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84 Kreativ im Wald85Kreativ im WaldKreativ im WaldBarbara Grupp, Leiterin der Jugendkunstschule Filderstadt,ging im Rahmen von ONE WEEK. NO MEDIA! mit derHälfte einer sechsten Klasse in den Wald.Mir war es freigestellt, den Waldfür die Jugendlichen spürbar underlebbar zu machen. Diese Aufgabenahm ich gerne an, da der Waldmit seiner Vielzahl an sinnlichenEindrücken nahezu den Gegenpolzur zweidimensionalen Weltelektronischer Medien darstellt.Ich hatte mir zum Ziel gesetzt, denJugendlichen ein wenig die Augenund Sinne zu öffnen für das schöneFleckchen Erde, das ihr Klassenlehrerfür diesen Vormittag ausgesuchthatte. Über das Gespräch wollte ichihnen manches davon ins Bewusstseinheben. Um den Jugendlicheneine Wahlmöglichkeit zu lassen, botich alternativ die Möglichkeit an,mit Ton zu arbeiten oder Frottagenund Zeichnungen zu erstellen.Alle Jugendlichen der ersten Gruppeließen sich bereitwillig auf dieAufgabe ein, mit dem Ton, den esin diesem Wald in Hülle und Füllegibt, unterschiedlichste Skulpturenzu formen. Einige ließen ausBäumen am Wegesrand bizarreMasken wachsen, die sie mit allerleiPflanzenteilen schmückten; anderebauten ein winziges Dörfchenam Bach und eine dritte Gruppegestaltete kleine Skulpturen, diesie auf dem Handlauf einer Brückeinstallierten. Etwa 45 Minutenwaren alle Jugendlichen konzentriertbei der Sache, dann jedochverlockte die Situation zum Tobenund Springen.Mit der zweiten Gruppe traf ichmich nach dem gemeinsamen Grillen.Diese 15 Jugendlichen tobtenunter lautem Gekreisch und Hallodurch den Wald zu dem Platz, anwelchem ich mit ihnen zeichnenund frottieren wollte. DieseJugendlichen zu einem ruhigenGespräch zu veranlassen, war nahezuunmöglich. Daher begann ich,die mir zur Verfügung stehenden90 Minuten mit einer Wahrnehmungsübung,die die Lautstärke einwenig dämpfte. Danach frottiertendie Jugendlichen begeistert unterschiedlichePflanzen des Waldesund freuten sich an den zartenGebilden, die auf ihren Zeichenpapierenentstanden.Ohne die Jugendlichen näher zukennen, hatte ich den Eindruck,dass sie den Tag und das Wühlenund Schlittern im Lehm ge<strong>no</strong>ssen.Die aufgeregten Reaktionenauf eine gewöhnliche Weinbergschneckezeigte mir, wie weit siewohl im Alltag von der Naturentfernt sind. Gerne hätte ich dieJugendlichen nur beobachtet, umherauszufinden, was sie an derNatur am meisten fasziniert, ob sieruhiger werden würden im Laufeeiniger Tage, ob sie von selber beginnenwürden, auf die Geräuschedes Waldes zu lauschen, oder obsie im Gegenteil anfangen würden,ihre Kräfte zu messen und aus Holzund Naturmaterial Häuser undStaudämme zu bauen. Allein dazufehlte die Zeit.Mit ONE WEEK. NO MEDIA!verbinde ich die Hoffnung, dass diedaran beteiligten Kinder und Jugendlichenentdecken können, wieintensiv Musizieren, künstlerischesGestalten oder Verweilen in derNatur sein können. Dazu gehörtauch das Hochgefühl, das ich habe,wenn ich in konzentrierter Arbeiteine schöne Skulptur oder einüberraschendes Bild erstellt habe.Wenn diese Faszination bei denBeteiligten geweckt wird, entstehtdaraus möglicherweise eine echteAlternative zur Unterhaltung überden Bildschirm.Darüber hinaus scheinen mir imRahmen eines solchen Projektesintensive Gespräche über Mediennutzung,Körperwahrnehmung undsoziale Situationen von zentralerBedeutung zu sein. Ich finde eswunderbar, dass ONE WEEK.NO MEDIA! stattgefundenhat. Ich denke, dass diese Wocheden Jugendlichen <strong>no</strong>ch lange inErinnerung bleiben wird. Und ichweiß, dass ich den Kindern nureinen Bruchteil dessen, was ich mirvorgestellt hatte, vermitteln konnte.Des Weiteren war es für mich faszinierendbeim Abschlussfest in Gesprächenmit den Eltern zu erfahren,wie intensiv die Familien dieseWoche erlebt haben. Oft wurdewohl erstmals seit langem wiedermiteinander geredet, weil es den„Fluchtpunkt Mattscheibe“ nichtmehr gab. Eine Mutter erzählte,dass ihr bewusst geworden sei, wieeinsam sie am Abend ist. Einmal imJahr sollte ONE WEEK. NO ME-DIA! für alle Schultypen und alleKlassen zur Pflicht gemacht werden– um Kindern, Jugendlichen undErwachsenen wieder die Augen fürden Reichtum der Welt zu öffnen.Barbara Grupp

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