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Rechtliche Würdigung der Empfehlungen und Leitlinien des ...

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nicht im Wege. Bei Einhaltung <strong>des</strong> gleichen Sicherheitsniveaus ist eine Berufung auf Art. 30<br />

EGV zum Zwecke <strong>des</strong> Schutzes gegen Gefahren für Leben o<strong>der</strong> Ges<strong>und</strong>heit o<strong>der</strong> auf an<strong>der</strong>e<br />

zwingende Erfor<strong>der</strong>nisse ausgeschlossen. Die Überwachungsbehörden dürfen erst eingreifen,<br />

wenn sie den begründeten Verdacht haben, dass von einem Produkt bei bestimmungsgemäßer<br />

Verwendung o<strong>der</strong> vorhersehbarer Fehlanwendung eine Gefahr für Leben o<strong>der</strong> Ges<strong>und</strong>heit <strong>der</strong><br />

Benutzer o<strong>der</strong> Dritter o<strong>der</strong> für an<strong>der</strong>e geschützte Rechtsgüter droht.<br />

Die Richtlinien nach <strong>der</strong> neuen Konzeption zur technischen Harmonisierung <strong>und</strong> Normung<br />

<strong>und</strong> die zu ihrer Umsetzung erlassenen Rechtsakte enthalten üblicherweise keine Abweichklauseln<br />

nach dem obigen Muster. Hier steht es dem Hersteller regelmäßig frei, unter Rückgriff<br />

auf die harmonisierten Normen o<strong>der</strong> auf an<strong>der</strong>e Weise die Konformität mit den gr<strong>und</strong>legenden<br />

Sicherheitserfor<strong>der</strong>nissen zu erfüllen <strong>und</strong> dies durch das CE-Zeichen zu bestätigen.<br />

Zur rechtlichen Bedeutung <strong>der</strong> Abweichung von technischen Normen seien zwei beson<strong>der</strong>s<br />

illustrative Fälle angefügt:<br />

In dem vom Verwaltungsgericht Köln im Jahr 1975 entschiedenen „Baby-Buggy“-Fall 145<br />

hatte das beklagte Gewerbeaufsichtsamt <strong>der</strong> Klägerin untersagt, den von ihr importierten <strong>und</strong><br />

vertriebenen Kin<strong>der</strong>sportwagen mit <strong>der</strong> Typenbezeichnung „Baby-Buggy“ auf Messen auszustellen,<br />

da er nicht den sicherheitstechnischen Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> DIN 66068 (Kin<strong>der</strong>wagen,<br />

Kin<strong>der</strong>sportwagen) entspreche <strong>und</strong> damit auch die Voraussetzungen <strong>des</strong> § 3 Abs. 1 GSG nicht<br />

erfülle. Die dagegen erhobene Anfechtungsklage hatte Erfolg. Die Überwachungsbehörde<br />

durfte sich nach dem Urteil <strong>des</strong> VG Köln bei <strong>der</strong> Anwendung <strong>des</strong> GSG nicht darauf beschränken,<br />

ein Abweichen von den Vorschriften <strong>der</strong> jeweiligen technischen Normen festzustellen.<br />

Sie hätte vielmehr selbständig prüfen müssen, ob trotz Abweichens von <strong>der</strong> für einschlägig<br />

gehaltenen technischen Norm die aaRdT gleichwohl eingehalten worden waren. Dazu heißt es<br />

weiter: 146<br />

„Dabei muß berücksichtigt werden, daß die technischen Normen auf eine Vielzahl unbestimmter<br />

Fälle zugeschnitten <strong>und</strong> damit zwangsläufig generalisierend sind. Zumin<strong>des</strong>t in<br />

den Fällen, in denen ein Gerät von dem Normaltypus, den die jeweilige technische Norm<br />

zugr<strong>und</strong>e legt, erheblich abweicht, wird die Behörde zu prüfen haben, ob trotz <strong>der</strong> Abweichungen<br />

von <strong>der</strong> Norm die allgemein anerkannten Regeln <strong>der</strong> Technik gleichwohl<br />

eingehalten sind.“<br />

Auch im Fall <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>hauskrankenbetten hat das B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht im Jahr 1984<br />

klargestellt, 147 dass die Nichtbeachtung (vermeintlich) einschlägiger technischer Normen noch<br />

nicht notwendigerweise einen Verstoß gegen die aaRdT <strong>und</strong> damit gegen § 3 Abs. 1 GSG<br />

bedeuten muss. Es hält <strong>der</strong> Aufsichtsbehörde <strong>und</strong> dem Berufungsgericht vor, sich nicht mit<br />

dem Einwand <strong>der</strong> Klägerin auseinan<strong>der</strong>gesetzt zu haben, die für Kin<strong>der</strong>gitterbetten einschlägige<br />

DIN 66078 spiegele für die fraglichen Krankenhauskin<strong>der</strong>betten nicht die aaRdT<br />

wi<strong>der</strong>. Es heißt dazu in <strong>der</strong> Begründung:<br />

„Die einschlägigen Ausführungen im Berufungsurteil (...) besagen lediglich, daß das Berufungsgericht<br />

die Anwendung <strong>der</strong> DIN 66078 auf Krankenhauskin<strong>der</strong>betten für vernünftig<br />

hält, aus ihnen ergibt sich aber nicht, daß die maßgebliche Mehrheit <strong>der</strong> Fachleute die<br />

vorerwähnte technische Norm auch für die Krankenhauskin<strong>der</strong>betten anerkennt. Ausschlaggebend<br />

ist nicht die Auffassung <strong>des</strong> Gerichts darüber, was vernünftig ist, son<strong>der</strong>n<br />

die Feststellung, welche gesellschaftliche Übereinkunft hinsichtlich <strong>der</strong> technischen Maßstäbe<br />

getroffen worden ist. Das Berufungsgericht verkennt auch die Bedeutung <strong>des</strong> Ein-<br />

145 Urt. <strong>des</strong> VG Köln v. 6.11.1975 – 1 K 732/25, wie<strong>der</strong>gegeben bei Meyer 1979, 243-246.<br />

146 Ebenda, 244 f.<br />

147 BVerwG, BB 1984, 563.<br />

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