DIN – der Verlag heißt Beuth. - Baukammer Berlin
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Baugeschehen<br />
Jahrelang war <strong>der</strong> Alte Schlachthof an<br />
<strong>der</strong> Grenze von Prenzlauer Berg und<br />
Friedrichshain ein Problem-Standort.<br />
Projekte scheiterten, Investoren fehlten.<br />
In den letzten Jahren jedoch hat dort ein<br />
überraschen<strong>der</strong> Bauboom eingesetzt.<br />
Der «Central-Vieh- und Schlachthof»<br />
wurde 1881 eröffnet, als hygienische<br />
Alternative zu den Hinterhof-Metzgereien<br />
<strong>der</strong> damaligen Zeit. Er war bis 1991 in<br />
Betrieb, denn nach dem Krieg wurde <strong>der</strong><br />
Schlachthof als volkseigener Betrieb<br />
weitergeführt und versorgte zu DDR-Zeiten<br />
ganz Ostberlin mit Fleisch. Doch mit<br />
<strong>der</strong> Stilllegung des Schlachtbetriebs<br />
wurde das Gelände Anfang <strong>der</strong> 1990er<br />
Jahre zur Brache. Ein Projekt nach dem<br />
an<strong>der</strong>en scheiterte. Für die Olympia-<br />
Bewerbung 2000 hätte auf dem Areal<br />
das Mediendorf gebaut werden sollen,<br />
doch dann wurde die Olympiade an Sydney<br />
vergeben. Als die Wachstumsprognosen<br />
Anfang <strong>der</strong> 1990er Jahre davon<br />
ausgingen, dass über eine Million Menschen<br />
nach <strong>Berlin</strong> ziehen würden und<br />
daher ein Bedarf an 350 000 zusätzlichen<br />
Wohnungen entstehen werde, bestimmte<br />
<strong>der</strong> Senat fünf Entwicklungsgebiete,<br />
zu denen auch <strong>der</strong> Alte Schlachthof<br />
gehörte. Der <strong>Berlin</strong>er Senat erschloss<br />
das Gelände für die Bebauung, doch<br />
ungeklärte Eigentumsfragen und For<strong>der</strong>ungen<br />
des Denkmalschutzes erschwerten<br />
die Vermarktung.<br />
Foto: Dawin Meckel/Ostkreuz<br />
44 | <strong>Baukammer</strong> <strong>Berlin</strong> 3/2010<br />
Ein Paradies des normierten Individualismus<br />
Am Alten Schlachthof entsteht in <strong>Berlin</strong> ein neues Stadtviertel<br />
Sieglinde Geisel<br />
Wechselnde Pläne<br />
Als <strong>der</strong> Immobilienmarkt ab Mitte <strong>der</strong><br />
1990er Jahre einbrach, weil die Stadt<br />
Einwohner verlor, fanden sich trotz günstiger<br />
Lage keine Investoren, und die<br />
Zielvorgabe von 2700 Wohnungen wurde<br />
auf 1300 reduziert. Die denkmalgeschützte<br />
Rin<strong>der</strong>auktionshalle, das Wahrzeichen<br />
des Geländes, hätte bei <strong>der</strong><br />
Olympia-Planung die Kantine beherbergen<br />
sollen; danach war eine «Zunfthalle»<br />
mit Einzelhandelsgeschäften und Manufakturen<br />
geplant, dann ein Wellness-Zentrum<br />
mit Pool. Dies zumindest verkünde-<br />
Foto: Dawin Meckel/Ostkreuz<br />
ten jeweils die Plakate neben dem langgestreckten<br />
Bau. Doch nichts geschah.<br />
Einzig die vor<strong>der</strong>en Backsteingebäude,<br />
in denen einst die Verwaltung des<br />
Schlachthofs untergebracht war, wurden<br />
renoviert und an einen Supermarkt und<br />
an<strong>der</strong>es Gewerbe vermietet.<br />
Doch nun scheint <strong>der</strong> Bann gelöst: In<br />
je<strong>der</strong> Ecke wird gebaut, und sogar die<br />
217 Meter lange Rin<strong>der</strong>auktionshalle hat<br />
einen Investor gefunden, <strong>der</strong> hier ein<br />
Zweirad-Center eröffnen will. Gegenwärtig<br />
wird die Halle entkernt: Die hässliche<br />
Wellblechverkleidung ist nur noch an<br />
wenigen Stellen zu sehen, und nun kommen<br />
die 320 gusseisernen Säulen zum<br />
Vorschein, auf denen das Stahlgerüst<br />
ruht – eine bestechende Kombination<br />
von Eleganz und Wucht.<br />
«Zur Innung», «Zur Börse», «Viehtrift», so<br />
lauten die alten Namen <strong>der</strong> neuen Strassen,<br />
denn die Wegführung des Schlachthofs<br />
wird beibehalten, so eine For<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Baubehörde. Die Neubauten allerdings,<br />
an denen man nun entlangspaziert,<br />
haben mit <strong>der</strong> rauen Schlachthofwelt<br />
<strong>der</strong> wenigen historischen Bauten<br />
nichts zu tun. Die freigelegte Rin<strong>der</strong>auktionshalle<br />
lässt an Mandelstams Satz<br />
denken, dass <strong>der</strong> Bau «den Raum hypnotisiert»<br />
– davon kann bei den schmalen,<br />
hohen Reihenhäusern keine Rede<br />
sein. Mit ihren winzigen Vorgärten und<br />
ihren Garagen in Schuhkarton-Form wirken<br />
sie glatt und harmlos. Man findet sich