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Region Itige - ETH Zurich - Natural and Social Science Interface ...

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<strong>Region</strong> und L<strong>and</strong>schaft<br />

_<br />

begriffliche Erschliessen eines Gegenst<strong>and</strong>s und ist damit<br />

ebenfalls wie das Erklären, nur in komplexerer Form, dem<br />

analytischen Denken zugeordnet.<br />

Das Begreifen steht in einer gewissen Komplementarität<br />

zu dem dritten Begriff, dem Verstehen. Dem Verstehen<br />

unterliegt, aus der Perspektive der Denkpsychologie, ein<br />

holistischer, paralleler, bildhafter Prozess wie wir ihn beim<br />

intuitiven Denken beschrieben haben. So «weiss» oder zumindest<br />

glaubt der begabte Diagnostiker - Mediziner wie<br />

Psychologe - im günstigsten Falle «sofort», beim ersten<br />

Anblick des «Falles» zu wissen, «was los ist» und bemüht<br />

sich erst nachher um die begrifflich-sprachliche Formulierung<br />

und Einordnung des unmittelbar Gehabten und Verst<strong>and</strong>enen.<br />

Begreifen und Verstehen sind als wechselseitige Akte der<br />

Erkenntnisgewinnung anzusehen. Einschränkend muss ich<br />

dazu anfügen, dass der wechselseitige Bezug der beiden<br />

Formen nicht sehr ausgebildet ist. Zumindest bei experimentellen<br />

Untersuchungen konnten Evidenzien gesammelt<br />

werden, dass Individuen nicht sehr gut in der Lage sind,<br />

beide Formen ergänzend auf eine Problemlösung anzuwenden.<br />

Dies mag auch in folgendem, Hegel zugeschriebenen<br />

Witzwort zum Ausdruck kommen, der gesagt haben soll<br />

«Von allen meinen Schülern hat mich nur ein einziger verst<strong>and</strong>en,<br />

und der hat mich nicht begriffen».<br />

Man muss verst<strong>and</strong>en haben, um endgültig begreifen zu<br />

können. So muss man etwa das Sinngefüge einer Sprache<br />

oder der Mathematik in toto verst<strong>and</strong>en haben, wenn man<br />

imst<strong>and</strong>e sein soll, einen bestimmten mathematischen Satz<br />

zu erfassen, d.h. zu begreifen. Jedoch gibt es kein exaktes<br />

oder kein formales Verstehen sondern nur exaktes Begreifen.<br />

3.5 und Analysis in der<br />

L<strong>and</strong>schaftsforschung<br />

3.4 Verstehen, Rt:ll,arK:.~itt::.n<br />

Eine weitere hilfreiche Unterscheidung, um Strategien für<br />

<strong>Region</strong>al- und L<strong>and</strong>schaftsforschung und <strong>and</strong>ere ökologische<br />

Problemlöseprozesse zu klassifizieren, ist die Unterscheidung<br />

zwischen Verstehen, Begreifen und Erklären.<br />

Erklärungen sind kausale Reduktionen, die Aussagen mittels<br />

logischer Deduktionen aufanerkannte Voraussetzungen<br />

zurückführen. Wir können zum Beispiel erklären, was sich<br />

in einer L<strong>and</strong>schaft in einem bestimmten Zeitrahmen verändert<br />

hat. Zumindest nach Meinung einiger Philosophen (wie<br />

etwa Dilthey) trägt jedoch Erklärung nichts zum Verständnis<br />

eines Wesens bei.<br />

Unter Begreifen wird das «rein logische Erfassen einer<br />

sprachlichen Aussage» gefasst. Begreifen geht über Erklären<br />

hinaus, da beispielsweise mathematische Sinngehalte<br />

nicht kausalanalytisch im Sinne der reinen Naturwissenschaften<br />

erklärt werden können. Kognitionspsychologisch<br />

formuliert bezieht sich das Begreifen auf das sequentielle,<br />

L<strong>and</strong>schaften sind reale, komplexe, historisch geformte Gebilde.<br />

Eine wissenschaftliche L<strong>and</strong>schaftsanalyse bedarf, so<br />

wird behauptet, eines laufenden Wechselspiels der verschiedenen<br />

Ebenen von Erkenntnis.<br />

Dem gesamthaften Erkennen der geologischen, sozioökonomischen,<br />

ökologischen und kulturellen Aspekte aus<br />

einem übergeordneten integralen Verständnis heraus ist bei<br />

der L<strong>and</strong>schaftsforschung (zumindest als Ausgangspunkt<br />

wissenschaftlicher Arbeit) grösste Beachtung zu schenken.<br />

Nur von einem Verständnis der «ganzen» L<strong>and</strong>schaft ausgehend<br />

wird sichtbar, was deren Glieder sind und welche<br />

einzelnen Best<strong>and</strong>teile dafür eine wesentliche Bedeutung<br />

haben (1. Schmithüsen, 1976, S.37). Es sei angemerkt, dass<br />

sich für ein ganzheitliches Erschliessen Strategien und Methoden<br />

entwickeln lassen. Als Beispiel dafür sei die Methode<br />

des experiential case encounter benannt. Bei dieser Methode<br />

können Individuen L<strong>and</strong>schaft dadurch erfahren, indem<br />

sie sich in enaktiver Weise (d.h. in direkter Weise, mit<br />

den Händen oder mit körperlichen Empfindungen) mit der<br />

L<strong>and</strong>schaft ausein<strong>and</strong>ersetzen. Es sei jedoch angemerkt,<br />

dass eine Validierung der auf diesem Wege erworbenen<br />

Erfahrung auf eine (folgende) L<strong>and</strong>schaftsanalyse noch<br />

nicht empirisch vorgenommen wurde.<br />

32 UNS-Fallstudie '98

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