Gesamte Ausgabe runterladen - Zentralverband der Ãrzte für ...
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Ansprache Dr. Oelze<br />
ein paar Jahre später: „Herr Oelze, wir<br />
machen beide das gleiche!" Ich fragte<br />
erstaunt — wieso. Er sagte: „Wir betreiben<br />
beide unspezifische Reiztherapie."<br />
Innerhalb einer Woche war meine<br />
Frauenstation mit 45 Betten und 5<br />
Notbetten belegt mit 49 Frauen, die<br />
Männerstation mit 38 Männern. Es<br />
war „Grippewelle" in Hamburg, alle<br />
Krankenhäuser überbelegt. Neben Dr.<br />
Kusche und mir war ein weiterer Assistenzarzt<br />
da, <strong>der</strong> eigentlich Pathologe<br />
war.<br />
Wir bestanden diese Bewährungsprobe,<br />
bezogen September 1953 unser<br />
neues Haus, dessen Umbau damals<br />
DM 240000,- einschließlich Einrichtung<br />
gekostet hatte! Wir bekamen 21<br />
Zwei-Bett-Zimmer und 5 Vier-Bett-<br />
Zimmer für die allgemeine Pflegeklasse.<br />
Der Tagessatz dort betrug DM<br />
8,80 und bei 9 „Privat-Betten" DM<br />
12,60.<br />
Kusche verlangte viel, war selbst<br />
enorm fleißig, hielt viel Vorträge. Ich<br />
mußte zweimal jährlich beim <strong>Zentralverband</strong><br />
ein 30-Minuten-Referat aus<br />
<strong>der</strong> klinischen Arbeit halten, das dann<br />
in <strong>der</strong> Zeitschrift „Hippokrates" o<strong>der</strong><br />
im „Landarzt" gedruckt wurde.<br />
Prof. Brauchle war Vorsitzen<strong>der</strong> des<br />
ZÄN. Man wollte, als Gegenstück zur<br />
Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin,<br />
eine Deutsche Gesellschaft für<br />
Naturheilkunde gründen. Um den<br />
Vorsitz stritten die Professoren<br />
Brauchle, Kollath und Salier. Brauchle<br />
war schon sehr krank und starb bald<br />
danach, so kam die Gründung nicht<br />
zustande, und Kusche wurde Vorsitzen<strong>der</strong><br />
des ZÄN.<br />
Er war mir ein väterlicher Freund geworden,<br />
was oft schwierige Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />
brachte, wie zwischen<br />
Vater und Sohn üblich, zumal wir<br />
beide Choleriker und sehr emotional<br />
waren. „Sie sind nicht hier, um Antibiotika<br />
zu spritzen, son<strong>der</strong>n um Naturheilverfahren<br />
anzuwenden." Ich:<br />
„Dann zeigen Sie mir erst einmal, wie<br />
man das bei unseren Patienten macht."<br />
Wir hatten ca. 800 Patienten im Jahr<br />
und etwa 25 Todesfälle. Denn wir waren<br />
an die internistische Notfallversorgung<br />
in Hamburg angeschlossen.<br />
Ohne Vorsortierung kamen die Patienten<br />
direkt zu uns. Das war übrigens<br />
entscheidend für unser Überleben,<br />
denn wenn die Aufnahme <strong>der</strong> Inneren<br />
Abteilung uns die Patienten zugeteilt<br />
hätte, wären wir mit unheilbar Kranken<br />
und Pflegefällen voll belegt worden.<br />
Ähnlich erging es seinerzeit<br />
Herrn Dr. Straßburg in <strong>der</strong> Klinik für<br />
Naturheilweisen in Berlin.<br />
Im April 1957 starb plötzlich Dr. Kusche,<br />
und ich mußte kommissarisch die<br />
Abteilung leiten, bis ich im September<br />
1958 <strong>der</strong>en Chefarzt wurde bis 1988.<br />
Im Rahmen des allgemeinen Bettenabbaues<br />
wurden wir auf 65, dann auf 52<br />
Betten verkleinert. Mehrere Schließungsversuche<br />
konnte ich abwehren,<br />
den letzten bei meiner Pensionierung.<br />
Beinahe wäre Prof. Bühring mein<br />
Nachfolger geworden. Er sagte ab, weil<br />
er den Berliner Lehrstuhl für Naturheilkunde<br />
erhielt. So wurde mein von<br />
mir fachlich und menschlich geschätzter<br />
Freund Helmut Brinkmann mein<br />
Nachfolger.<br />
Seit 1964 unterstand mir auch die Abteilung<br />
Physikalische Therapie des<br />
AKO — mittlerweile insgesamt mit<br />
1600 Betten. Die Mehrarbeit brachte<br />
auch die große Chance mit sich, die<br />
enge Verzahnung von Naturheilverfahren<br />
und physikalischer Therapie zu<br />
zeigen und zu praktizieren.<br />
1984 gründete ich im AKO eine Berufsfachschule<br />
für Krankengymnastik<br />
und wurde <strong>der</strong>en ärztlicher Leiter, bis<br />
mein Nachfolger 1990 auch diese Aufgabe<br />
übernahm.<br />
1968 war es mir als Abgeordneter <strong>der</strong><br />
Hamburgischen Bürgerschaft gelungen,<br />
einen 10-Jahres-Stufenplan zum<br />
Ausbau des AKO mit über 200 Mio.<br />
DM zu bewirken, in dessen Rahmen<br />
wir auch eine vorbildliche Abteilung<br />
für physikalische Therapie für 8 Mio.<br />
DM bekamen.<br />
Diese Zahlen sagen natürlich nicht,<br />
wieviel Arbeit und wieviele menschliche<br />
Begegnungen dahinterstehen. Mit<br />
über 180 ärztlichen Schülern und einem<br />
sehr engagierten Pflegepersonal<br />
und ebenso engagierten Masseuren,<br />
Krankengymnasten und Diätassistenten<br />
war eine 35jährige, sehr gute Zusammenarbeit<br />
gegeben. Des gleichen<br />
auch mit den Fachärzten unseres und<br />
des Nachbarkrankenhauses Heidberg.<br />
Etwa 25 000 Patienten habe ich in den<br />
Jahren gesehen und sie gemeinsam mit<br />
den an<strong>der</strong>en Kollegen und Mitarbeitern<br />
behandelt.<br />
Am Anfang als Scharlatan eingestuft,<br />
war ich in den letzten Jahren meiner<br />
Tätigkeit stellvertreten<strong>der</strong> Direktor des<br />
Krankenhauses!<br />
Zuletzt mochte ich meiner Frau und<br />
meinen fünf Kin<strong>der</strong>n danken für die<br />
Toleranz und die Hilfe in den vielen<br />
Jahren, sie mußten — zeitlich gesehen<br />
— oft auf mich verzichten. Trotzdem<br />
sind wir eine intakte Familie geblieben,<br />
zu <strong>der</strong> heute auch Schwiegerkin<strong>der</strong><br />
und neun Enkel gehören.<br />
Arztezeitschnft für Naturhellverfahren 35 4 (1994) 247