DIN – der Verlag heißt Beuth. - Baukammer Berlin
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<strong>der</strong>, an<strong>der</strong>s als Eisen, auch Zugkräfte<br />
aufnehmen kann - aber den Nachteil hat,<br />
schneller zu rosten und sich dabei auszudehnen,<br />
mit <strong>der</strong> Folge, dass enorme<br />
Kräfte entstehen, die angrenzende Gussteile<br />
brechen lassen.<br />
Die von den Karlsruher Sanierungsexperten<br />
schon vor zwei Jahren vorgelegte<br />
Schadensbilanz weist daher vor allem<br />
Brüche in <strong>der</strong> Tragwerks-Konstruktion<br />
auf. Dazu kommen Korrosionsmängel an<br />
den Oberflächen <strong>der</strong> Gussteile. All diese<br />
Schäden in den Griff zu bekommen ist<br />
mit einigem Aufwand verbunden, wenn<br />
man an dem Bauwerk nicht nur “herumwursteln”,<br />
son<strong>der</strong>n es grundlegend<br />
sanieren und für die nähere Zukunft<br />
erhalten will. Dabei sollen nicht etwa<br />
defekte Teile ausgebaut und gegen neue<br />
getauscht werden. Vielmehr gilt es, den<br />
Bau möglichst in seinen Originalmaterialien<br />
und damit als Zeitdokument zu erhalten.<br />
Gebrochene Streben will man daher<br />
klammern und etwa mit Schraubverbindungen<br />
sichern. Auch das aus dem<br />
Maschinenbau bekannte und beim<br />
Reparieren großer Gussteile erprobte<br />
“Metalock”-Verfahren will man einsetzten.<br />
Dabei werden die Bauteile mit Hilfe<br />
von hantelförmigen Keilen aus speziellen<br />
Nickellegierungen verbunden. Es handelt<br />
sich um ein “Kalt”-Verfahren, so<br />
dass Hitzespannungen und Verformungen<br />
vermieden werden, wie sie etwa<br />
beim Schweißen unweigerlich auftreten.<br />
Die Sayner Gießhalle in den Rang eines<br />
Wahrzeichens <strong>der</strong> Ingenierbaukunst zu<br />
erheben rechtfertigt allein schon ihre einzigartige<br />
Entstehungsgeschichte: denn<br />
als sie gebaut wurde, existierte noch kein<br />
vergleichbares Gebäude, an dem man<br />
sich hätte orientieren können. Man betrat<br />
absolutes Neuland und für ihren Schöpfer,<br />
den Königlich-Preußischen Hütteninspektor<br />
Karl Ludwig Althaus, lag es<br />
daher nahe, das Material zu wählen, bei<br />
dem er sich auskannte und das in <strong>der</strong><br />
neuen Halle verarbeitet werden sollte.<br />
Zudem hatte dieses Vorgehen den Vorteil,<br />
gleich die Leistungsfähigkeit <strong>der</strong><br />
Hütte unter Beweis stellen zu können.<br />
Zudem - und auch das war wichtig -<br />
musste ein brand- und feuersicheres<br />
Material gewählt werden. Holz schied<br />
damit von vorneherein aus.<br />
Althaus entschied sich für das nur geringe<br />
Zugkräfte aushaltende Gusseisen, so<br />
dass er sich, um keine Risiken einzugehen,<br />
beim Auslegen des Tragwerks an<br />
den Formen einer aus Stein gebauten<br />
gotischen Kirche orientierte. So sollen<br />
die Abteikirchen aus dem Wirkungskreis<br />
von Althaus in Altenberg und Marienstatt<br />
Pate gestanden haben - und die als<br />
beson<strong>der</strong>s harmonisch geltende Westfront<br />
<strong>der</strong> Halle wesentlich mitbestimmt<br />
haben. So entstanden die schwungvoll<br />
nach unten gezogenen Fensterteiler<br />
nicht aus ästhetischen Motiven, vielmehr<br />
galt es, eine Konstruktion zu finden, die<br />
weitgehend alle Kräfte über vertikale<br />
Stützen und Pfeiler nach unten abführt.<br />
Alle Teile wurden an Ort und Stelle hergestellt.<br />
So auch die 18 massigen, fast sieben<br />
Tonnen schweren und den Innenraum<br />
dominierenden Hohlsäulen, auf<br />
denen die längs verlaufenden Hauptträger<br />
des Daches ruhen. Sie sind mit den<br />
Säulen nur zusammengesteckt, Schrauben<br />
o<strong>der</strong> Nieten fehlen, was den Bau von<br />
Kammerarbeit · Berufspolitik<br />
Anfang an sehr “weich” gemacht hat. So<br />
sind Pendelbewegungen von bis zu acht<br />
Zentimetern in Längsrichtung verbrieft,<br />
die man erst in den Griff bekam, als man<br />
in den siebziger Jahren des vergangenen<br />
Jahrhun<strong>der</strong>ts die Längsträger an dem an<br />
<strong>der</strong> Rückseite <strong>der</strong> Halle stehenden Hochofen<br />
festgemacht hatte.<br />
Auch einen Laufkran hatte man gleich zu<br />
Beginn eingebaut. Mit ihm konnte das<br />
flüssige Roheisen zu den jeweiligen<br />
Gießstellen transportiert werden. Technikgeschichte<br />
haben jedoch die teilweise<br />
heute noch vorhandenen Schwenkkräne<br />
an den Säulen gemacht, mit denen man<br />
die mit flüssigem Eisen gefüllten Töpfe<br />
aus <strong>der</strong> Hallenmitte in <strong>der</strong>en Seitenschiffe<br />
heben konnte. Denn diese vier Tonnen<br />
<strong>Baukammer</strong> <strong>Berlin</strong> 3/2010 | 27