d - Historische Gesellschaft der Deutschen Bank e.V.
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tional als Hauptfeind eines gesicherten Wachstums er-<br />
kannt - allerdings erst zu einem Zeitpunkt, in dem eine<br />
konsequente Stabilitätspolitik bereits erhebliche Opfer<br />
erfor<strong>der</strong>te und ein schneller Erfolg nicht mehr zu erwar-<br />
ten war.<br />
In den meisten Industrielän<strong>der</strong>n verstärkten sich nach<br />
<strong>der</strong> Jahresmitte 1974 rezessive Tendenzen und Befürch-<br />
tungen. Die Sorge um Beschäftigung und Produktion<br />
rückte in den Vor<strong>der</strong>grund. Das alles war begleitet von<br />
Leistungsbilanzdefiziten in zuvor nie gekannten Größen-<br />
ordnungen, die teils auf mangelnden stabilitätspoliti-<br />
schen Anstrengungen, teils auf den erhöhten Olrechnun-<br />
gen beruhten.<br />
Manche Beobachter fürchten, es könne in naher Zu-<br />
kunft zu einer ähnlichen Entwicklung wie in <strong>der</strong> großen<br />
Weltwirtschaftskrise kommen. Wir halten diese Sorge<br />
vorerst für unbegründet. Diese Auffassung berücksich-<br />
tigt nicht allein das verbesserte konjunkturpolitische In-<br />
strumentarium und die Entschlossenheit <strong>der</strong> Regierun-<br />
gen, dieses gegen nachhaltige Abwärtsbewegungen<br />
einzusetzen. Vor allem ist die internationale Zusammen-<br />
arbeit heute gefestigter als damals, wenngleich viele<br />
Wünsche noch immer offenbleiben.<br />
Die Aussichten für eine rasche Wie<strong>der</strong>belebung <strong>der</strong><br />
weltwirtschaftlichen Aktivität sind jedoch gering. Der<br />
Konjunkturabschwung in den westlichen Industrielän-<br />
<strong>der</strong>n, <strong>der</strong> durch notwendige strukturelle Anpassungs-<br />
Prozesse noch verstärkt wird, dürfte sich nicht so<br />
schnell überwinden lassen. Das Welthandelsvolumen<br />
wird in diesem Jahr, wenn überhaupt, nur geringfügig<br />
zunehmen. Grundsätzlich gilt es zu bedenken, daß <strong>der</strong><br />
Wohlstandssteigerung <strong>der</strong> industrialisierten Welt im<br />
Zeichen <strong>der</strong> gewandelten Energiesituation in den näch-<br />
sten Jahren engere Grenzen gezogen sind als in <strong>der</strong> Ver-<br />
gangenheit. In beson<strong>der</strong>em Maße trifft das natürlich für<br />
die Län<strong>der</strong> mit hohen Zahlungsbilanzdefiziten zu. Die<br />
Zielsetzungen <strong>der</strong> Wirtschaftspolitik und die Erwartun-<br />
gen <strong>der</strong> Bevölkerung werden diesem harten Faktum<br />
Rechnung zu tragen haben.<br />
Gleichzeitig war die Aufnahmefähigkeit <strong>der</strong> OPEC-<br />
Län<strong>der</strong> für zusätzliche Importe weit größer als ursprüng-<br />
lich erwartet. Sie steigerten ihre Einfuhren im abgelaufe-<br />
nen Jahr um 70 bis 75%. Die deutschen Lieferungen in<br />
diesen Raum nahmen in ähnlichem Ausmaß zu. Wenn<br />
sich diese Tendenzen fortsetzen, wird die Oberschußpo-<br />
sition <strong>der</strong> OPEC vielleicht schneller reduziert werden<br />
können, als zunächst angenommen worden war. Es gibt<br />
Prognosen, denen zufolge die Leistungsbilanz <strong>der</strong> Ollän-<br />
<strong>der</strong> insgesamt gesehen bereits Ende <strong>der</strong> 70er Jahre na-<br />
hezu ausgeglichen sein soll und dann sogar erneut Defi-<br />
zite folgen werden. Bis dahin dürften die OPEC-Län<strong>der</strong><br />
allerdings Oberschüsse - und damit Finanzanlagen und<br />
Sachvermögen im Ausland - von mindestens 200 Mrd.<br />
US-$ akkumulieren. Dem werden eine entsprechende<br />
Verschuldung bzw. Vermögensübertragungen <strong>der</strong> Olver-<br />
braucherlän<strong>der</strong> gegenüberstehen. Es bedarf in den kom-<br />
menden Jahren also weiterhin erheblicher überbrücken-<br />
<strong>der</strong> Finanztransaktionen zwischen den Olexport- und -<br />
importlän<strong>der</strong>n. Dieses Recycling bringt allerdings nur<br />
Hilfe auf Zeit. Es entbindet nicht von den notwendigen<br />
umfassenden strukturellen Anpassungen an die nach-<br />
haltig verän<strong>der</strong>te weltwirtschaftliche Situation.<br />
Beson<strong>der</strong>s schwierig ist die neu entstandene Lage für<br />
die ölarmen Entwicklungslän<strong>der</strong>. Sie können ihre durch<br />
die Olpreisexplosion verursachten akuten Zahlungsbi-<br />
lanzschwierigkeiten nur mittels großzügiger Hilfen <strong>der</strong><br />
OPEC-Län<strong>der</strong> und <strong>der</strong> industrialisierten Welt überwin-<br />
den. Dabei stellt die Weiterführung <strong>der</strong> Entwicklungshil-<br />
fe für die selbst in ölpreisbedingte Zahlungsbilanznöte<br />
geratenen Industrielän<strong>der</strong> eine beson<strong>der</strong>e Belastung<br />
dar. Auch sollte die Aussicht auf einen möglichen Abbau<br />
<strong>der</strong> globalen Exportüberschüsse <strong>der</strong> OPEC gegen Ende<br />
<strong>der</strong> siebziger Jahre nicht dazu verleiten, die Probleme zu<br />
übersehen, die sich aus dem Anwachsen einer unge-<br />
wöhnlich hohen Verschuldung bei einzelnen ölimportie-<br />
renden Län<strong>der</strong>n ergeben. Hier liegt nach wie vor ein<br />
neuralgischer Punkt des internationalen Währungs-<br />
gefüges.<br />
Oberraschend reibungsloses Recycling in 1974<br />
Erstaunliche Importkapazität <strong>der</strong> Ollän<strong>der</strong><br />
1974 konnten die hohen Zahlungsbilanzdefizite einzel-<br />
Die Industrielän<strong>der</strong> haben auf die drastischen Preiser- ner Olimportlän<strong>der</strong> zunächst noch ohne größere<br />
höhungen für Erdöl mit einer deutlichen Senkung ihres Schwierigkeiten finanziert werden. Die Währungsreser-<br />
Olverbrauchs reagiert. Die Einsparungen erreichten 1974 ven dieser Län<strong>der</strong> blieben vorerst weitgehend unangetain<br />
Westeuropa durchschnittlich 6%. stet. Allerdings floß das Gros <strong>der</strong> überschüssigen UI-