Dissertation Dr. med. Ekkehard Reischle - Privatklinik Dr. Reischle
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welchen das Ringsystem sinnvoll substituiert werden kann: Die Seitenkette, die basische<br />
Aminogruppe und die Ringsubstitution. Die Seitenkette in Position 10 sollte über 3 Kohlenstoffatome<br />
und anschließend eine basische Aminogruppe verfügen, um ausreichende<br />
antipsychotische Wirksamkeit zu bewirken. Das Stickstoffatom der Seitenkette kann in das<br />
Ringsystem inkorporiert (Piperidintyp) oder als tertiärer Stickstoff (eine Bindung an die<br />
Seitenkette zum Ringmolekül) mit zwei weiteren Bindungen an Methylgruppen (Piperazintyp)<br />
vorliegen. Es lassen sich die Phenothiazine dann entsprechend der Seitenkettenstruktur<br />
einteilen in 1. aliphatische Phenothiazine (z.B. Chlorpromazin), 2. Piperidine (z.B.<br />
Thioridazin) und 3. Piperazinderivate (z.B. Fluphenazin).<br />
In Deutschland verfügbare Phenothiazinderivate sind in der antipsychotischen Therapie<br />
erprobt wie Fluphenazin, Perphenazin, Trifluperazin und Triflupromazin. Eher zur Sedierung<br />
eingesetzt, in höheren Dosen auch antipsychotisch wirkende Substanzen sind<br />
Chlorpromazin, Promazin, Thioridazin, Prothiphenidyl, Levomepromazin und Promethazin.<br />
Perazin nimmt eine Mittelstellung zwischen sedierender und antipsychotischer Wirkung<br />
ein und wird in beiden Indikationen häufig verwandt. An Depotformen liegen<br />
Fluphenazin (als Decanoat) und Perphenazin (als Enantat) vor.<br />
Chlorpromazin war das erste Antipsychotikum; der französische Chirurg Laborit gab der<br />
Firma Rhone Poulenc den Auftrag, ein neues Anästhetikum zu entwickeln. Beim Einsatz<br />
dieses „Chlorpromazins“ an ersten Patienten bemerkte Laborit 4 merkwürdige Veränderungen,<br />
welche er als „Hibernation“ und „chemische Lobotomie“ beschrieb. Die hierauf informierten<br />
Psychiater Delay und Deniker beobachteten nach Gabe von Chlorpromazin bei<br />
psychotischen Patienten psychopathologische Verbesserungen 5 . In Nachfolgestudien konnten<br />
sowohl für die Gruppe der Phenothiazine als auch für später entwickelte Antipsychotika<br />
eine signifikante Wirksamkeit in der Behandlung akuter schizophrener Psychosen nachgewiesen<br />
werden: So fassten Davis und Casper in einer Metaanalyse 207 Doppelblindstudien<br />
zusammen und fanden bei 86% der behandelten Patienten einen signifikanten Behandlungseffekt<br />
mit Phenothiazinen im Vergleich zu Barbituraten und Placebo, ähnliche<br />
Ergebnisse ergaben sich bei Baldessarini 1985 6,7 .<br />
Pharmakokinetisch werden oral verabreichte Phenothiazine nahezu vollständig resorbiert.<br />
Die orale Bioverfügbarkeit liegt bei 20%. Phenothiazine werden in der Leber metabolisiert,<br />
zusätzlich kommt es aber interindividuell zu präsystemischer Elimination im<br />
Gastrointestinaltrakt durch Metabolisierung in Darmflora und Darmwand. Im Blut liegen<br />
Phenothiazine mit weniger als 10% ungebunden vor. Nur dieser freie Wirkstoff passiert die<br />
Blut-Hirn Schranke. Der Abbau durch Desalkylierung und Oxidation erfolgt sowohl am<br />
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