Korrespondenz Abwasser · Abfall - COOPERATIVE Infrastruktur und ...
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848 Fachbeiträge<br />
50 % möglich ist, wird hier eine besondere Begünstigung<br />
geschaffen, obwohl die Einleitung <strong>und</strong> die damit einhergehende<br />
Belastung des Gewässers auch bei Einhaltung der vorausgesetzten<br />
Anforderungen weniger quantifizierbar ist als<br />
bei kontinuierlichen Schmutzwasser-Einleitungen [11]. Im<br />
Schrifttum wird daher „eine Vielzahl länderspezifischer<br />
Ausnahmeregelungen“ beklagt [12], die bis zu einer völligen<br />
Abgabebefreiung reichen.<br />
Zwar ist eine Pauschalierung der Veranlagung auf absehbare<br />
Zeit aus Transaktionskostengründen unabwendbar; aufgr<strong>und</strong><br />
der tendenziell zunehmenden Relevanz der Niederschlagsentwässerung<br />
für den Gewässerschutz (Klimawandel, Versiegelung,<br />
steigende ordnungsrechtliche Anforderungen) ist aber eine<br />
Prüfung der Verursachergerechtigkeit der Lenkungswirkung<br />
angezeigt, soweit dies ohne unvertretbaren Bürokratieaufwand<br />
leistbar erscheint. Dies betrifft die Heranziehung der (notfalls<br />
geschätzten) abflusswirksamen Fläche bei öffentlicher Entwässerung<br />
<strong>und</strong> die Berücksichtigung des technischen Ableitungssystems<br />
(Trenn- oder Mischsystem). Eine gezielte Referenz auf<br />
ordnungsrechtliche Anforderungen erscheint weniger sinnvoll,<br />
um der Niederschlagswasserabgabe eigenständige Lenkungspotenziale<br />
zu erhalten [13]. Die gegenwärtigen Befugnisse der<br />
Länder zur Suspendierung der Niederschlagswasserabgabe erscheinen<br />
vor dem Hintergr<strong>und</strong> des Auftrages aus Art. 9 WRRL<br />
als zu weitgehend.<br />
3 Kleineinleiterabgabe nach § 8 AbwAG<br />
Auch die Festsetzung der <strong>Abwasser</strong>abgabe für sogenannte<br />
Kleineinleitungen (hierzu auch [14, 15, 3, 4] im Sinne der §§<br />
8 Abs. 1 Satz 1, 9 Abs. 2 Satz 1 AbwAG, das heißt für solche<br />
<strong>Abwasser</strong>einleitungen, bei denen weniger als acht Kubikmeter<br />
je Tag Schmutzwasser aus Haushaltungen <strong>und</strong> ähnliches<br />
Schmutzwasser eingeleitet werden, erfolgt pauschal (§ 8 Abs.<br />
1 Satz 1 AbwAG). Dabei wird zunächst nicht der Einleiter<br />
selbst, sondern die entsorgungspflichtigen Körperschaft des öffentlichen<br />
Rechts abgabepflichtig (§ 9 Abs. 2 Satz 2 AbwAG).<br />
Als Bemessungsgr<strong>und</strong>lage dient die Hälfte der nicht an die öffentliche<br />
Kanalisation angeschlossenen Einwohner als Anzahl<br />
der Schadeinheiten (§ 8 Abs. 1 Satz 1 AbwAG). Dem liegt die<br />
Annahme zugr<strong>und</strong>e, dass die dezentralen <strong>Abwasser</strong>behandlungsanlagen<br />
die Hälfte der zugeführten Schmutzfracht eliminieren<br />
[16].<br />
Obgleich der Anschlussgrad an die öffentliche Kanalisation<br />
b<strong>und</strong>esweit 2004 bei 96 % lag (bei allerdings starker länderspezifischer<br />
Streuung von 83 bis 100 %) [17], wird in den r<strong>und</strong><br />
1,5 Millionen Kleinkläranlagen (<strong>und</strong> abflusslosen Gruben [18])<br />
vor allem im ländlichen Raum <strong>und</strong> Siedlungsrandlagen [19]<br />
ein Risiko für das Gr<strong>und</strong>wasser gesehen, soweit der Reinigungsgrad<br />
von dezentralen Kleinkläranlagen gering <strong>und</strong> deren<br />
Dichte pro Flächeneinheit groß ist [20].<br />
Kritisch bezüglich der gewässerschonenden Lenkungswirkung<br />
dieser Konstruktion werden insbesondere die Veranlagung<br />
der Kommunen anstelle der Einleiter, die fehlende Berücksichtigung<br />
der Reinigungsleistung der Anlagen, der zu geringe<br />
Abgabesatz, gesetzessystematische Unzulänglichkeiten<br />
sowie die umfassenden Befreiungsregelungen gesehen [21]:<br />
● Durch die ersatzweise <strong>und</strong> einwohnerpauschale Heranziehung<br />
der entsorgungspflichtigen Kommunen ist der Len-<br />
Recht<br />
kungsanreiz – analog zur Indirekteinleiterproblematik – für<br />
