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fachliteratur<br />
62 wirtschaft + weiterbildung 03_2009<br />
Andreas Dros<strong>de</strong>k:<br />
Nietzsche für Manager. Mit Mut zum Erfolg<br />
Campus Verlag, Frankfurt am Main 2008,<br />
251 Seiten, 19,90 Euro<br />
NIETZSCHE BIETET KEINE „REZEPTE“<br />
Mal mutig, mal ängstlich sein<br />
Es kann einen immer wie<strong>de</strong>r eine gewisse Form <strong>de</strong>s<br />
Erstaunens befallen, wie hartnäckig sich <strong>de</strong>r Glaube<br />
hält, dass Ratschläge hilfreich sind. Beson<strong>de</strong>rs zu<br />
<strong>Themen</strong>, wo es viel Ratlosigkeit <strong>und</strong> <strong>de</strong>shalb viele<br />
Ratsuchen<strong>de</strong> gibt, wer<strong>de</strong>n Autoren <strong>und</strong> Verlage<br />
nicht mü<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r vorhan<strong>de</strong>nen Flut von Ratgebern<br />
weitere hinzuzufügen.<br />
Je prominenter o<strong>de</strong>r weiser <strong>de</strong>r Ratgeber ist, <strong>de</strong>sto<br />
wirksamer <strong>und</strong> hilfreicher sollen dann die Ratschläge<br />
sein. Dass nun aber jemand wie Nietzsche,<br />
<strong>de</strong>r Zeit seines Lebens gegen die „Gewissheit haben<strong>de</strong>n“<br />
Experten polemisierte, selbst als Besserwisser<br />
vorgestellt wird, ist dann doch überraschend.<br />
Andreas Dros<strong>de</strong>k hat aus einer Flut von Nietzsche-<br />
Zitaten ein Buch gemacht, welches viele Weisheiten<br />
<strong>de</strong>s Philosophen aufbereitet <strong>und</strong> in einen Zusammenhang<br />
stellt. Es geht um Paradoxien, Verzicht<br />
auf Wertungen <strong>und</strong> die Intuition als Entscheidungsgr<strong>und</strong>lage.<br />
Gleichzeitig ist Nietzsche durch seine Beschäftigung<br />
mit Macht, Eliten <strong>und</strong> Verän<strong>de</strong>rung gut<br />
ankopplungsfähig an die Belange von Managern.<br />
Ein großer Nachteil <strong>de</strong>s Buches ist, dass <strong>de</strong>r Autor<br />
sich in seiner ganzen Art zu Denken <strong>und</strong> zu Schreiben<br />
in einem gewaltigen Gegensatz zu Nietzsche<br />
selbst befin<strong>de</strong>t. Er glaubt, für an<strong>de</strong>re, in diesem<br />
Fall für die Manager, zu wissen, was gut ist. Nietzsche<br />
selbst war im Gr<strong>und</strong>e seines Denkens gegen<br />
nichts mehr, wie gegen feststehen<strong>de</strong> Wahrheiten.<br />
Hier ein Beispiel, zitiert nach <strong>de</strong>r „Kritischen Studienausgabe“:<br />
„Man bemerkt, bei meinen früheren<br />
Schriften, einen guten Willen zu unabgeschlossenen<br />
Horizonten, eine gewisse kluge Vorsicht vor<br />
Überzeugungen, ein Mißtrauen gegen die Bezauberungen<br />
<strong>und</strong> Gewissens-Überlistungen, welcher je<strong>de</strong>r<br />
starke Glaube mit sich bringt; man mag darin zu<br />
einem Theile die Behutsamkeit <strong>de</strong>s gebrannten Kin-<br />
<strong>de</strong>s, <strong>de</strong>s betrogenen I<strong>de</strong>alisten sehen – wesentlicher<br />
scheint mir <strong>de</strong>r epikureische Instinkt eines Räthselfre<strong>und</strong>es,<br />
<strong>de</strong>r sich <strong>de</strong>n änigmatischen (=rätselhaft,<br />
K.E.) Charakter <strong>de</strong>r Dinge nicht leichten Kaufs<br />
nehmen lassen will, am wesentlichsten endlich ein<br />
aesthetischer Wi<strong>de</strong>rwille gegen die großen tugendhaften<br />
unbedingten Worte, ein Geschmack, <strong>de</strong>r sich<br />
gegen alle viereckigen Gegensätze zur Wehr setzt,<br />
ein gut Theil Unsicherheit in <strong>de</strong>n Dingen wünscht<br />
<strong>und</strong> die Gegensätze wegnimmt, als Fre<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Zwischenfarben,<br />
Schatten, Nachmittagslichter <strong>und</strong> endlosen<br />
Meere“ (KSA Bd. 12, 2[164], S. 144.<br />
Einen Denker, <strong>de</strong>r so fern ist von Rezepten, nun<br />
als Beleg zu nutzen, um bestimmte Haltung, Denkweisen,<br />
Verhaltensweisen als gr<strong>und</strong>sätzlich gut<br />
<strong>und</strong> richtig zu behaupten, ist nah am Missbrauch.<br />
Nietzsche hat immer in Kontexten gedacht. Er wäre<br />
wohl nie auf die I<strong>de</strong>e gekommen, bestimmte Einstellungen<br />
– also auch <strong>de</strong>n im Titel propagierten<br />
Mut – als in sich wertvoll zu markieren.<br />
Für Manager mag es manchmal durchaus wichtig<br />
sein, die eigenen Ängste wahrzunehmen. Wäre nicht<br />
so viel Mut <strong>und</strong> so viel Angstverleugnung im Spiel,<br />
wäre auch die <strong>de</strong>rzeitige Finanzkrise so nicht möglich<br />
gewesen. Die Herausfor<strong>de</strong>rung für Manager liegt<br />
darin, herauszufin<strong>de</strong>n, ob es gera<strong>de</strong> wichtig ist, ängstlich<br />
o<strong>de</strong>r mutig zu sein. Die Kritierien für diese Entscheidung<br />
fin<strong>de</strong>n sich nicht in Büchern wie diesem,<br />
die glauben die Komplexität <strong>de</strong>s Lebens mit einfachen<br />
Regeln <strong>und</strong> Rezepten bewältigen zu können. Scha<strong>de</strong><br />
– so kenntnisreich Dros<strong>de</strong>k Nietzsche aufbereitet, so<br />
wenig hat er das Prinzip seines Denkens beherzigt.<br />
Wer von <strong>de</strong>m belehren<strong>de</strong>n <strong>und</strong> expertenhaften Ton<br />
absieht <strong>und</strong> absehen kann, fin<strong>de</strong>t in <strong>de</strong>m Buch viele<br />
Anregungen. Dafür gebührt <strong>de</strong>m Autor Dank.<br />
Rezensent: Klaus Ei<strong>de</strong>nschink