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Rechtliche Würdigung der Empfehlungen und Leitlinien des ...

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Schutzziel min<strong>des</strong>tens in gleichwertiger Form erreicht wird. Folgende Konstellationen sind zu<br />

unterscheiden:<br />

– Ein Gesetz o<strong>der</strong> eine Verordnung schreibt lediglich die Einhaltung <strong>der</strong> aaRdT o<strong>der</strong> <strong>des</strong><br />

Stan<strong>des</strong> <strong>der</strong> Technik vor, ohne für bestimmte technische Regeln eine Vermutungswirkung<br />

aufzustellen. Da die hinter diesen Generalklauseln stehenden technischen Regelwerke<br />

keine verbindlichen Rechtssätze sind, bedarf es keiner ausdrücklichen Zulassung von Ausnahmen;<br />

eine entsprechende Regelung hätte nur deklaratorischen Charakter. Die Nichteinhaltung<br />

einschlägiger technischer Regeln ist zulässig, wenn das im Gesetz o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Verordnung<br />

festgelegte Schutzziel nachweislich in an<strong>der</strong>er Weise erreicht wird.<br />

– Ein Gesetz o<strong>der</strong> eine Verordnung schreibt nicht nur die Einhaltung <strong>der</strong> aaRdT o<strong>der</strong> <strong>des</strong><br />

Stan<strong>des</strong> <strong>der</strong> Technik vor, son<strong>der</strong>n enthält o<strong>der</strong> verweist auf einen Katalog von technischen<br />

Regeln, <strong>der</strong>en Einhaltung die wi<strong>der</strong>legliche Vermutung <strong>der</strong> Übereinstimmung mit dem verbindlichen<br />

Schutzziel begründet. Soweit die entsprechenden technischen Regeln trotzdem<br />

nur <strong>Empfehlungen</strong> bleiben, sind Abweichklauseln zwar ebenfalls nur deklaratorisch, aber<br />

wegen <strong>der</strong> Klarstellung hilfreich <strong>und</strong> bezüglich <strong>der</strong> deutlichen Wahrnehmbarkeit <strong>der</strong><br />

Offenheit für an<strong>der</strong>weitige technische Lösungen erfor<strong>der</strong>lich.<br />

– Vielfach enthalten Allgemeine Verwaltungsvorschriften die Regelung, die zuständige Behörde<br />

habe bei ihrer Prüfung ob ein Erzeugnis o<strong>der</strong> eine Anlage dem gesetzlich formulierten<br />

Sicherheitsstandard entspricht, (in <strong>der</strong> Regel) davon auszugehen, dass diese Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

erfüllt sind, wenn die in bestimmten Verzeichnissen enthaltenen technischen<br />

Normen eingehalten sind. Dadurch wird auch für Behörden, die an Allgemeine Verwaltungsvorschriften<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich geb<strong>und</strong>en sind, keine uneingeschränkte Bindungswirkung<br />

begründet. Der verbindliche einzuhaltende Maßstab ist allein in dem konkretisierungsbedürftigen<br />

unbestimmten Rechtsbegriff (aaRdT o<strong>der</strong> Stand <strong>der</strong> Technik) enthalten. Zweck<br />

<strong>der</strong> Allgemeinen Verwaltungsvorschrift ist es, den zuständigen Behörden die Ermittlung<br />

<strong>der</strong> zur Ausfüllung dieses rechtlichen Standards einschlägigen technischen Normen zu erleichtern<br />

<strong>und</strong> die Einheitlichkeit <strong>der</strong> Verwaltungsentscheidungen in gleichgelagerten Fällen<br />

zu för<strong>der</strong>n. Die Nutzung <strong>der</strong> Abweichungsmöglichkeit liegt im Ermessen <strong>des</strong> Herstellers<br />

o<strong>der</strong> Importeurs <strong>und</strong> bedarf keiner Anmeldung o<strong>der</strong> gar behördlichen Erlaubnis.<br />

Bei den Erzeugnissen, für die die Vermarktungsbedingungen nicht gemeinschaftsweit harmonisiert<br />

sind, haben Abweichklauseln beson<strong>der</strong>e Bedeutung für ausländische Hersteller <strong>und</strong><br />

Importeure. Generell haben auch sie das im B<strong>und</strong>esgebiet allgemein geltende Anfor<strong>der</strong>ungsniveau<br />

zu beachten. Stimmen ausländische Regeln <strong>der</strong> Technik nicht mit den inländischen<br />

überein, weisen die ihnen entsprechenden Erzeugnisse jedoch das gleiche Sicherheitsniveau<br />

auf, können sie nicht beanstandet werden. Sofern das gleiche Sicherheitsniveau erzielt wird,<br />

ermöglicht somit die Abweichklausel ausländischen Herstellern die unmodifizierte Beibehaltung<br />

einer größeren Serienproduktion, ohne den deutschen Markt aus sicherheitstechnischen<br />

Gründen zu verlieren. Sie führt damit zum gleichen Ergebnis wie die Rechtsprechung <strong>des</strong><br />

EuGH zum Freien Warenverkehr. Beim Fehlen einschlägiger harmonisierter Bestimmungen<br />

gilt gegenüber Waren aus an<strong>der</strong>en EG-Mitgliedstaaten nach Art. 28 EGV, dass sie in <strong>der</strong> gesamten<br />

Europäischen Gemeinschaft frei vermarktbar sind, wenn sie im Herkunftsland rechtmäßig<br />

in den Verkehr gebracht wurden, es sei denn, das Importland kann sich auf Schutzgüter<br />

<strong>des</strong> Art. 30 EGV o<strong>der</strong> zwingende Erfor<strong>der</strong>nisse im Sinne <strong>der</strong> Cassis-Rechtsprechung 144 berufen<br />

<strong>und</strong> auch <strong>der</strong> Verhältnismäßigkeitsgr<strong>und</strong>satz steht einer Vermarktungseinschränkung<br />

144 EuGH, Urteil v. 20.2.1979, Rs. 120/78 – Cassis de Dijon, Slg. 1979, 649.<br />

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