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führung + personalentwicklung<br />
Wie sich das Denken in Unternehmen verän<strong>de</strong>rn muss<br />
Hintergr<strong>und</strong>. Die Tagung „Intelligent Entschei<strong>de</strong>n“, die im Oktober 2008 vom Managementzentrum<br />
Witten in Berlin durchgeführt wur<strong>de</strong>, erhält durch die aktuelle Wirtschaftskrise nachträglich eine<br />
beson<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung. Denn auf diesem Kongress gingen namhafte Systemiker wie Professor Dr.<br />
Bernhard von Mutius (www.vonmutius.<strong>de</strong>) <strong>de</strong>r Frage nach, wie Manager Entscheidungen treffen<br />
können, die <strong>de</strong>r Komplexität <strong>unsere</strong>r Zeit gerecht wer<strong>de</strong>n.<br />
Fehlentscheidungen gibt es zum Beispiel immer dann,<br />
wenn Manager <strong>de</strong>nken: „There Is No Alternative.“ Dieses<br />
„TINA“-Prinzip vermittelt Ausweglosigkeit. So <strong>und</strong> nicht<br />
an<strong>de</strong>rs. Warum eigentlich nicht an<strong>de</strong>rs? Von Mutius stellt<br />
fest: Um die Qualität von Entscheidungen zu verbessern,<br />
müssen wir uns in <strong>unsere</strong>m Denken zum MONA-Prinzip<br />
weiterentwickeln: „More Options, Novel Alternatives.“<br />
Dieses Prinzip beschreibt ein Denken, das uns in die Lage<br />
versetzt, mit <strong>de</strong>r zunehmen<strong>de</strong>n Komplexität verständiger<br />
umzugehen. Doch dies ist leichter gesagt als getan. Mit<br />
folgen<strong>de</strong>n „fünf Bil<strong>de</strong>rn“ will <strong>de</strong>r Philosoph von Mutius zum<br />
Um<strong>de</strong>nken anregen.<br />
1 Die Flüssigkristalle.<br />
Mit Flüssigkristallen, die im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert ent<strong>de</strong>ckt<br />
wur<strong>de</strong>n, konnte zuerst niemand etwas anfangen, weil es<br />
nur die Unterscheidung in flüssig o<strong>de</strong>r kristallin gab. Aber<br />
bei<strong>de</strong>s? Kann das sein? Der Zustand flüssig <strong>und</strong> fest<br />
zugleich passte nicht ins Schema, die Zwischenform, das<br />
„Sowohl/als auch“ war nicht vorstellbar. Nur <strong>de</strong>r Hartnäckigkeit<br />
einiger Forscher ist es zu verdanken, dass ein<br />
namhaftes Unternehmen mit diesen „überflüssigen Kristallen“<br />
Weltmarktführer wer<strong>de</strong>n konnte.<br />
2 Der schwarze Schwan.<br />
Schwäne haben die Eigenschaft, weiß zu sein. Sind sie<br />
dann doch mal schwarz, haben wir Mühe, sie als solche<br />
zu erkennen. Das ist dramatisch, <strong>de</strong>nn das, was niemand<br />
erwartet, bestimmt <strong>de</strong>r Erfahrung nach ganz maßgeblich<br />
die Entwicklung in einer Gesellschaft, in einem Unternehmen,<br />
in einer Organisation. Innovationen sind nicht das<br />
Ergebnis von gezielten Planungen. Innovationen waren<br />
alle mal schwarze Schwäne. Wenn wir über Wege aus <strong>de</strong>r<br />
Krise nach<strong>de</strong>nken, dann müssen wir mehr Raum für das<br />
Unerwartete schaffen. Vorbereitet sein, wenn „es“ passiert!<br />
Mutius: „Um Neues aufspüren zu können, müssen<br />
wir fähig sein, bis an die Grenzen <strong>de</strong>s Vorstellbaren <strong>und</strong><br />