die Betreiber der Kleinkläranlagen fraglich: Den Kommunen<br />
ist freigestellt, wie sie die Weitergabe des Abgabenanteils an<br />
die betroffenen Einwohner gestaltet; eine Differenzierung<br />
nach Reinigungsgraden der unterschiedlichen Anlagen findet<br />
in der Regel nicht statt. Anreize, die Ablaufergebnisse<br />
zu verbessern <strong>und</strong> den Schmutzfrachtanfall zu reduzieren,<br />
werden durch eine Bemessung nach angeschlossenen Einwohnern<br />
<strong>und</strong> eine Heranziehung nur der Kommunen nicht<br />
gesetzt [22]. Für den Anlagenbetreiber entsteht insbesondere<br />
auch keine Anreizwirkung, die Anlagentechnik den<br />
ordnungsrechtlich geforderten Mindeststandards anzupassen<br />
[23]. In diesem Zusammenhang wird angemahnt,<br />
durch Schaffung einer unmittelbaren Lenkungswirkung<br />
beim Anlagenbetreiber (durch verursachergerechte Überwälzung)<br />
eine Reduzierung der emittierten Schmutzfrachten<br />
zu erzielen [24]. Zwar ist eine direkte Veranlagung einer<br />
siebenstelligen Anzahl von Klein- <strong>und</strong> Kleinstanlagen zu<br />
einer individuellen Abgabe (anstelle der r<strong>und</strong> 10 000 zentralen<br />
Kläranlagen) angesichts des damit verb<strong>und</strong>enen Verwaltungsaufwandes<br />
illusorisch; mit Blick auf den „Verwaltungsaufwand,<br />
der in Kommunen für die Erhebung einer<br />
gesplitteten <strong>Abwasser</strong>gebühr aufgr<strong>und</strong> des zu pflegenden<br />
Datenumfangs zu leisten ist,“ erscheint aber die „Forderung<br />
einer anlagenspezifischen Bemessung“ durchaus zumutbar<br />
[24].<br />
● Die Bemessung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 AbwAG (halbe Einwohnerzahl<br />
als Schadeinheitenanzahl) erscheint angesichts<br />
der typischen Reinigungsleistung der Anlagen zu gering<br />
[22]. Zudem ergebe sich ein Wertungswiderspruch, da nach<br />
§ 8 Abs. 1 Satz 1 bereits relativ hohe Reinigungswirkungen<br />
von Kleinkläranlagen zugr<strong>und</strong>e gelegt würden, die von dem<br />
in § 8 Abs. 2 Satz 2 AbwAG vorausgesetzten Anforderungsniveau<br />
zwecks Entfallens der Abgabepflicht (allgemein anerkannte<br />
Regeln der Technik, ordnungsgemäße Schlammentsorgung)<br />
nicht überboten werden könne [25].<br />
● Die umfassenden Befreiungsregeln nach § 8 Abs. 2 Satz 1<br />
AbwAG (Ermächtigung der Länder zur Freistellung von der<br />
Abgabepflicht) <strong>und</strong> § 8 Abs. 2 Satz 2 AbwAG (b<strong>und</strong>esrechtliche<br />
Freistellung bei Einhaltung der allgemein anerkannten<br />
Regeln der Technik <strong>und</strong> ordnungsgemäßer Schlammbeseitigung)<br />
erscheinen ebenfalls zu weitgehend [26]. So entlässt<br />
§ 73 Abs. 1 LWG NW Kleineinleitungen unter den an §<br />
8 Abs. 2 Satz 2 AbwAG angelehnten Voraussetzungen aus<br />
der Abgabepflicht. Nisipeanu [22] kritisiert, dass dies geschehe,<br />
„unabhängig davon, ob die Anlage genehmigt oder<br />
überhaupt genehmigungsfähig ist, <strong>und</strong> unabhängig davon,<br />
ob aus dieser Anlage legal oder illegal eingeleitet wird.“<br />
Trotz aller Kritik wird auch die gegenwärtige Ausgestaltung als<br />
wichtiger Beitrag zum Lastenausgleich (Ausgleichsfunktion der<br />
Abgabe) <strong>und</strong> zur Gleichbehandlung der Einleitungen gesehen<br />
[22].<br />
Im Lichte des Auftrags aus Art. 9 WRRL <strong>und</strong> zur stimmigen<br />
Stärkung des Lenkungsauftrags der <strong>Abwasser</strong>abgabe sollte eine<br />
Überprüfung stattfinden mit Blick auf eine differenzierte<br />
Veranlagung nach Reinigungsleistung der Kleinkläranlagen<br />
<strong>und</strong> die im Vergleich zu anderen Einleitungen angemessene<br />
Höhe der Abgabenlast; die Befreiungsregelungen sollten vereinheitlicht<br />
<strong>und</strong> auf ein lenkungspolitisch angemessenes Maß<br />
zurückgeführt werden.<br />
KA <strong>Korrespondenz</strong> <strong>Abwasser</strong>, <strong>Abfall</strong> <strong>·</strong> 2011 (58) <strong>·</strong> Nr. 9 www.dwa.de/KA