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Montag 28. Dezember 2009 - Schweizer Jäger

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Foto: Nina Hemmi<br />

JAGDHUNDEERZIEHUNG<br />

vor 60 Jahren<br />

Bin bald 80. Beim Lesen<br />

Ihrer Zeitschrift kommen manche<br />

schönen, lustigen Erinnerungen<br />

hoch an meinen Bruder<br />

und seine Jagdkameraden.<br />

Nachfolgend eine Geschichte,<br />

die mir besonders in Erinnerung<br />

geblieben ist:<br />

Es ist schon nach Mitternacht,<br />

ich liege im Bett meines<br />

Bruders. Wenn er dann<br />

mal heimkommt, muss ich ins<br />

«Gräbli» im Ehebett, mangels<br />

eines Gästezimmers. Bin 18<br />

Jahre alt. Meine Schwägerin<br />

schimpft seit mehr als einer<br />

Stunde über ihren wahnsinnig<br />

gewordenen Mann. Seit er<br />

vor ein paar Tagen seinen ersten<br />

Keiler erlegt hat, kommt<br />

er aus dem Feiern nicht mehr<br />

heraus. «Horch, er kommt, ich<br />

hör die Hunde!»<br />

Und wirklich, auf dem<br />

Flur hört man einen gut gelaunten<br />

<strong>Jäger</strong>. Er singt «Wo<br />

der Wildbach rauscht», während<br />

er den Hunden Wasser<br />

gibt – zwei Dackel, Lumpi 6<br />

Jahre und Waldeli 1 Jahr alt.<br />

Dann gehts in die gute Stube<br />

gleich neben dem Schlafzimmer.<br />

Lumpi geht gleich auf<br />

seinen Schlafplatz, Opas Ohrensessel,<br />

Klein-Waldeli hat<br />

sein Körbchen hinter dem Kachelofen,<br />

wo er zärtlich hinein<br />

komplementiert wird. Kurt erklärt<br />

ihm, dass man Morgen<br />

Büsi suchen geht. Kläffend<br />

springt er aus dem Körbchen,<br />

Kurt buxiert ihn wieder hinein,<br />

beruhigt ihn mit viel Streicheleinheiten.<br />

Lumpi weiss schon<br />

lange, was Morgen heisst und<br />

rührt sich nicht von seinem<br />

Plätzchen. Kurt versucht ein<br />

zweites Mal, dem Kleinen das<br />

Wort «Morgen» beizubringen,<br />

vergeblich. So gehts 5, 6 Mal<br />

– Waldeli rennt kläffend in der<br />

Stube herum, er will jetzt Büsi<br />

suchen gehen.<br />

Nun brennt bei meiner<br />

Schwägerin die Sicherung<br />

durch. Wütend steuert sie im<br />

wehenden Nachthemd in die<br />

Stube, macht sich richtig Luft,<br />

dass man ja nicht schlafen<br />

könne bei dem Affentheater,<br />

auch deine Schwester möchte<br />

schlafen. Kurt kommt ins<br />

Schlafzimmer, Waldeli springt<br />

aufs Bett, begrüsst mich stürmisch.<br />

Kurt fragt mich «Willst<br />

du schlafen oder kommst du<br />

mit, wir gehen schon heute<br />

Büsi suchen!»<br />

Waldeli bellt aufgeregt in<br />

der Wohnung herum. Während<br />

ich meine warmen Wintersachen<br />

anziehe, schaut mich<br />

Lumpi fragend an – muss das<br />

sein, ich hab doch noch gar<br />

nicht richtig geschlafen.<br />

Lumpi darf auf dem Beifahrersitz,<br />

eingewickelt in eine<br />

warme Decke, weiterschlafen.<br />

Ich lege mich mit Waldeli<br />

nach hinten. Kurt deckt<br />

uns mit warmen Decken zu.<br />

Wir verschlafen alle drei den<br />

Gernzübertritt nach Vorarlberg,<br />

wo Kurt Pächter eines<br />

schönen Reviers im kleinen<br />

Walsertal war. Nach drei Tagen,<br />

nach dem Abschuss eines<br />

12-Enders, fuhren wir – ich an<br />

meine Arbeitsstelle und Kurt<br />

in sein trautes Heim.<br />

Leider erfuhr ich nicht, wie<br />

lange es dauerte, bis auch Waldeli<br />

kapierte, was «Morgen»<br />

heisst. Esther Knorr<br />

<strong>Schweizer</strong> <strong>Jäger</strong> 12/<strong>2009</strong> 29<br />

Jagdgeschichten

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