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Montag 28. Dezember 2009 - Schweizer Jäger

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Von Marco Giacometti,<br />

Geschäftsführer von JagdSchweiz,<br />

www.jagdschweiz.org<br />

Die Tagung entwickelte sich<br />

trotz des manchmal kontrovers<br />

diskutierten Themas in einer ausgesprochen<br />

sachlichen und emotionsneutralen<br />

Stimmung. Es<br />

Es kamen Vor- und Nachteile der zur<br />

Anwendung kommenden Strategien<br />

zur Sprache, was manch einen zu einer<br />

neuen Standortbestimmung angeregt<br />

haben mag.<br />

wurde nicht nach Patentlösungen<br />

gerungen. Vielmehr kamen Vor-<br />

und Nachteile der in Österreich,<br />

Bayern, Liechtenstein und Graubünden<br />

zur Anwendung kommenden<br />

Strategien zur Sprache,<br />

was manch einen zu einer neuen<br />

Standortbestimmung angeregt haben<br />

mag.<br />

In Dornbirn wurde ein guter<br />

Überblick über die derzeit in den<br />

zentralen und östlichen Alpen zur<br />

Anwendung kommenden Überwinterungsstrategien<br />

des Rotwildes,<br />

mit und ohne Fütterung,<br />

geboten. Es ging von Überwinterungsbeispielen<br />

in einem bayrischen<br />

Nationalpark mit Winterfütterung<br />

über Grossfütterungen<br />

in der Steiermark bis zur Tristenlösung<br />

im Fürstentum Liechtenstein<br />

und zur Minimalvariante<br />

aus Graubünden. Die Vorarbeit<br />

von Tagungskoordinator Fritz<br />

Völk hat sich gelohnt: alle Referenten<br />

aus der Praxis hatten verstanden,<br />

dass es nicht darum gehen<br />

soll, die Anderen von der<br />

eigenen Lösung überzeugen zu<br />

wollen, sondern das eingesetzte<br />

Modell, mit Vor- und Nachteilen,<br />

vorzustellen. So wurden die<br />

einzelnen Beispiele meist ausgesprochen<br />

transparent und selbstkritisch<br />

vorgetragen.<br />

Bestandesanpassung<br />

ist Voraussetzung<br />

Die Zuhörerinnen und Zuhörer<br />

haben erkannt, dass die unterschiedlichenRahmenbedingungen<br />

verschiedene Ansätze<br />

zulassen müssen und dass es vor-<br />

ab um Zielvorgaben geht. Diese<br />

richten sich nach den klimatischen<br />

Bedingungen, den Jagdrechtssystemen,<br />

den wirtschaftlichen<br />

Vorgaben, den Ansprüchen der<br />

Gesellschaft und der Grundeigentümer<br />

an den Wald sowie nach der<br />

Nutzung der Wildeinstände durch<br />

Erholungssuchende.<br />

Von der Forschung kam der<br />

Hinweis, im Einstandsbereich<br />

von Winterfütterungen würden<br />

oft Wildschäden konzentriert entstehen.<br />

Die Problemlösung alleine<br />

auf die Optimierung der Fütterung<br />

auszurichten, sei aber nicht<br />

zielführend. «Auch die Anpassung<br />

des Wildstandes und forstliche<br />

Massnahmen sind gefragt;<br />

das Überwinterungskonzept darf<br />

niemals isoliert behandelt werden,<br />

da es nur Teil des Gesamtmanagements<br />

des Wildes ist»,<br />

so Friedrich Reimoser. Bei der<br />

Wildschadensvermeidung werde<br />

«Die Umsetzung von Massnahmen<br />

liegt bei den Menschen, dies erfordert<br />

Akzeptanz.»<br />

die Rolle der Fütterung oft überschätzt.<br />

Die Bestandeshöhe ist<br />

wichtiger; mangelnder Abschuss<br />

ist häufig der Grund für das Auftreten<br />

