Montag 28. Dezember 2009 - Schweizer Jäger
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Bund und Kantone<br />
BE<br />
Ökumenischer<br />
<strong>Jäger</strong>gottesdienst in der<br />
Michaelkirche Meiringen,<br />
15. November <strong>2009</strong><br />
Zum 6. Mal sorgten die<br />
Jagdhornbläsergruppe Oberhasli<br />
und das <strong>Jäger</strong>chörli<br />
Oberhasli gemeinsam über<br />
die Kantonsgrenze hinweg<br />
mit den Obwaldner Jagdhornbläsern<br />
für die feierliche Untermalung<br />
des Gottesdienstes,<br />
den Radio Berner Oberland<br />
Beo aufzeichnete und 2010<br />
oder 2011 senden wird.<br />
Vor der herrlichen Kulisse<br />
des alljährlichen Kirchenschmuckes<br />
mit meterhohen<br />
Nadel- und herbstlich bunt gefärbten<br />
Laubbäumen stimmten<br />
die beiden Jagdhornbläsergruppen<br />
mit «Das Ganze – Das<br />
Hohe Wecken – Introitus» den<br />
Gottesdienst ein.<br />
Und dann nahmen Hanspeter<br />
Imobersteg, reformierter<br />
Pfarrer in Meiringen, sein<br />
methodistischer Amtskollege<br />
Ernst Schär aus Interlaken<br />
und der römisch-katholische<br />
Pfarreileiter Dirk Günther aus<br />
Lungern die über 800 Anwesenden<br />
mit auf Spurensuche.<br />
Doch diese will gelernt sein,<br />
soll kein Indiz beim Aufspü-<br />
68 <strong>Schweizer</strong> <strong>Jäger</strong> 12/<strong>2009</strong><br />
«Spurensuche»<br />
in Meiringen<br />
<strong>Jäger</strong>gottesdienst in der Michaelkirche Meiringen.<br />
ren von Bösewichten übersehen<br />
werden, womit Pfarrer<br />
Imobersteg auf die beiden<br />
Spürnasen und Weltverbesserer<br />
Old Shatterhand und Winnetou<br />
hinweist. Die Übung<br />
macht es, dass <strong>Jäger</strong> und Hund<br />
das Jagen weidgerecht betreiben<br />
und nicht blindwütig vorgehen,<br />
von ihrem Wolfsinstinkt,<br />
ihrer Macht und Gier<br />
beherrscht. Der Hund übt Gehorsam<br />
und lernt, sich nicht<br />
auf die Beute zu stürzen, sie<br />
zu zerfetzen. Die feinnervi-<br />
ge Hundenase spürt das Wild<br />
auf und weist den <strong>Jäger</strong> hin<br />
zum hegenden Abschuss. Der<br />
Wolf schlummert auch in uns.<br />
Lernt der Mensch nicht, seinen<br />
Wolfs instinkt, seine Eigeninteressen<br />
rücksichtslos auf Kosten<br />
anderer durchzusetzen, zu<br />
zügeln, ist das verheerend fürs<br />
Zusammenleben, wie Wirtschafts-<br />
und Finanzkrise zeigen.<br />
Im Psalm 37 rät bereits<br />
der alttestamentarische David<br />
zu Gelassenheit, auch wenn’s<br />
mal nicht so rund läuft. Im<br />
Glauben, Vertrauen und in der<br />
Achtung der Schöpfung liegen<br />
Segen und Heil, ein Wort, das<br />
aus dem Gotischen kommt,<br />
und «ganzheitliches Wohl»<br />
bedeutet, etwas, den die Oberhasler<br />
Jagdhornbläser sich und<br />
den anderen mit «Weidmannsheil»<br />
wünschen.<br />
«Und wir alle stehen einst<br />
vor dem Richterstuhl Gottes,<br />
um zu bekommen, was jeder<br />
verdient, für das, was er bei<br />
Lebzeiten getan hat, sei es gut<br />
oder böse.»<br />
Damit leitete Pfarrer Schär<br />
seine Betrachtungen mit dem<br />
Zitat aus einem Brief Paulus<br />