bislang Gewussten zu <strong>de</strong>nken.“<br />
3 Das menschliche Gehirn.<br />
Wir müssen lernen, in Beziehungen zu <strong>de</strong>nken. Die spannendsten<br />
Dinge passieren „in-between“. Das Gehirn ist<br />
28 wirtschaft + weiterbildung 03_2009<br />
selbstorganisiert, vernetzt, niemand gibt eine Anweisung,<br />
es wächst mit <strong>de</strong>n Aufgaben <strong>und</strong> zeichnet sich durch eine<br />
hohe Plastizität, also Lernfähigkeit, aus. Unser Gehirn funktioniert<br />
<strong>de</strong>shalb so gut, weil die Verknüpfungen wichtiger<br />
sind als die einzelnen Teile. Es mag für viele gewöhnungsbedürftig<br />
sein, aber es sind die „Nicht-Orte“, an <strong>de</strong>nen es<br />
„funkt“. Wir sollten uns ziemlich schnell abgewöhnen, an<br />
<strong>de</strong>n Dingen <strong>und</strong> ihren scheinbaren Ein<strong>de</strong>utigkeiten festzuhalten.<br />
4 Der Kugelschreiber.<br />
Wissen kann erfolgreich durch Kombination <strong>und</strong> Koordination<br />
vermehrt wer<strong>de</strong>n. Dazu ist eine Art von Intelligenz<br />
zu entwickeln, die von Mutius das St.-Martins-Prinzip <strong>de</strong>s<br />
digitalen Zeitalters nennt: Vermehrung von Wissen durch<br />
Teilen. Wissen <strong>und</strong> I<strong>de</strong>en, die geteilt wer<strong>de</strong>n, bleiben im<br />
Kopf <strong>de</strong>s Weitergeben<strong>de</strong>n. Wer sein Wissen mit an<strong>de</strong>ren<br />
teilt, sorgt dafür, dass es sich vermehrt <strong>und</strong> dass sich<br />
vielleicht sogar Neues daraus entwickelt. Wissensteilung<br />
funktioniert aber nur dann, wenn wir aus (Fach-)Abteilungen<br />
ausbrechen <strong>und</strong> lernen, grenzüberschreitend zusammenzuarbeiten.<br />
Noch sind wir größtenteils „Grenzamateure“. Neues entsteht<br />
immer an <strong>de</strong>n Grenzen. Daher for<strong>de</strong>rt er: Wir brauchen<br />
achtsame Grenzüberschreitung, sogenannte „Grenzgängerkompetenz“<br />
<strong>und</strong> kombinatorische Intelligenz, <strong>de</strong>nn<br />
das för<strong>de</strong>rt disziplinübergreifen<strong>de</strong> Zusammenarbeit. Wir<br />
brauchen das Wissen an<strong>de</strong>rer als Korrektiv, wenn wir verantwortlich<br />
<strong>de</strong>nken <strong>und</strong> gestalten wollen. Motto: „Ich weiß<br />
nicht, was ich gesagt habe, bevor ich nicht die Antwort <strong>de</strong>s<br />
an<strong>de</strong>ren darauf gehört habe.“<br />
5 Die leere Kiste.<br />
Innovation entsteht im Team. Aber wie gestalten wir<br />
Gemeinschaftsleistungen ohne <strong>de</strong>n Verlust von Individualität?<br />
Wie gelingt es, über Einzelleistungen hinaus Ensembleleistungen<br />
zu gestalten? Um zukünftig an<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>nken<br />
<strong>und</strong> entschei<strong>de</strong>n zu können, for<strong>de</strong>rt von Mutius neue Lernformate,<br />
die ein neues Verständnis von Komplexität <strong>und</strong><br />
disziplinübergreifen<strong>de</strong>r Zusammenarbeit vermitteln. Es<br />
geht darum, Räume zu schaffen, in <strong>de</strong>nen neue „Bewegungsformen“<br />
<strong>de</strong>s Denkens geübt wer<strong>de</strong>n können.