Leseprobe AUTOCAD & Inventor Magazin 2013/04
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Szene<br />
Prof. Dr. Rasso Steinmann, buildingSMART, über die Zukunft des IFC-Datenformats<br />
Wo BIM gelebt wird<br />
Architektur-Softwarelösungen renommierter Anbieter wie Autodesk, Nemetschek und<br />
Graphisoft haben die Zertifikation 2.0 des buildingSMART-Konsortiums für die Compliance<br />
mit dem IFC-Standard erhalten. Dem IFC-Format, das für den BIM-Datenaustausch prädestiniert<br />
ist, könnte dies Auftrieb verleihen. Prof. Dr. Rasso Steinmann in seiner Funktion als<br />
Chairman der ISG (Implementer Support Group) bei buildingSMART erklärt, was dies für die<br />
Anwender in der Baubranche bedeutet.<br />
<strong>AUTOCAD</strong> <strong>Magazin</strong>: Die buildingSMART-<br />
Zertifikation 2.0 wurde 2010 eingeführt,<br />
aber erst kürzlich wurden die ersten vier<br />
Lösungen nach diesem Verfahren zertifiziert.<br />
Warum hat das so lange gedauert?<br />
Prof. Dr. Rasso Steinmann: Wir mussten<br />
hier durch eine Lernkurve, denn eine Zertifizierung<br />
eines Standard-Datenformats<br />
in diesem Umfang wurde bis dato noch<br />
nicht unternommen. Es war in Summe<br />
wesentlich mehr Arbeit, als wir uns das<br />
zu Beginn vorgestellt hatten. Auch die<br />
Softwarehäuser mussten sich anfangs<br />
erst darauf vorbereiten. Das führte dazu,<br />
dass zunächst nur wenige Dateien exportiert<br />
wurden. Dann jedoch wurden die<br />
Softwarehäuser sehr aktiv und produzierten<br />
überraschend gleichzeitig eine<br />
Unmenge von Exportdateien, was zu Ressourcenengpässen<br />
im Zertifizierungsteam<br />
führte – erfahrene Zertifizierer mit fundiertem<br />
IFC-Know-how findet man ja<br />
nicht an jeder Straßenecke. Auch mussten<br />
die Softwarehäuser bei 50 Prozent der<br />
Tests eine Ehrenrunde einlegen, bis keine<br />
Fehler mehr gefunden wurden; es waren<br />
manchmal bis zu fünf Runden erforderlich.<br />
Nachdem dieser Berg abgearbeitet<br />
war, konnten wir die ersten Zertifikate<br />
erteilen. Jetzt, da uns ausreichend Export-<br />
Dateien zur Verfügung stehen, können<br />
wir auch mit den Import-Zertifikaten<br />
beginnen.<br />
<strong>AUTOCAD</strong> <strong>Magazin</strong>: Inwiefern bildet das<br />
Zertifzierungsverfahren Vorgänge aus der<br />
Praxis ab?<br />
Prof. Dr. Rasso Steinmann: Wir haben aus<br />
der Erfahrung der früheren ersten Zertifizierung<br />
und aus vielen Beispielen aus der<br />
Praxis die kritischen Fälle herauskristallisiert,<br />
die immer wieder Probleme bereitet<br />
haben. Die Tests selber wurden von Architekten<br />
und Bauingenieuren entwickelt.<br />
Darüber hinaus gibt es so genannte Random-Tests,<br />
die Beispiele aus der Praxis<br />
abbilden.<br />
<strong>AUTOCAD</strong> <strong>Magazin</strong>: Können Sie uns hierfür<br />
ein Beispiel nennen?<br />
Prof. Dr. Rasso Steinmann: Beispiele sind<br />
die Verschneidung von Wänden und anderen<br />
Bauteilen in unterschiedlichsten Situationen,<br />
aber auch komplette Konstruktionen.<br />
Aus der Praxis bekommen wir auch<br />
extreme und merkwürdige Modelle von<br />
Anwendern, die sich nicht immer ganz im<br />
Klaren darüber sind, was sie da produzieren,<br />
zum Beispiel riesige Deckenplatten, die<br />
ohne Fugen so nie gebaut würden, aber<br />
leider manchmal so modelliert werden.<br />
Auch solche Fälle kommen in den Tests vor,<br />
damit die IFC-Schnittstellen robuster werden,<br />
und die Programme nicht einfach<br />
abstürzen, sondern vernünftig darauf<br />
reagieren.<br />
Prof. Dr. Rasso Steinmann:<br />
„Den Anteil der Zertifizierung am Erfolg<br />
von IFC sehe ich ähnlich wie den<br />
Anteil des TÜVs oder der NCAP-Crashtests<br />
am Erfolg des Automobils. Auch<br />
ohne diese Zertifikate würden vermutlich<br />
Autos verkauft werden, aber<br />
wer möchte sich in ein Auto ohne TÜV<br />
und Crashtest setzen?“<br />
<strong>AUTOCAD</strong> <strong>Magazin</strong>: Die vier zertifizierten<br />
Lösungen stammen von namhaften Anbietern<br />
der Branche. Wie stehen die Chancen<br />
für kleinere Anbieter mit spezialisierten<br />
Anwendungen, die Anforderungen zu<br />
meistern?<br />
Prof. Dr. Rasso Steinmann: building-<br />
SMART entwickelt für die unterschiedlichen<br />
Austauschanforderungen so<br />
genannte Model View Definitions. Diese<br />
beschreiben den Teil des umfassenden<br />
IFC-Datenmodells, den man jeweils für<br />
den Austausch von Informationen in<br />
bestimmten Situationen benötigt.<br />
Momentan zertifizieren wir gerade den<br />
so genannten CoordinationView, der<br />
einen Großteil des FC-Datenmodells<br />
abdeckt. Hier sind natürlich die Softwaresysteme<br />
mit umfassenden BIM-Funktionen<br />
gefordert. Spezialisierte Anwendungen<br />
werden nur in besonderen Situationen<br />
eingesetzt. H ier sind die<br />
Austauschanforderungen geringer, womit<br />
sich auch die Anforderungen im IFC-Datenaustausch<br />
reduzieren. Darüber hinaus<br />
unterscheiden wir in Export- und Import-<br />
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<strong>AUTOCAD</strong> & <strong>Inventor</strong> <strong>Magazin</strong> 4/13