent relativ<br />
konstant, talwärts fahrende Bahnen<br />
müssen aber an der Maladoubská einen<br />
Zwangshalt einlegen.<br />
Die einst steilste Straßenbahn in Böhmen<br />
und Mähren gab es in Gablonz (Jablonec<br />
nad Nisou). Deren steilstes Streckenstück<br />
befand sich mit 10,85 Prozent Neigung<br />
westlich vom Rathaus der Stadt am Markt.<br />
Dieser Abschnitt war von 1904 bis 1965 in<br />
Betrieb. Die Aussiger Straßenbahn besaß<br />
an der Strecke nach Buckau (Bukov)<br />
und Tellnitz (Telnice) eine maximale<br />
Neigung von 6,35 Prozent, bei Arbesau<br />
(Varvažov) aber eine maximale Neigung<br />
von 9,35 Prozent im Trassenverlauf.<br />
Portugal<br />
Die Straßenbahnen in Coimbra, Porto sowie<br />
in der Hauptstadt Lissabon verfügten<br />
einst über mehrere überdurchschnittlich<br />
steile Streckenabschnitte. Während Coimbra<br />
seinen Straßenbahnbetrieb 1980 aufgab<br />
und Porto ihn in einem jahrzehntelangen<br />
Schrumpfungsprozess in einen musealen Betrieb<br />
überführte, überlebten immerhin fünf<br />
Linien des einst großen Netzes in Lissabon.<br />
Einige der steilen Strecken sind teilweise<br />
Nachfolger ehemaliger Kabelstraßenbahnlinien.<br />
Mehrere der von den Linien 12, 18<br />
und 25 befahrenen Streckenabschnitte haben<br />
weit über zehn Prozent Steigung. Auf<br />
der bekannten Linie 28 gibt es diverse sehr<br />
steile Abschnitte, wobei der in der Calçada<br />
Nova de São Francisco als die steilste Straßenbahnstrecke<br />
der Welt gilt. Auf dem etwa<br />
130 Meter langen und gekrümmten Ab-<br />
24 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014