von Wildschäden und von<br />

erhöhten Fallwildzahlen.<br />

Die Ansätze aus Graubünden<br />

und Liechtenstein<br />

Nach Georg Brosi ist es in unserer<br />

intensiv genutzten Kulturlandschaft<br />

von zentraler Bedeutung,<br />

dem Wild Lebensraum<br />

zurück zu geben. Deshalb kommt<br />

«Was Gämse und Steinwild können,<br />

kann das Rotwild auch.»<br />

in Graubünden der Ausscheidung<br />

von Gebieten mit periodisch befristeten<br />

Begehungsverboten (Ruhezonen)<br />

grosse Bedeutung zu.<br />

Ruhezonen sind auch als Instrument<br />

der Lenkung zu sehen, da<br />

sich das Wild gerne dort aufhält,<br />

wo es nicht gestört wird. Mit dem<br />

gewählten Modell der Nicht-Fütterung<br />

muss in Graubünden der<br />

Wildbestand auf ein tieferes Niveau<br />

eingependelt werden. «Was<br />

Gämse und Steinwild können,<br />

kann das Rotwild auch», so Brosi.<br />

Gleichwohl kann es in ausserordentlich<br />

harten Wintern zu einer<br />

erhöhten Fallwildquote kommen,<br />

wie dies kürzlich in Teilen des<br />

Kantons geschehen ist.<br />

Felix Näscher zeigte beim<br />

Liechtensteiner Tristenkonzept<br />

im Sinne einer Notfütterung auf,<br />

dass die grossräumigere Verteilung<br />

des Rotwildes nicht durch<br />

Vorlage zu attraktiver Futtermittel<br />

beeinflusst werden darf. Rotwild<br />

soll dort überwintern, wo<br />

das Klima günstig ist, die Gelän-<br />

deform geeignet ist, die Einstände<br />

gut sind und Ruhe vorherrscht. In<br />

diesem Land, in dem die Behörde<br />

über die Nutzung des Wildes<br />

und des Waldes verfügen kann, ist<br />

man von einer intensiven Winterfütterung<br />

weg gekommen. Diese<br />

früher angewandte Praxis ist ersetzt<br />

worden durch die Notfuttervorlage<br />

in der zweiten Winterhälfte.<br />

Näscher sagte: «Extreme<br />

Winterbedingungen können durch<br />

die Notfuttervorlage von Magerheu<br />

überbrückt werden».<br />

Die wichtige Rolle des Dialogs<br />

Was an der Dornbirner Tagung<br />

zum Teil offen geblieben ist, sind<br />

Beweise für die Einhaltung von<br />

Zielvorgaben, einzelne Begriffsdefinitionen<br />

(Stichwort «Notfütterung»)<br />

und Massnahmenkonzepte<br />

bei unkontrollierten Wildlenkungen<br />

durch behördlich nicht bewilligten<br />

Kleinfütterungen und bei<br />

ausserordentlich strengen Wintern.<br />

Die künstliche Anbindung<br />

von Rotwild in hoch gelegenen,<br />

schneereichen Tälern durch die<br />

Tolerierung von falsch platzierten<br />

und ungenügend betriebenen<br />

Fütterungsstandorten ist nämlich<br />

unerwünscht. Nicht nur im Bereich<br />

der Kommunikation ist die<br />

enge Zusammenarbeit zwischen<br />

den Behörden und der <strong>Jäger</strong>schaft<br />

notwendig. Auch bei der Erarbeitung<br />

von Überwinterungsstrategien<br />

macht es Sinn, die Zielvorgaben<br />

und die Massnahmen<br />

miteinander zu diskutieren. «Die<br />

Umsetzung von Massnahmen<br />

liegt bei den Menschen, dies erfordert<br />

Akzeptanz», wie Friedrich<br />

Reimoser in seinen Schlussfolgerungen<br />

erinnerte. ■<br />

<strong>Schweizer</strong> <strong>Jäger</strong> 12/<strong>2009</strong> 15<br />

Monatsthema

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