an die Korinther ein und ergänzt:<br />
«Der Test wird zum<br />
Fest» bei der Spurensuche. Es<br />
geht um die Prüfung unseres<br />
Verhaltens gegenüber anderen<br />
Menschen, mit denen wir es ja<br />
ständig zu tun haben, Spurensuche<br />
beim Umgang mit ih-<br />
nen. Lassen wir die Muskeln<br />
spielen? Milde walten? Wie<br />
sehen wir uns im Spiegel unseres<br />
Umfeldes, und wie werden<br />
wir gesehen? Test vor dem<br />
Richterstuhl, dem Prüfstand<br />
Gottes, bestanden? Haben wir<br />
uns auf unserer Tal- und Bergfahrt<br />
des Lebens bewährt, wird<br />
uns vor dem Richterstuhl vergeben<br />
werden? Dann wird der<br />
Test zum Fest.<br />
Und welche Rolle spielt<br />
nun die Kirche dabei, wenn<br />
es mit dem Test nicht so recht<br />
klappt?<br />
Pfarrer Günther spinnt den<br />
Faden mit dem Gedanken Ezechiels<br />
weiter.<br />
Der gute Hirte hat sich bei<br />
Wind und Wetter um seine<br />
Schafe zu kümmern, er erfüllt<br />
seine Aufgabe auf der Weide,<br />
draussen, unzimperlich, anpackend.<br />
Die Kirche, eigentliche<br />
Seelsorge, betreibt ihr<br />
Kerngeschäft längst drinnen,<br />
und vielen Menschen sagt ein<br />
Kirchgang heute nichts mehr,<br />
draussen jedoch spürten sie<br />
eine tiefe Gottverbundenheit:<br />
Spurensuche.<br />
Achtung vor der Schöpfung<br />
heisst Achtung vor dem<br />
Mitgeschöpf. Der Mensch ist<br />
ein Teil von ihr – neben anderen<br />
Geschöpfen. Und Gott ist<br />
in allem, was lebt und stirbt.<br />
Das Geschick der Menschen<br />
gleicht dem Geschick der Tiere.<br />
Der Mensch hat nichts<br />
dem Tier voraus. Hirten müssen<br />
handeln, wollen sie ihren<br />
Schafen helfen, können sich<br />
nicht in Debatten verlieren.<br />
Bewegt sich die Kirche, um<br />
ihre Schafe zu retten? Rennt<br />
sie hinter den Verirrten her,<br />
um sie heim in den Stall zu holen?<br />
Sie muss sich raus wagen,<br />
statt hinter verschlossenen Türen<br />
fromme Nabelschau zu betreiben,<br />
will sie die Hilferufe<br />
von draussen überhaupt hören.<br />
Sonst werfen sich die Hilfesuchenden<br />
obskuren Heilsverkündern<br />
an den Hals statt an<br />
die Brust der Alma Mater.<br />
Die Kirche muss unkonventionelle<br />
Wege gehen, sich raus<br />
wagen, in den Stall gehen,<br />
Schmutz und Geruch nicht<br />
scheuen, will sie nicht selber<br />
auf der Strecke bleiben.<br />
Die Obwaldner Bläser blasen<br />
das «Sanctus», beide<br />
Gruppen gemeinsam den «Hubertusmarsch»,<br />
und das <strong>Jäger</strong>chörli<br />
besingt «Den <strong>Jäger</strong> in<br />
dem Grünen Wald», so wie<br />
«Nach dem Berge».<br />
Nach dem Segen der Dreieinigkeit<br />
und der «Echofanfare»<br />
als Zugabe, folgte nun<br />
schon traditionsgemäss der<br />
Apéro im Kirchgemeindehaus,<br />
organisiert vom Jagdverein<br />
Oberhasli JVO und offeriert<br />
von der Kirchgemeinde<br />
Meiringen, der Garage Wenger,<br />
Interlaken und dem JVO<br />
und das alles bei Hörnerklang<br />
und Jagdgesang, fein abgeschmeckt<br />
mit einer gehörigen<br />
Portion Hirschsalami.<br />
Gisela Straub, Meiringen