Originalarbeitenschen Basiswissenschaften. Balneologiezu betreiben und zu erklären heißtdaher, unter an<strong>der</strong>em, sich mit demGrenzbereich zwischen Lithosphäreund Hydrosphäre zu beschäftigen, undso, wie die Erdöl- und Erdgaswissenschaftselbstverständliches Arbeitsgebiet<strong>der</strong> Geologie ist, ist auch dieMineralwasserkunde und die Heilschlamm-WissenschaftgeologischesWirkungsfeld (Balneogeologie genannt).Daher rührt es dann auch, dassdie geologischen Begriffe und StandardsEingang in die Balneologiefinden müssen und die dortige Klassifikationmitbestimmen.Diese Erklärung soll verständlichmachen, dass bei <strong>der</strong> begrifflichenOrdnung in <strong>der</strong> Peloidwissenschaft,da die Peloide aus Gesteinen bestehen,das Klassifikationsprinzip, welchesfür die Gesteine als natürliche Stoffegilt, also ein stofflich begründetesOrdnungsprinzip die Basis bildenmuss. Die Balneogeologie besitzt daherdas Primat <strong>der</strong> Begriffsbestimmung,und erst nach <strong>der</strong> Klarstellungdieser Begriffe – unter Zuhilfenahmepetrographischer, genetischer, z. T.auch mineralogischer, geobotanischer(bei den Torfen) und kristallographischer(bei einigen Tonmineralen) Ansprachenund Bestimmungsmethoden– durch die Balneogeologie kann aufdiese Begriffsgruppen eine zweiteEbene, die medizinisch-therapeutischeUnterscheidung – falls dieseüberhaupt möglich ist und gewünschtwird – projiziert werden. Es kann undmuss aber klar sein, dass diese Ergänzungnur eine zweite, zusätzlicheBeschreibungsform sein kann.Tab. I: Die Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Peloide (nach Lüttig 1990, Deutscher Bä<strong>der</strong>verbandetc. 1991).Die deutschenBegriffsbestimmungenBevor wir uns den „ThermalMuds“ als Element einer nichtdeutschenNomenklatur zuwenden, solltezunächst das deutsche Begriffssystemin Erinnerung gebracht werden. DieBeschäftigung mit diesem Standardhat einen guten Grund, <strong>der</strong> darin liegt,Ärztezeitschrift für Naturheilverfahren 47, 4 (2006)209
Originalarbeitendass die Balneologie zwar ihre Wurzelnunbestreitbar in <strong>der</strong> griechischrömischenBadekunst besitzt, wobeiein Gebot <strong>der</strong> Fairness gegenüber dennichteuropäischen Kulturkreisen beachtetwerden sollte, indem auf diejahrtausendealten Zeugnisse tiefgreifen<strong>der</strong>Kenntnis über die Segnungen<strong>der</strong> Balneologie z. B. in Indien, China,Ägypten, bei einigen IndianerstämmenNordamerikas und an an<strong>der</strong>enOrten hingewiesen werden muss, dassaber die mo<strong>der</strong>ne Peloidtherapie, undzwar in einer engen Verflechtung mit<strong>der</strong> durch das Kurwesen, die Kurort-Wissenschaft („Kurortologie“), bedingtenbalneologischen TechnikAbb. 2: Großsegge, wichtiger Nie<strong>der</strong>moortorf-Produzent.Abb. 1: Vertreter <strong>der</strong> GattungSphagnum, Hauptproduzentdes Hochmoortorfes.zweifelsfrei stark von dem in Mitteleuropagesammelten Erfahrungsschatzgeprägt ist.Das betrifft vor allem den aufHumitgesteinen, im Wesentlichen denBadetorfen basierenden Teil, <strong>der</strong> jawie die Geologie <strong>der</strong> aus den Humitenhervorgehenden Kohlen voller mitteleuropäischerTraditionen ist. Es istauch nicht verwun<strong>der</strong>lich, dass dieSprache <strong>der</strong> Kurortwissenschaft imWesentlichen – wenn man von dendeutschsprachigen Autoren absieht,welche meinen, sie würden eher berühmt,wenn sie in Englisch publizieren– immer noch die deutsche ist.Auch ist unübersehbar, dass die Heiltorftherapieim angelsächsischenSprachraum innerhalb <strong>der</strong> Literatur<strong>der</strong> kurativen Medizin deutlich unterrepräsentiertist, was auch damit zusammenhängt,dass viele nordamerikanischeAutoren – weitgehend ausBequemlichkeit – nicht auf nichtenglischeLiteratur zurückgreifen. Dasbetrifft im Übrigen die gesamte Naturmedizin.Wer nicht von dieser Aussageüberzeugt ist, möge das ansonstenempfehlenswerte Nachschlagewerkvon PIZZORNO & MURRAY JUN.(1999) durchblättern. Der Verfasserkönnte dazu aus seiner jahrelangenErfahrung als ehem. Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong>Intern. Kommission für Moortherapiemanche Geschichte hinzufügen.Die Feststellung, dass die deutscheKurortwissenschaft auf diesem Gebietrichtungsweisende Arbeit geleistethat, kommt in den „Begriffsbestimmungen“des Deutschen Heilbä<strong>der</strong>verbandeszum Ausdruck, welchefortlaufend auf den mo<strong>der</strong>nsten Standgebracht werden und einen Leitfaden,sowohl für die Heilwasser- als auchdie Peloidtherapie, darstellen.Die auf den Verfasser zurückgehendeEinteilung <strong>der</strong> Peloide ist inTabelle I wie<strong>der</strong>gegeben. Bereits erwähntwurde das dieser Einteilung zuGrunde liegende Prinzip:– Die Gruppierung in Eupeloide undParapeloide fußt auf den petrogenetischenCharakteristiken <strong>der</strong>peloidbildenden Locker- bzw. Festgesteine.– Die Einzelbegriffe entsprechen <strong>der</strong>Klassifikation <strong>der</strong> geologischenKartiereinheiten, wie sie in denGeologischen Diensten für die geognostische,d. h. feldgeologischeAnsprache dieser Gesteine üblichist.– Dasselbe Prinzip benutzt die klarerkennbaren Unterschiede in denGesteinstypen, die verwischt werdenwürden, würde man z. B. die inähnlicher und verwechselbarer Konsistenzapplizierten, d. h. aufbereitetenPeloide in den Badeeinrichtungen<strong>der</strong> Kurorte und Heilbä<strong>der</strong>zu Grunde legen wollen.Um das zu Grunde liegende Gedankengebäudefür den Laien bzw.balneogeologisch Ungeschulten etwasdeutlicher zu machen, seien dieseMerkmale durch eine etwas ausführlichereBeschreibung <strong>der</strong> einzelnenPeloidarten wie folgt erklärt.Gruppe <strong>der</strong> Eupeloide: Hierunterwerden die aus Lockergesteinen bestehenden,gewöhnlich stark wasserhaltigenPeloide verstanden; siebilden die am meisten eingesetztetherapeutische Gruppe.Die (1.) Klasse <strong>der</strong> sedentärenPeloide o<strong>der</strong> Humitgesteine (Torfe)liegt in dieser Gruppe an <strong>der</strong> Spitze.Ausgangsgestein sind aufwachsende,sich von unten nach oben anhäufendebiogene (phytogene) Bildungen. Derdie Klasse am deutlichsten abbildende210Ärztezeitschrift für Naturheilverfahren 47, 4 (2006)