Gesamte Ausgabe runterladen - Zentralverband der Ãrzte für ...
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Kurze Geschichte des Hungerns<br />
von G. Brubacher<br />
Zusammenfassung<br />
Hungersnöte und Hungerkatastrophen können als Folge einer vermin<strong>der</strong>ten Nahrungsmittelproduktion<br />
verstanden werden und damit als Folge des herrschenden<br />
Klimas o<strong>der</strong> regionaler Naturkatastrophen, wie Dürre, Überschwemmungen und<br />
Vulkanausbrüche, einerseits o<strong>der</strong> als Folge politischer Wirren und Kriege an<strong>der</strong>erseits.<br />
In naher Zukunft können Ökokatastrophen, wie <strong>der</strong> Reaktorunfall von<br />
Tschernobyl, als weitere Faktoren für die Vermin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Nahrungsmittelproduktion<br />
und damit für die Entstehung von Hungerkatastrophen dazukommen.<br />
An einzelnen Beispielen wird gezeigt, wie im Laufe <strong>der</strong> Geschichte klimatische<br />
Verän<strong>der</strong>ungen o<strong>der</strong> politische Wirren zu solchen Katastrophen geführt haben,<br />
wie diesen einerseits durch Erfindung neuer Produktionsmethoden entgegengewirkt<br />
wurde und wie an<strong>der</strong>erseits die Zuteilung von Nahrungsmitteln an die hungernde<br />
Bevölkerung als Machtmittel ausgenutzt wurde.<br />
Schlüsselwörter: Hungerkatastrophen, Nahrungsmittelproduktion, Klima, Naturkatastrophen,<br />
Weltbevölkerung, Fasten, Ökologie<br />
Summary<br />
Periods ofdearth andfamine can, on the one hand, be seen as results ofreduced<br />
foodproduction, i. e. attributed to climatic factors or regional catastrophes such as<br />
floods and volcanic eruptions; on the other hand, they can also been un<strong>der</strong>stood<br />
as results ofpolitical confusion and wars. In the nearfuture, ecological catastrophes<br />
like the reactor accident at Chernobyl may come to play a role in reduction of<br />
food productions and thus contribute tofamines. A number ofhistorical instances<br />
illustrate the roleplayed by climatic changes andpolitical confusion in such catastrophes<br />
in thepast. The invention ofnew methods of production is described as<br />
one solution. Another topic discussed is misuse offood distribution to a hungry<br />
populace as an Instrument ofpower.<br />
Key words: famines, food production, climate, natural catastrophes, world<br />
populace, fasting, ecology<br />
Resume<br />
Les disettes et les famines peuvent etre comprises comme la consequence d'une reduction<br />
de la production alimentaire et donc d'une part comme consequence du<br />
climat regnant ou de catastrophes naturelles regionales comme la secheresse, les<br />
inondations ou les eruptions volcaniques ou d'autrepart comme consequence de<br />
desordres politiques ou de guerres. Dans un avenir proche, les catastrophes ecolo-<br />
Im Gegensatz zum Fasten, bei dem in<br />
<strong>der</strong> Regel freiwilligauf die Zufuhr von<br />
Nahrung verzichtet wird, handelt es<br />
sich beim Hungern um einen Nahrungsentzug,<br />
<strong>der</strong> durch äußere Umstände<br />
aufgezwungen wird, wenn wir<br />
vom sogenannten Hungerstreik und<br />
von <strong>der</strong> Anorexia nervosa absehen.<br />
Aber auch hier geschieht dieser Nahrungsentzug<br />
nicht ganz freiwillig; im<br />
ersten Fall liegen äußere Zwänge vor,<br />
welche in den politischen o<strong>der</strong> sozialen<br />
Verhältnissen liegen; im letzteren geschieht<br />
<strong>der</strong> Verzicht infolge eines inneren<br />
Zwanges. Im folgenden soll auf<br />
diese Spezialfälle nicht eingegangen<br />
werden.<br />
Es kann sich in diesem kurzen Abriß<br />
<strong>der</strong> Geschichte des Hungerns nicht<br />
darum handeln, eine vollständige<br />
Übersicht über alle Hungerkatastrophen<br />
zu geben, die sich seit geschichtlicher<br />
Zeit abgespielt haben, son<strong>der</strong>n es<br />
soll an einzelnen Beispielen theoretisch<br />
gezeigt werden, welche Kräfte einerseits<br />
zu solchen Katastrophen geführt<br />
haben und wie sich an<strong>der</strong>erseits<br />
Hunger in <strong>der</strong> Geschichte ausgewirkt<br />
hat.<br />
Betrachten wir die Bevölkerungsentwicklung<br />
auf dem Gebiet des heutigen<br />
Frankreichs, so stellen wir fest, daß<br />
während zehntausenden von Jahren<br />
die Bevölkerungsdichte praktisch konstant<br />
war und insgesamt etwa 50 000<br />
Seelen auf diesem Gebiet lebten. Man<br />
hat Frankreich für diese Untersuchung<br />
ausgewählt, weil dieses während <strong>der</strong><br />
letzten Eiszeit nicht von Eis bedeckt<br />
war (siehe dazu: M. Ganzin, 1975).<br />
Gegen Ende dieser Periode, o<strong>der</strong> besser<br />
gesagt zu Beginn <strong>der</strong> nun eintretenden<br />
Wärmeperiode, sank die Bevölkerung<br />
auf etwa die Hälfte ab und erreichte<br />
damit einen Tiefpunkt.<br />
Gegen Ende des siebten Jahrtausends<br />
vor Christus stieg dann aber die Bevölkerungskurve<br />
steil an, lediglich unterbrochen<br />
von einer Zeit geringerer<br />
Zunahme im ersten Jahrtausend vor<br />
unserer Zeitrechnung, die mit dem<br />
Einbruch <strong>der</strong> Gallier in Verbindung<br />
gebracht wird. Um das Jahr 1000 nach<br />
286 Arztezeitschnft für Naturheilverfahren 35, 4 (1994)