Strategische Gesamtbanksteuerung - Sparkassenzeitung
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Quelle: AndreasD200 / Pixelio<br />
controlling<br />
Sparkassen müssen Vertrieb und Versicherungspolitik anpassen<br />
Autor<br />
peter meybom<br />
ist als selbstständiger Managementberater<br />
und Trainer in<br />
München für Kreditinstitute,<br />
Versicherer, Finanzdienstleister,<br />
Verbände, Behörden sowie eine<br />
Business School tätig.<br />
solvency ii könnte refinanzierung<br />
und Provisionsgeschäft erschweren<br />
Was Banken und Sparkassen seit Basel I im Hinblick auf ihr Kapital- und Risikomanagement durchlaufen, erlebt<br />
die Versicherungswirtschaft gegenwärtig mit Solvency II. Das risikoorientierte Regelwerk macht strikte Vorgaben<br />
zu Eigenkapitalausstattung (Säule 1), Risikoüberwachung (Säule 2) und Berichtspflichten (Säule 3). Die neuen<br />
EU-Regeln sind auch für Banken und Sparkassen relevant – das gilt vor allem für die Bereiche Refinanzierung,<br />
Kapitalbedarf und Provisionsgeschäft. Kreditinstitute sind gut beraten, ihre Betreuer im Privat-, Gewerbe- und<br />
Firmenkundengeschäft frühzeitig mit dem neuen Versicherungsaufsichtsrecht vertraut machen. Nur so können sie<br />
Auswirkungen auf Produkte, deren Renditen und Kosten abschätzen und Kunden hinreichend beraten.<br />
die Solvency II-Botschaft lautet vereinfacht:<br />
Europäische Versicherer müssen<br />
künftig umso mehr Kapital vorhalten, je<br />
mehr Risiken sie eingegangen sind. Die<br />
EU-Kommission will sicherstellen, dass Assekuranzunternehmen<br />
die Verpflichtungen<br />
gegenüber ihren Kunden jederzeit erfüllen<br />
können. 1 Der neue risikoorientierte Rahmen<br />
hat es dabei in sich. Kreditinstitute<br />
sollten sich mit den neuen Versicherungsvorschriften<br />
frühzeitig beschäftigen, denn<br />
sie könnten davon in ihrer Refinanzierung<br />
massiv betroffen sein. Zum einen fordern die<br />
Bestimmungen eine Kapitalunterlegung für<br />
Von dunklen Wolken überschattete, krisengeschüttelte europäische Staaten könnten mit<br />
Solvency II nicht den Schutz der Versicherten im Auge haben, fürchten manche Kritiker. Die<br />
neue Regelung könnte dort vielmehr als Rettungsring genutzt werden, um dringend benötigte<br />
Finanzspritzen einzusammeln.<br />
Anlagen der Versicherer in Aktien, Immobilien,<br />
Unternehmensanleihen sowie Einlagen<br />
bei und Emissionen von Kreditinstituten. Für<br />
Staatsanleihen der Euro-Staaten ist derzeit<br />
dagegen eine Null-Gewichtung vorgesehen.<br />
Das bedeutet, dass ein Versicherer, der 100<br />
Millionen Euro in griechischen, portugiesischen<br />
oder italienischen Staatsanleihen<br />
angelegt, kein Eigenkapital vorhalten muss.<br />
Auf der anderen Seite sind im so genannten<br />
Standardmodell für den Kauf einer VW- oder<br />
anderen Aktie 39 Millionen Euro und für die<br />
Investition in ein Bürogebäude 25 Millionen<br />
Euro Eigenmittel zu hinterlegen. Der Kapitalbedarf<br />
für Bankeinlagen und Anleihen<br />
richtet sich nach deren Rating, Duration und<br />
weiteren Risikofaktoren. Das erschwert die<br />
Refinanzierung von Banken im Wettbewerb<br />
zu Staatsanleihen.<br />
erschwerte refinanzierung<br />
Zusätzlich möchte die EU-Kommission mit<br />
einem weiteren Instrument das Grundprinzip<br />
„mehr Kapital für mehr Risiko“<br />
aushebeln. Fallen nämlich Staatsanleihen<br />
südeuropäischer Länder im Wert, würde das<br />
Eigenkapital der Marktwertbilanz eines Versicherers<br />
ebenfalls sinken. Dieser Effekt soll<br />
durch eine Verringerung der Rückstellungen<br />
vermieden werden. Nach den Vorstellungen<br />
der Brüsseler Kommission dürfte die EU-Ver-<br />
1 Die Versicherungsgesellschaften sind von der aktuellen<br />
Finanzmarktkrise weit weniger betroffen als<br />
Kreditinstitute. Das hohe Maß an finanzieller Stabilität<br />
bestätigen selbst internationale und europäische<br />
Aufseher, vgl. International Association of Insurance<br />
Supervisors (IAIS): Insurance and Financial<br />
Stability vom 15. November 2011 und European<br />
Insurance and Occupational Pensions Authority<br />
(EIOPA): Financial Stability Report 2011, First halfyear<br />
Report, vom 14. Juni 2011.<br />
148 Betriebswirtschaftliche Blätter 03|2012