4 Grußwort5GrußwortGrußwortIn meiner Jugend gab es Fernsehenzu Hause nur im elterlichen Wohnzimmer,und ich nannte ein Radiomein Eigen. Telefoniert wurdeüberwiegend daheim am Festnetz-Apparat. Die ersten Walkmans– mit Tonbandkassetten! – kamenauf. Wer öffentlich mit Kopfhörernherumlief, galt manchen <strong>no</strong>ch alsmusiksüchtiger Sonderling. Allmählichtauchten die ersten „PersonalComputer“ auf. Aber diese warenzunächst nur etwas für Informatik-Freaks. Für Normalsterbliche völligunbedienbar! Wir hatten jede MengeZeit, uns zu treffen, zu spiele<strong>no</strong>der zu diskutieren.Ganz anders heute. Die Jugendlichenwachsen mit einer scheinbaralle Lebensbereiche umfassendenMedienpräsenz und -flut auf:unendlich viele Fernsehkanäle, oftein Fernseher im Kinderzimmer,meist ein eigenes Handy. Computerund Internet bieten ungeahnteInformations- und Kommunikationsmöglichkeiten– aber leiderauch ebenso viele Risiken. PortableMusik- und Media-Player tunihr Übriges, auch unterwegs eineunterbrechungsfreie „Berieselung“zu ermöglichen. Fesselnde undteilweise vor Gewalt strotzendeComputerspiele ziehen einzelneKinder und Jugendliche so in Bann,dass Sucht entstehen kann. Leiderscheinen immer mehr Kinder undJugendliche diesen starken Reizennichts Eigenes mehr entgegensetzenzu können.Nachdem der Krimi<strong>no</strong>loge Prof.Dr. Christian Pfeiffer im Mai 2006im Stuttgarter Bürgerzentrum Westseine Studie über den Zusammenhangzwischen übermäßigemMedienkonsum, so genanntenKillerspielen und wachsenderGewaltbereitschaft, Entwicklungsstörungensowie sinkenden schulischenLeistungen bei Jugendlichenvorgestellt hatte, stellte sich für unsdie Frage: Wie kann eine Präventionaussehen?Unser OberbürgermeisterDr. Wolfgang Schuster äußerte inseiner Einladung zur Veranstaltungbereits den sehr praktischenVorschlag, die „Glotze“ müsse rausaus dem Kinderzimmer. FreiwilligerMedienverzicht oder auch„Medienfasten“ wäre angesagt, umsich über das Ausmaß der eigenenAbhängigkeit klar zu werden undden Blick für die alternativenFreizeitgestaltungsmöglichkeitenüberhaupt erst wieder frei zumachen.Zu dieser Zeit wurde die Idee geboren,zusammen mit der EvangelischenGesellschaft und einer Schuleein Pilotprojekt durchzuführen:Wie wäre es, für eine Wochekomplett auf alle elektronischenMedien zu verzichten?ONE WEEK. NO MEDIA!Den Initiatoren des Projekts warklar, dass Belehrungen allein keinenpositiven Anreiz bei den Kindernund Jugendlichen haben würden:am meisten profitieren würdedie angesprochene Klientel voneigenen, positiven Erfahrungen.„Lust auf eigenes, aktives Leben!“– hierfür sollten flankierend dieentsprechenden Angebote für Spiel,Sport und Kultur angeboten undpädagogisch begleitet werden. Undganz wichtig: die Eltern müsstenmitmachen.Den Anfang machte im Sommer2007 eine sechste Klasse der Jahn-Realschule in Stuttgart-Bad Cannstatt:Eltern, Lehrer und Schülerhatten sich bereit erklärt, im Selbstversucheine Woche lang ohneTV, Computerspiele, MP3-Playerund Handy zu leben. Symbolischwurden alle Handys, MP3-Playerund Spielkonsolen in eine Kistegeworfen. Parallel wurde an derSchule ein Alternativprogramm mitNatur- und Stadterkundung, Kunstund Literatur, Musik und Poesieangeboten – und rege genutzt.Die Kinder erlebten Abenteuer imWald, schrieben eigene Rapsongs,drehten eigene Videofilme oderspielten einfach einmal wieder mitihrer Schwester. Und sie führtenüber all dies ein Tagebuch.Die Aktion war ein solcher Erfolg,dass ich im Jahr 2008 gern dieSchirmherrschaft über<strong>no</strong>mmenhabe. Im Sommer 2008 waren bereits35 Schulklassen und Gruppendabei, 2009 eine ganze Grundschuleund weitere Gruppen.Die nun vorliegende Broschüredient als Dokumentation des Projektesund soll zukünftig Schulen,Klassen und Gruppen ermutigen,die erfolgreiche Idee weiter zutragen:ONE WEEK. NO MEDIA!Dr. Susanne Eisenmann
