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WERKSTATT
So geht das aber mal gar nicht …
Wie sagt man jemandem, dass er etwas nicht besonders gut kann und man ihm gerne bei
der Behebung dieses eklatanten Mangels behilflich sei? Am besten hält man es mit der alten
Regel, dass Überbringer schlechter Nachrichten getötet werden, und schweigt.
Text _ Antje Terhaag
Hin und wieder bekomme ich Material
aus der Redaktion geliefert, die mein
Flehen nach Werkstücken erhört. In seltenen
Fällen auch mit dem Hinweis, ich
möge doch, wenn möglich, dieses Fundstück
auch nutzen. Im vorliegenden Fall
kann ich das gut nachvollziehen. Es gibt
Ansprachen, die sollten nicht unwidersprochen
bleiben.
p DIE AUSGANGSLAGE
»Sehr geehrte/r Reiner Straub, hoffentlich
sind Sie der richtige Ansprechpartner
für konstruktive Kritik an
Ihrem Internet-Auftritt www.acquisa.
de.« Sehr geehrter Herr Wolff, ich bin
mir sicher, dass Sie als Unterzeichner
des Briefs der richtige Ansprechpartner
für meine Kritik sind. Und wenn
ich mir nicht sicher wäre, würde ich
es recherchieren. Dieses Ding, das
sich Internet nennt, ist ein geeignetes
Werkzeug dafür. Geht blitzschnell.
Man muss nur das Impressum finden.
Da, so das Gesetz, ist der inhaltlich
Verantwortliche für den Internet-Auftritt
bzw. das komplette Unternehmen
genannt. Der, der den Kopf hinhalten
muss. So sind Sie womöglich auf Herrn
Straub gestoßen. Wäre theoretisch die
erste Adresse für Kritik. Aber liest der
solche Briefe? Wie Sie sehen: Nein.
Wird gleich sortiert und an einen passenderen
Ansprechpartner weitergeleitet.
Und ist es schlau, dem Chef zu
stecken, dass seine Mitarbeiter es nicht
raus haben? Mit wem würden Sie denn
arbeiten müssen, wenn Sie tatsächlich
einen Auftrag bekämen? Eben. Das
stelle ich mir sehr entspannt vor. Und
stellen Sie sich vor, das Sekretariat
des Chefs leitet Ihr Schreiben gleich
an diese Abteilung. Welch ein Spaß!
Wenn man also den Eindruck haben
muss, das Unternehmen sei von einer
Größe, die eine eigene Abteilung für
seine diversen Internet-Auftritte rechtfertigt:
Im Impressum finden Sie meist
auch eine Telefonnummer. Einfach
mal anrufen und fragen. Dann muss
man sich nicht gleich im Eingangssatz
die Blöße geben, nicht zu wissen,
ob man überhaupt schon mal den
Richtigen anschreibt. Das zahlt nämlich
gar nicht auf die Wahrnehmung
Ihrer Kompetenz ein: Kriegt seinen
Ansprechpartner nicht raus, will aber
gleich mal kritisieren.
Und wo wir schon so nett über konstruktive
Kritik plaudern: Hat Ihre
Deutschlehrerin versäumt, Sie zu lehren,
dass es »Sehr geehrter Herr Straub«
heißt, und keinesfalls »Sehr geehrte/r
Reiner S. «? Klar, Sie haben für Ihr
Mailing eine Runde Adressen zusammengetragen,
und es ist natürlich
viel billiger und simpler, irgendeine
Anrede zu finden, hinter die man alles
setzen kann, was man an Daten hat.
Wäre ja Arbeit, die Namen noch nach
Geschlecht zu sortieren. Bei manchen
Vornamen gelingt das ja gar nicht.
Aber zum Glück hat e-wolff ja nicht
mit Datenverarbeitung zu tun. Tipp:
Bei professionellen Adresshändlern
können Sie auch die Anrede kaufen.
Und als kleine Ergänzung: Wenn man
schon die Anrede so vage hält, muss
man konsequenterweise auch »der
richtige Ansprechpartner/die richtige
Ansprechpartnerin« schreiben.
Wo wir nun geklärt haben, dass acquisa
(anscheinend) keine Ahnung von Internet
und e-wolff (offensichtlich) keine
DIE EXPERTIN
Antje Terhaag, M.A.
berät und trainiert Unternehmen
rund um das
Thema Präsentation und
Präsentieren. Schwerpunkte
sind dabei Angebots-
und Wettbewerbspräsentationen.
p www.leicht-sinn.de
Ahnung von Direktmarketing (und Zeichensetzung)
hat: Das wäre doch ein
hübscher Ansatz. »Wir brauchen dringend
Nachhilfe bei der Kundenakquisition
und -ansprache. Wenn Sie uns dabei
ein wenig auf die Beine helfen könnten,
hätten wir im Gegenzug ein paar Ideen,
wie Sie Ihren Internet -Auftritt noch
erfolgreicher machen könnten.«
»Kritisieren kann jeder – wir wollen
optimieren um Ihren Erfolg zu
steigern. Uns ist bereits noch nicht
genutztes Optimierungspotential
aufgefallen. Neugierig?« Ich bin kein
Internet-Experte. Ich kann einen
guten von einem schlechten Internet-
Auftritt unterscheiden, wenn ich sie
nebeneinander sehe, auch einen sehr
guten von einem guten. Ich bin sogar
auf wirklich beeindruckenden und
verblüffenden Sites gelandet. Ob diese
dann aber auch wirtschaftlich erfolgreich
sind, vermag ich nicht einzuschätzen.
Erfolg ist immer eine Frage
der beabsichtigten Wirkung, und die
kann auch in der »Abschreckung« von
Anfragen bestehen. Ob man die acquisa-
24 www.acquisa.de 01/2010