Umsetzung eins Konzepts - IntensivCareUnit
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Basale Stimulation – <strong>Umsetzung</strong> eines <strong>Konzepts</strong> Solingen 1999<br />
Erfolgt eine Informationsäußerung gegenüber dem Patienten, so wird sie<br />
ohne emotionale Empfindung, Gefühlsäußerung oder Stimmung darge-<br />
stellt (vg. Börsig; 1988). Insbesondere beatmete und sedierte oder<br />
bewußtlose Patienten werden falsch eingeschätzt: „Der Patient bekommt<br />
nichts mit“, da er passiv und seelisch unbelebt wirkt und nicht oder kaum<br />
auf Ansprache reagiert. Der Kranke wird zum Objekt, an dem Handlungen<br />
wortlos vollzogen werden und ver<strong>eins</strong>amt. Der Patient hat keine<br />
Möglichkeit, sich den Behandelnden oder Pflegenden auszusuchen. Auch<br />
sind manche Tätigkeiten für ihn sehr unangenehm. Dennoch hat er<br />
Schmerzen, Angst, Unwohlsein und Unsicherheit zu ertragen. Als<br />
Schutzmechanismus zieht sich der Patient zurück. Er scheint apathisch<br />
und passiv. Sein Interesse an der Umwelt erlahmt, er lehnt Interventionen<br />
und Kommunikation ab. Die daraus resultierende existentielle Einsamkeit<br />
wird bei beatmeten Patienten durch Sedativa verstärkt, die ihn weiter von<br />
der Welt abschotten. Diese Medikamente sorgen für einen Verlust von<br />
Orientierung und Beweglichkeit. Es ist nicht klar, was Bewußtlose<br />
wahrnehmen und wir haben keinen Zugang zu ihrem Erleben. Um sie zu<br />
locken, werden Schmerzreize angewandt. Dies scheint die letzte<br />
Möglichkeit der Behandelnden zu sein, kommunikativ tätig zu werden und<br />
resultiert in erster Linie aus ihrem frustranen Empfinden, da kein<br />
Fortschritt zu sehen ist. Leider ergibt sich aus dieser Anwendung eine<br />
weitere Rückzugstendenz des Patienten. Warum soll er auch in eine<br />
schmerzhafte Welt zurückkehren?<br />
Die medizinischen und pflegerischen Maßnahmen reduzieren sich auf<br />
einen gestörten oder geschädigten Körperbereich. Der Mensch als<br />
ganzheitliches Individuum wird nicht als solches erkannt und nicht<br />
dementsprechend versorgt.<br />
Bei Langzeitliegern nehmen die Bemühungen proportional zu der Länge<br />
des Aufenthaltes ab, pflegerische Handlungen werden standardisiert,<br />
rationiert und auf ein Minimum reduziert (vgl. Biesenbach, Schiebich;<br />
1997). Ebenso bricht das Personal an dieser Stelle den Kommunikations-<br />
versuch ab. Es kommt zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung (self-<br />
fullfilling prophecy): Der Patient entwickelt sich in eine Richtung, die von<br />
Pflegenden und Ärzten „vorhergesehen“ wurde (vg. Hannich;1992).<br />
David 29 Schott, Dirk Voigt, Maria Friederich, Marion Küpper