Ausgabe August 2007 - Martin-Luther-Viertel
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noch die Stadt Kassel selber sind unbedingt<br />
sehenswert. Das Gegenteil ist eher der Fall.<br />
Aber die documenta, sie findet alle fünf Jahre<br />
statt, diesmal zeitgleich mit der Biennale in<br />
Venedig und der Skulpturenausstellung in<br />
Münster, hat das Erscheinungsbild Kassels<br />
gewaltig verändert. Man achtet kaum noch auf<br />
soziale Problemecken, eine völlig langweilige<br />
Fußgängerzone, den ewig gleichen Billigläden.<br />
Die Blicke bleiben an den Documenta-Plakaten<br />
und Ausschilderungen, an der in üppiger Häufigkeit<br />
vertretenen Kunst, an dem interessierten<br />
Publikum haften. Und es waren Tausende,<br />
wenn nicht gar Zehntausende in der Stadt. Die<br />
Gesichter zeigten Vorfreude, Gelöst- und Interessiertheit.<br />
Es war ein buntes Publikum aus<br />
der ganzen Welt. Auffällig viele junge Menschen<br />
prägten das Kulturereignis.<br />
Am Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe wirkten<br />
mehrsprachig ausgebildete und sehr freundliche<br />
Kunsthostessen. Auch wir wurden mit<br />
Erstinformationen versorgt. Christiane schaffte<br />
aus dem Stand den Fahrkartenautomat. Bahnhof<br />
und öffentlicher Personennahverkehr sind<br />
in Kassel sehr gut miteinander vertaktet. Wir<br />
fuhren mit der Straßenbahnlinie 3 bis zum<br />
Hauptort des Geschehens. Und hier war bereits<br />
richtig was los. Die örtliche Gastronomie<br />
hatte tausende Stühle und Tische in den Außenbereichen<br />
aufgebaut. Viele Kunstinteressierte<br />
strebten ebenso wie wir zu den beiden<br />
ersten Werken auf dem Friedrichplatz. Mitten<br />
drauf und drin, das Standbild von Friedrich,<br />
dem Zweiten. Um ihn herum hatte Andreas<br />
Siekmann seine äußerst provokative Installati-<br />
on platziert. Siehe dazu auch die drei nachfolgenden<br />
Artikel.<br />
Die Sonne war mittlerweile richtig heiß, das<br />
Licht fast grell. Es gab ein zweites Kunstwerk<br />
auf dem Platz, riesengroß und doch nicht unbedingt<br />
sofort als Kunst erkennbar.Sakarin<br />
Krue-On hat hier das „Terraced Rice Field Art<br />
Projekt Kassel“ installiert.<br />
Es war an der Zeit, den Weg ins Museum Fridericianum<br />
zu nehmen. Vorher hatte der Herr<br />
noch die Taschenaufbewahrung gestellt. Meine<br />
Fototasche, Handtaschen ab bestimmten<br />
Größen durften nicht mit in die Ausstellungsräumlichkeiten<br />
genommen werden. Fotografieren<br />
ist erlaubt, die Nutzung von Blitzlichtern<br />
nicht. Dass alle sich ordentlich verhalten, wird<br />
von hunderten Ordnern und wahrscheinlich<br />
ähnlich vielen Videokameras überwacht.<br />
Im altehrwürdigen Museum angelangt, trafen<br />
wir als erstes auf viele, viele bunte Unterhosen,<br />
auf stabilen Leinen aufgehängt. Rundherum<br />
fand eine Performance junger Menschen<br />
statt, die immer wieder unterbrochen wurde, da<br />
sie in die Unterhosen klettern und auf den<br />
Seilen balancierend „Floor of the Forest“ wurde<br />
von Trisha Brown erschaffen. Einen Raum<br />
weiter bewegte sich ein großer weißes Segel<br />
in Wellenform von innen ans Gebäudeäußere.<br />
Je nach Standort im Raum wechselten dadurch<br />
ständig die Perspektiven und die Lichtbedingungen.<br />
Die Wände der Gänge, weiterer Räume waren<br />
mit unterschiedlichen Installationen mit unterschiedlichen<br />
Materialien verschiedener Künstler<br />
inszeniert.<br />
Auffällig an Kassel sind die vielen Foto- und<br />
Videoarbeiten von Kunstschaffenden, die<br />
meisten aus der dritten Welt stammten. Da der<br />
Autor selber fotografiert, reichte die Zeit zur<br />
inhaltlichen Aufnahme, zum Durchdenken,<br />
zum Kennen lernen der einzelnen Objekte<br />
überhaupt nicht.<br />
Zu sehen waren durchaus brisante Themen,<br />
deren Kausalität zum aktuellen Leben bestand.<br />
Besonders witzig war eine Videoperformance,<br />
in deren Folge ein Mann eine Mauer Stein für<br />
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