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4.1 Gran Torso<br />
Der gepresste Bogenstrich nimmt im ersten der drei Streichquartette mit Abstand den<br />
größten Raum ein; allein das große Ratter-Feld (S. 20-25, T. 209 mit Auftakt bis T. 272,<br />
teilweise in den Abb. 68-70 zu sehen) geht über fast ein Viertel der Gesamttaktanzahl bzw.<br />
etwa ein Sechstel der Gesamtdauer.<br />
Ein Blick auf die Tabelle in Abb. 64 macht deutlich, dass Lachenmann in seinem I.<br />
Streichquartett mit Abstand die differenziertesten Varianten des gepressten Bogenstrichs<br />
verwendet. Zu nennen sind vor allem die komplizierteren Bogenverlagerungen (siehe Abb.<br />
23 und 24). Dadurch bestätigt diese Tabelle, was schon durch den Blick auf alle insgesamt<br />
benutzten Spielweisen vermutet wurde: auch auf der feiner gegliederten Ebene eines<br />
Aspekts der Spieltechniken bietet sich das Bild, dass Lachenmann in seinen späteren<br />
Streichquartetten weniger Abstufungen einer Spieltechnik benutzt.<br />
Aber nicht nur die Art der Hervorbringung ist im I. Streichquartett differenzierter;<br />
durch die verschiedenen Ausführungsarten resultieren auch unterschiedliche Klänge: Der<br />
„normal“ gepresste Bogenstrich (mit oder ohne schräge Verlagerung) erzeugt andere<br />
Geräusche als der parallel zu den Saiten verschobene gepresste Bogenstrich und der<br />
gepresste Bogenstrich mit wechselndem Auf- und Abstrich; letztere kommen nur im I.<br />
Streichquartett vor.<br />
Ab Takt 64 wird eine Spielweise des gepressten Bogens angewandt, die in den späteren<br />
Streichquartetten nicht mehr in diesem eher langsamen Rhythmus und nur mehr als<br />
Randerscheinung vorkommt: 27 der wechselnde Auf- und Abstrich bei gepresstem Bogen,<br />
welcher den Eindruck eines durch den starken Bogendruck „steckenbleibenden“ Tremolos<br />
erweckt – dieser Eindruck wird durch das Tremolo davor noch verstärkt (Abb. 76, T. 61-<br />
62). Zunächst wird in Gran Torso der gepresste Bogen nur auf diese Weise verlagert; erst<br />
bei Takt 181 (Abb. 67) und ab Takt 208 verlagert sich der Bogenstrich auch bei alleiniger<br />
Abstrichbewegung. Der mit wechselndem Auf- und Abstrich gepresste Bogen erzeugt<br />
andere Klänge als der mit einem Abstrich erzeugte gepresste Bogenstrich: eher Quietschen<br />
als Rattern ist das Resultat.<br />
Gran Torso führt auch als einziges der drei Streichquartette die Verlagerung des<br />
Bogens parallel zu den Saiten aus („steile“ Bogenverschiebung 28 ) – sowohl bei gepresstem<br />
27 Grido, S. 80, T. 80, S.24, T. 353, S. 43, T. 62 und Reigen seliger Geister, S. 65, T. 384-388 (gepresstes<br />
Tremolo)<br />
28 I. Streichquartett: Erläuterungen zu Notation und Aufführungspraxis<br />
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