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d - Historische Gesellschaft der Deutschen Bank e.V.

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Bericht des Vorstandes<br />

Konjunkturelle Talfahrt Wachstumsvermin<strong>der</strong>ung bis nahe an die Nullgrenze<br />

Das Konjunkturklima in <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutsch-<br />

land hat sich 1974 nachhaltig abgekühlt. Zu dieser Ent-<br />

wicklung haben die anhaltende Kosteninflation und die<br />

zu ihrer Bekämpfung notwendigen Stabilisierungsmaß-<br />

nahmen wesentlich beigetragen. Hinzu kamen die aus<br />

<strong>der</strong> extremen Olpreiserhohung herrührenden binnen-<br />

und weltwirtschaftlichen Schwierigkeiten. Noch Anfang<br />

des Jahres schien es zu einer Belebung zu kommen,<br />

nachdem die Bundesregierung im Dezember 1973 die<br />

Son<strong>der</strong>steuer auf Investitionen und die Beschränkungen<br />

für Abschreibungen aufgehoben hatte. Der Anstieg <strong>der</strong><br />

inländischen Nachfrage nach Investitionsgütern erwies<br />

sich jedoch schon im Frühjahr als Strohfeuer.<br />

Seit <strong>der</strong> Jahresmitte nahm die konjunkturelle Aktivität<br />

immer mehr ab. Die geschäftlichen Aussichten für die<br />

Unternehmen verschlechterten sich von Monat zu Mo-<br />

nat. Die übliche saisonale Belebung nach den Sommer-<br />

ferien blieb aus. Im Herbst verloren auch die von <strong>der</strong><br />

Auslandsnachfrage ausgehenden Impulse deutlich an<br />

Kraft. Die Jahreswende stand im Zeichen einer Rezes-<br />

sion, vor allem im industriellen Bereich. Die Arbeitslosig-<br />

keitnahm beschleunigt zu. Ende des Jahres näherte sich<br />

die Zahl <strong>der</strong> Arbeitslosen einer Million, gleichzeitig stell-<br />

te sich die Zahl <strong>der</strong> Kurzarbeiter auf über 700000, und<br />

die Zahl <strong>der</strong> Gastarbeiter ging um etwa 10% zurück. Im<br />

Januar 1975 kletterte die Zahl <strong>der</strong> Arbeitslosen auf 1,15<br />

Millionen und die <strong>der</strong> Kurzarbeiter auf 900 600.<br />

Im Kampf gegen die Inflationstendenzen, die nach <strong>der</strong><br />

Olpreiserhöhung noch zusätzlichen Auftrieb erhielten,<br />

zeichneten sich im Laufe des Jahres erste bescheidene<br />

Erfolge ab. Um diese nicht zu gefährden, nahm die Bun-<br />

desregierung trotz zahlreicher an<strong>der</strong>sgerichteter Emp-<br />

fehlungen die zunehmende Konjunkturabkühlung in<br />

Kauf. Im Dezember entschloß sie sich jedoch zu einem<br />

umfassenden Konjunkturför<strong>der</strong>ungsprogramm, in des-<br />

sen Rahmen 8 bis 10 Milliarden DM eingesetzt werden<br />

sollen.<br />

Ohne das Stabilitätsziel aufzugeben, richtete die Re-<br />

gierung das Schwergewicht ihrer Wirtschaftspolitik wie-<br />

<strong>der</strong> stärker auf die Erhaltung <strong>der</strong> Arbeitsplätze. Eine Be-<br />

lebung <strong>der</strong> Investitionstätigkeit wurde als die entschei-<br />

dende konjunkturpolitische Aufgabe erkannt.<br />

Das Bruttosozialprodukt kam 1974 erstmals an eine<br />

Billion DM heran. Es erhöhte sich damit nominell um<br />

7%, im Vergleich zu 11,5% im Vorjahr. Der Zuwachs war<br />

jedoch fast ausschließlich auf den Preisanstieg zurück-<br />

zuführen. Real nahm das Sozialprodukt lediglich um<br />

rund ein halbes Prozent zu. 1973 hatte es sich dagegen<br />

noch um real 5,3% ausgeweitet.<br />

Die Industrie mußte einen Produktionsrückgang von<br />

1,5% hinnehmen. Dieser Schrumpfungsprozeß wurde<br />

nur durch das Wachstum in den Dienstleistungsberei-<br />

chen ausgeglichen. Bis in den Herbst hinein zeigte die<br />

Wirtschaft alle Merkmale einer ,,gespaltenen Konjunk-<br />

tur". Wirtschaftszweige mit hohem Auslandsabsatz, wie<br />

die Chemie o<strong>der</strong> die Stahlerzeugung, entwickelten sich<br />

wesentlich günstiger als solche, die vorwiegend für den<br />

lnlandsmarkt tätig sind. Die stark exportintensive Auto-<br />

mobilindustrie bildete dabei eine gewichtige Ausnahme.<br />

Sie wurde ebenso wie die Bauwirtschafi konjunkturell<br />

und strukturell stark betroffen. In <strong>der</strong> Folge gerieten<br />

auch die mit diesen Branchen zusammenhängenden<br />

Zweige in die Abwärtsbewegung hinein. Allein in <strong>der</strong><br />

Bauwirtschaft gingen über 200 000 Arbeitsplätze verlo-<br />

ren.<br />

In den letzten Monaten des Jahres schwächte sich<br />

dann die Nachfrage auch in den Bereichen deutlich ab,<br />

die bis dahin auf <strong>der</strong> Sonnenseite <strong>der</strong> Konjunktur ge-<br />

standen hatten, ohne daß damit jedoch das gute Jahres-<br />

ergebnis <strong>der</strong> betreffenden Firmen noch entscheidend<br />

beeinträchtigt wurde.<br />

Preisauftrieb gebremst<br />

Durch die konsequente Politik <strong>der</strong> Bundesbank gelang<br />

es 1974, eine weitere Beschleunigung <strong>der</strong> Geldentwer-<br />

tung zu verhin<strong>der</strong>n. Noch Anfang des Jahres bestand die<br />

Gefahr, daß die Inflationsrate, verstärkt durch den Schub<br />

<strong>der</strong> Ulpreise, die 10%-Schwelle erreichen o<strong>der</strong> gar über-<br />

schreiten könnte.<br />

Seit dem Frühjahr blieb die Jahressteigerungsrate <strong>der</strong><br />

Lebenshaltungskosten bei etwa 7% stehen. Dieser An-<br />

fangserfolg <strong>der</strong> Stabilitätspolitik erschien jedoch noch<br />

keineswegs gesichert, da die Auftriebskräfte von <strong>der</strong> Ko-<br />

stenseite, insbeson<strong>der</strong>e bei den Löhnen und Gehältern,<br />

anhielten. Auf die Lohnabschlüsse <strong>der</strong> Tarifpartner blieb

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