Ausgabe August 2007 - Martin-Luther-Viertel
Ausgabe August 2007 - Martin-Luther-Viertel
Ausgabe August 2007 - Martin-Luther-Viertel
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Apropos Hallenbad: <strong>Martin</strong>e Mallet hat einige<br />
Jahre in Lille-Roubaix studiert. Hier gibt es<br />
auch ein Hallenbad, das geschlossen und<br />
kurze Zeit später wieder mit neuen attraktiven<br />
Inhalten belebt wurde. Wir dokumentieren eine<br />
Aufnahme.<br />
Andreas Siekmann hat Gisbert Sander für die<br />
Kulturseite des Westfälischen Anzeigers ein<br />
Interview gegeben, Wir dokumentieren den<br />
kompletten Text, weil wir hier interessante<br />
Denkansätze sehen, die gut sind für kontroversen<br />
Meinungsstreit.<br />
Um zu zeigen, das es auch etwas anders geht,<br />
hier ein Foto quasi zum Thema: Wenn’s dem<br />
Esel zu bunt wird, dann büxt er aus, auf den<br />
Marktplatz eines Ortes in Albouferia in Südportugal.<br />
Artikel im Westfälischen Anzeiger von Samstag, den 07.Juli <strong>2007</strong> auf der Seite Hamm Kultur<br />
"Hört auf mit den Viechern!"<br />
WA-GESPRÄCH Andreas Siekmann über die "Elefantenparade" und andere Marketing-Tiere<br />
06.07.<strong>2007</strong> • Andreas Siekmann ist zwar einer<br />
der politischsten, aber - oder gerade deshalb -<br />
einer der gefragtesten deutschen Künstler.<br />
Seine Bildsprache ist so eindrücklich, dass er<br />
auch immer wieder Rufe ins Ausland erhält.<br />
Zurzeit stellt er nicht nur auf der "Documenta"<br />
in Kassel, sondern auch im Rahmen der<br />
"Skulptur-Projekte" in Münster aus, wo WA-<br />
Redakteur Gisbert Sander mit ihm sprach.<br />
Wie haben Sie zur Kunst gefunden?<br />
Mein Kunsterzieher auf dem Märkischen Gymnasium<br />
war Erich Lütkenhaus, mit ihm habe<br />
ich 1977 die documenta besucht. Das war eine<br />
Initialzündung mit 16 Jahren. Da habe ich Joseph<br />
Beuys kennen gelernt.<br />
Sie gehören nicht zu den Künstlern, die den<br />
Menschen zeigen, was sie gerne sehen möchten.<br />
Sie legen Finger in die Wunden. Was<br />
treibt einen dazu, das auf künstlerischem Weg<br />
zu versuchen?<br />
Das hat mit Kunst im öffentlichen Raum zu tun.<br />
Man sucht hier andere Öffentlichkeiten auf, als<br />
etwa im Museum. Beim öffentlichen Raum<br />
handelt es sich um ein Gefüge von Interessen,<br />
von Institutionen, von Mitsprache, von Verfügungen,<br />
von polizeilicher und behördlicher<br />
Hoheit. Als Künstler muss man die Umstände<br />
des jeweiligen öffentlichen Raumes mitdenken<br />
und mit thematisieren - und das führt zur Ökonomisierung<br />
des Stadtraumes.<br />
Passt "Trickle down" denn überhaupt zum<br />
Umfeld des barocken Erbdrostenhofes?<br />
Natürlich hat sich der öffentliche Raum als<br />
Betätigungsfeld des Künstlers in den 40 Jahren,<br />
in denen es die Skulptur-Projekte gibt,<br />
gewandelt. Was in den 70er Jahren eine realgeografische<br />
Größe bedeutete, wurde 1987 als<br />
funktionale Größe begriffen: Die Stadt wurde<br />
unterteilt, zum Beispiel in Bereiche für Arbeit<br />
und Freizeit. 1997 folgte der extreme Wandel:<br />
Öffentlicher Raum wurde als soziale Größe<br />
verstanden - beispielsweise wurden "dunkle<br />
Gestalten" aus den Bahnhöfen verbannt, man<br />
wollte keine Obdachlosen mehr in den Innenstädten<br />
haben. Jetzt erleben wir den städtischen<br />
Raum als eine Marketing-Größe: Sie<br />
muss investorenfreundlich bleiben - also eine<br />
Ressource sein, die dem Marketing und dem<br />
Image der Stadt dient.<br />
Was bedeutet das für "Trickle down"?<br />
"Trickle down" heißt "durchsickern". Das ist<br />
eine Theorie aus dem Barock, die besagt: Man<br />
müsste den Reichen mehr geben, damit für die<br />
Armen noch etwas abfällt.<br />
Wie stellen Sie den Bezug zu den Bären, Elefanten<br />
und ähnlichen Tieren in den Städten<br />
her?<br />
Diese Tiere sind ein "Trickle down" per se, weil<br />
sie das durchgesickerte Kleine für den Normalbürger<br />
symbolisieren, während sie vom<br />
"Großen", was die Städte im Zuge der Privatisierung<br />
erhalten, nichts abkriegen. Das größte<br />
Problem bei der Privatisierung ist ja die mangelnde<br />
Transparenz. Mit der gegenseitigen<br />
Verpflichtung zur Verschwiegenheit der Vertragspartner<br />
ist ein Wegfall von demokratischer<br />
Teilhabe, von Mitbestimmung verbunden. Privatisierung<br />
bedeutet den Wegfall von demokratischen<br />
Entscheidungsfindungsprozessen.<br />
Dass dies ein großer Verlust ist, merkt man<br />
erst viel später.<br />
54