11.10.2014 Aufrufe

STRASSENBAHN MAGAZIN Steil hinauf (Vorschau)

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Sarajevo<br />

Einzigartige<br />

Betriebs geschichte<br />

Die Straßenbahn in Sarajevo (Teil 1) Ihre Anfänge lagen in einer 1885 eröffneten Pferdebahn –<br />

als vierte Stadt in der k. k. Monarchie erhielt Sarajevo zehn Jahre danach eine elektrische Straßenbahn,<br />

ebenfalls mit 760 Millimeter Spurweite. Aber wieso kamen später PCC-Wagen dorthin?<br />

Sarajevo, die Hauptstadt Bosniens und<br />

Herzegowina mit fast 370.000 Einwohnern,<br />

die im Jahr 1461 an Stelle<br />

einer uralten Siedlung von den Türken<br />

gegründet wurde, gehört zu den interessantesten<br />

Städten Europas. Ihre turbulente<br />

und bewegte Geschichte, eine atemberaubende<br />

Gebirgslandschaft, in der diese Stadt<br />

liegt, sowie die kulturelle und architektonische<br />

Vielfältigkeit finden kaum Vergleich.<br />

Am 5. Oktober 1882 erreichte der erste<br />

Dampfzug die Stadt Sarajevo, wobei die<br />

meisten Eisenbahnlinien in Bosnien in der<br />

„bosnischen Spurweite“ von 760 Millimetern<br />

entstanden. Die Ursache dafür war wirtschaftlicher<br />

sowie geographischer Natur,<br />

denn für dieses relativ dünn besiedelte Land<br />

mit vielen Gebirgszügen und tiefen Tälern<br />

stellten schmalspurige Eisenbahnstrecken die<br />

kostengünstigste Lösung dar. Der Bahnhof<br />

Sarajevo der k. k. Bosnabahn befand sich im<br />

heutigen Stadtteil Dolac Malta, nördlich der<br />

Straßenbahnhaltestelle „Socijalno“.<br />

Der Bau der Pferdestraßenbahn<br />

Zwei Jahre später beschloss die Stadtverwaltung,<br />

eine „Pferdebahn“ zu errichten,<br />

die sowohl dem Güterverkehr als auch dem<br />

Personenverkehr zwischen dem Bahnhof<br />

und der Innenstadt dienen sollte. Die gesamte<br />

Gleislänge inklusive zahlreicher Rangiergleisen,<br />

Gütergleisen und Ausweichen<br />

erreichte 3,435 Kilometer, die Spurweite betrug<br />

760 Millimeter. Die ab Oktober 1884<br />

gebaute Strecke verlief vom Bahnhof der k.<br />

k. Bosnabahn, wo ein einfacher Umstieg<br />

von den Dampfzügen möglich war, zum<br />

Marienhof (heute Marijin) und weiter am<br />

Militärkrankenhaus vorbei durch die Ćemaluša-Straße<br />

(heute Maršala Tita-Straße)<br />

bis in die Ferhadija-Straße und zum Stadtbahnhof<br />

am heutigen Platz „Trg Oslobodenja<br />

– Alija Izetbegović“. Für den Verkehr<br />

beschaffte die Stadtverwaltung von der<br />

Waggonfabrik Weitzer in Graz vier zweiachsige<br />

Personenwagen mit je 14 Sitzplätzen<br />

und zwei Wagenklassen. Die auch für<br />

den Betrieb der Pferdestraßenbahn zuständige<br />

Direktion der k. k. Bosnabahn ließ die<br />

Strecke so errichten, dass sie auch für den<br />

Einsatz mit schweren Dampflokomotiven<br />

bis ins Stadtzentrum geeignet war.<br />

Die feierliche Eröffnung der Pferdestraßenbahn<br />

fand am 1. Januar 1885 statt. Bereits<br />

kurze Zeit später nutzten sie täglich<br />

ungefähr 300 Fahrgäste. Die Wagen waren<br />

von 5 bis etwa 23 Uhr anfangs im Stundentakt,<br />

ab 1892 noch häufiger unterwegs.<br />

Aufgrund der grünen Lackierung der Zweiachser<br />

erhielt die Bahn bald den Spitznamen<br />

„grüner Drache“. Den ebenso mit Pferden<br />

geführten Güterverkehr nahm die Bosnabahn<br />

am 1. Februar 1885 auf. Anlässlich<br />

der Betriebseröffnung entstand sogar eine<br />

Musikkomposition – die schnelle Polka<br />

„Sarajevski tramvaj“ (Sarajevoer Straßenbahn)<br />

erfreute sich angeblich einer großen<br />

Beliebtheit.<br />

Die elektrische Straßenbahn<br />

In der ersten Hälfte der 1890er-Jahre beschlossen<br />

die k. und k. Behörden die Elektrifizierung<br />

der Straßenbahn in Sarajevo.<br />

Als vierte Stadt in der Donaumonarchie<br />

nahm sie am 1. Mai 1895 den elektrischen<br />

Betrieb auf, betrieben unverändert von den<br />

k. k. Bosnabahnen. Die Betriebsspannung<br />

betrug 300 V Gleichstrom und die Oberleitung<br />

speiste ein zuvor fertiggestelltes Kohlenkraftwerk<br />

in der Hiseta-Straße, das außerdem<br />

auch den Strom für die öffentliche<br />

Beleuchtung und später auch für Haushalte<br />

und Privatfirmen lieferte. Die fünf von<br />

der Firma Weitzer in Graz gebauten und mit<br />

elektrischen Ausrüstungen von Siemens &<br />

Halske versehenen Triebwagen befuhren<br />

zunächst eine neu errichtete Strecke vom<br />

Vor dem Bahnhof der k. k. Bosnabahn wartet die Pferdebahn. Wie die elektrische Straßenbahn<br />

war sie von der Bosnabahndirektion betrieben worden<br />

SLG. ALFRED MOSER<br />

<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 11 | 2014<br />

39

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!