6 Wir müssen einen zivilisierten Umgang mit den Medien entwickeln!7Wir müssen einen zivilisierten Umgang mit den Medien entwickeln!Wir müssen einenzivilisierten Umgangmit den Medienentwickeln!Machen Computerspiele süchtig?Ist übermäßiger Medienkonsumein Problemfeld, dem sich dieSuchthilfe in Zukunft verstärktwidmen muss?Im Jahr 2006 haben unsere Überlegungenund Diskussionen zupräventiven Maßnahmen gegenübermäßigen Medienkonsum begonnen.Die Öffentlichkeit begann,sich für das Thema zu interessieren.Christian Pfeiffer vom Krimi<strong>no</strong>logischenForschungsinstitut Niedersachsenund Manfred Spitzer vonder Universität Ulm haben ihreStudien in dieser Zeit vorgestelltund damit eine breite öffentlicheDiskussion angestoßen. Auch imBeratungs- und Behandlungszentrumfür Suchterkrankungen derEvangelischen Gesellschaft Stuttgart(eva) haben erstmals betroffeneEltern wegen ihrer Kinder und Jugendlichenangefragt – und da wirals Anlaufstelle für pathologischeGlücksspieler bekannt waren, habensich auch Computerspieler anuns gewandt. Begonnen haben wirim Problemfeld Medienkonsumaber mit einem Präventionsprojekt:ONE WEEK. NO MEDIA!Gewohnheiten zu ändern ist sehrschwer. Und die Gewohnheit,Medien übermäßig zu konsumieren<strong>no</strong>ch viel mehr, weil einesehr große Faszination von ihnenausgeht.Wir haben erfahren, dass durcheine medienfreie Woche die<strong>no</strong>twendige Kraft entwickelt wird,festgefahrene Konsum-Muster zudurchbrechen und auch nachhaltigImpulse für einen gesunden undangemessenen Umgang mit Medienzu setzen. Dass Schüler, Elternund Lehrer gemeinsam verzichtethaben, war einer der wichtigstenErfolgsfaktoren. So kann Prävention,das Verändern eines problematischenVerhaltens, gelingen.Sechs Monate nach dem erfolgreichenPilotprojekt fand in Berlin dieerste bundesweite Mediensucht-Konferenz statt. Im März 2008wurde in Mainz die erste Ambulanzgegen Internetsucht eröffnet.Das Thema war somit auch in denFachkreisen angekommen.Bis heute haben viele Schulklassenund Gruppen eine medienfreieWochen veranstaltet. Was dieProjekte im Einzelnen bewegt undbewirkt haben, erfahren Sie in dervorliegenden Dokumentation. Teildes Projektes war die Veranstaltungsreihe„Medialog“: Im Dialogmit Jugendlichen wurden mehrereVeranstaltungen durchgeführt. Diejungen Menschen haben dabeieinen Einblick in ihre virtuellenWelten und Computerspiele gegeben.Durch den partnerschaftlichenDialog haben die erwachsenenComputerspiel-Laien – also auchwir – sehr viel von den Kindernund Jugendlichen gelernt undauch manche voreilige Meinungkorrigiert.Ohne die Unterstützung unsereFörderer und Partner hätte dasProjekt nicht realisiert werdenkönnen. Wir bedanken uns für ihregroßzügige Unterstützung bei:der Landeshautstadt Stuttgart –Projektmittelfond „Zukunft derJugend“, der Jugendstiftung Baden-Württemberg, dem Ministeriumfür Kultus, Jugend & Sport und denBMFSFJ im Rahmen des Bundesprogramms„Vielfalt tut gut“, derFirma Trumpf, Ditzingen,und dem Diakoniespendenfond.Dank auch an Bürgermeisterin Dr.Susanne Eisenmann, die das Projektals Schirmherrin unterstützt undso manche Tür geöffnet hat, undan alle, die das Projekt durch ihreMitwirkung begleitet haben.Im Beratungs- und Behandlungszentrumfür Suchterkrankungen istdie Zahl der Anrufer mit der ProblematikComputersucht gestiegen.Das Projekt „Spielerberatung“ derEvangelischen Gesellschaft (eva) hatseinen Namen in „Fachstelle fürGlücksspiel und Medienkonsum“geändert und signalisiert damit, dasssich die eva dauerhaft in diesemneuen Problembereich engagierenwill. Im Jahr 2008 belief sich dieZahl der mediensüchtigen Menschenauf 51 Personen.Viele Menschen bekommen dieSogkraft der Medien nicht in denGriff und verlieren sich darin.Deshalb müssen wir ihnen dabeihelfen, zu einem gesunden Umgangmit den Medien zu kommen.Wir werden den Betroffenen inZukunft mit Hilfsangeboten zurSeite stehen, und wir werden überumfängliche differenzierte Präventionsmaßnahmennachdenken,diese entwickeln und ein Netzwerkmit anderen Präventionsprojektenaufbauen.ONE WEEK. NO MEDIA! warnur der Anfang. Ein sehr guter.Günther ZeltnerLeiter der Dienste für Prävention,Beratung und Behandlung beider Evangelischen GesellschaftStuttgart e.V.Ulrich BinderGeschäftsführer release Stuttgarte.V., Beratung und Hilfe bei DrogenproblemenMartin TertelmannProjektleiter ONE WEEK. NOMEDIA!
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