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• das Glissando, das beim Verlagern des gepressten Bogens entsteht, ist eine<br />

Weiterentwicklung der Helligkeitsabstufung des Rauschens beim Verlagern des<br />

flautato gestrichenen Bogens – auch im Überblick über das ganze Werk gesehen<br />

Auch der eigentliche Beginn des Ratter-Feldes ist behutsam eingeführt: Der erste gepresste<br />

Bogenstrich dieses Ratter-Feldes 59 (Abb. 71, T. 366) wird noch nicht von der (rechten)<br />

Faust geführt und „zart“ gepresst, außerdem wirkt er zusammen mit dem zweiten Ratter-<br />

Einsatz einen Takt später wie ein verzerrtes und verlangsamtes Echo des vibrierenden<br />

Ordinario-Tones und dem darauffolgenden „Japser“ in Takt 364.<br />

Nur ganz am Beginn dieser „gepressten Passage“ erklingen tiefere Saiten und das<br />

Cello, denn die Ratter-Einsätze von Takt 369 bis 381 spielen sich nur auf den beiden<br />

höchsten Saiten der drei hohen Streicher ab (teilweise in Abb. 71 zu sehen). Dadurch wirkt<br />

diese Stelle wie eine hängengebliebene Schallplatte – obwohl nur der Takt 374 beliebig oft<br />

wiederholt wird. 60 „Gestört“ wird dieses Gefühl nur durch gelegentliche „Japser“ – die<br />

einzige noch andere Spielweise in diesem Abschnitt.<br />

Die Dämpfbewegungen der linken Hand während der Anwendung des gepressten<br />

Bogenstrichs dienen dazu, „ratternde Glissandi“ in die Gegenrichtung zu erzeugen. 61 Der<br />

optische Effekt stimmt mit dem des „Mundzuhaltens“ 62 beim Erzeugen der „Japser“<br />

überein, was der Grund dafür sein könnte, warum Lachenmann diese beiden<br />

Spieltechniken hier kombiniert.<br />

In Takt 382 setzen Bratsche (auf ihren zwei tiefsten Saiten) und Cello ein und<br />

verdunkeln so den Klang. Ihre Aufgabe ist es, auf den zwei Takte später folgenden<br />

gepressten Bogen am Saitenhalter vorzubereiten, der in meinen Ohren brutaler klingt als<br />

die gepressten Bogenstriche davor und einen (dann auch folgenden) Klangwechsel<br />

erzwingt (siehe Abb. 72). Prompt wechselt der gepresste Bogenstrich vom Frosch zum<br />

Tremolo mit der oberen Hälfte des Bogens, wodurch nicht mehr ein so starker Druck auf<br />

den Saiten ausgeübt werden kann. Ebenso gibt es eine für den Zuseher wahrnehmbare<br />

„Erleichterung“: der Bogen wird beim gepressten Tremolo nicht mehr in der Faust<br />

gehalten.<br />

59 Wie weiter unten ausgeführt, zeigt dieser sich aus dem Flautato entwickelnde gepresste Bogenstrich mit<br />

zusätzlichen Pizzicati die Entwicklung des ganzen Werkes an.<br />

60 Laut Lachenmann gibt es so eine Stelle in jedem seiner Stücke mindestens einmal („Über mein Zweites<br />

Streichquartett.“ In: Musik als existentielle Erfahrung, S. 227-246, hier S. 246).<br />

61 II. Streichquartett: Hinweise zu Notation und Ausführung, S. 5<br />

62 Lachenmann, Helmut: „Über mein Zweites Streichquartett.“ In: Musik als existentielle Erfahrung, S. 227-<br />

246, hier S. 232<br />

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