Thema 1Beobachtete Klimaänderungen und ihre AuswirkungenÄnderungen von Temperatur, Meeresspiegel und nordhemisphärischer SchneebedeckungAbbildung 1.1. Beobachtete Änderungen (a) der mittleren globalen Erdoberfl ächentemperatur; (b) des mittleren globalen Meeresspiegels aus Pegelmessungen(blau) und Satellitendaten (rot) und (c) der nordhemisphärischen Schneebedeckung im März und April. Alle Abweichungen beziehensich auf die entsprechenden Mittelwerte des Zeitraums 1961–1990. Die geglätteten Kurven repräsentieren die über ein Jahrzehnt gemittelten Werte,während Kreise die Jahreswerte darstellen. Die schattierten Flächen zeigen die geschätzten Unsicherheitsbereiche aufgrund einer umfangreichenAnalyse bekannter Unsicherheiten (a und b) und aus den Zeitreihen (c). {WGI FAQ 3.1 Abbildung 1, Abbildung 4.2 und Abbildung 5.13, AbbildungSPM.3}ereignisse hat sich über die letzten 50 Jahre verändert:• Kalte Tage, kalte Nächte und Frost sind sehr wahrscheinlichüber den meisten Landgebieten weniger häufig aufgetreten,wohingegen heiße Tage und heiße Nächte häufigergeworden sind. {WGI 3.8, SPM}• Hitzewellen sind wahrscheinlich über den meisten Landgebietenhäufiger geworden. {WGI 3.8, SPM}• Die Häufigkeit schwerer Niederschlagsereignisse (oder derAnteil schwerer Regenfälle an der gesamten Regenmenge)hat wahrscheinlich in den meisten Gegenden zugenommen.{WGI 3.8, 3.9, SPM}4• Das Auftreten von extrem hohem Meeresspiegel hatwahrscheinlich seit 1975 an vielen Stellen weltweit zugenommen.{WGI 5.5, SPM}Beobachtungen belegen eine zunehmende Aktivität starkertropischer Wirbelstürme im Nordatlantik seit ungefähr 1970.Eine zunehmende Aktivität starker tropischer Wirbelstürme ineinigen anderen Regionen, wo größere Bedenken bezüglich derDatenqualität bestehen, wird ebenfalls vermutet. MultidekadischeSchwankungen und die Qualität der Aufzeichnungen vontropischen Wirbelstürmen vor den routinemäßigen Satellitenbeobachtungenseit etwa 1970 erschweren die Erkennung vonlagfristigen Trends in der Aktivität tropischer Wirbelstürme.{WGI 3.8, SPM}4Ausgenommen Tsunamis, die nicht auf den Klimawandel zurückzuführen sind. Extrem hoher Meeresspiegel hängt vom durchschnittlichen Meeresspiegel und regionalenWettersystemen ab. Er ist hier defi niert als das höchste 1% der stündlichen, an einer Station beobachteten Meeresspiegel für einen bestimmten Bezugszeitraum.35
Thema 1Beobachtete Klimaänderungen und ihre AuswirkungenDie mittleren Temperaturen auf der Nordhalbkugel warenin der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sehr wahrscheinlichhöher als während jedes anderen 50-Jahr-Abschnitts der letzten500 Jahre und wahrscheinlich die höchsten in zumindest denletzten 1300 Jahren. {WGI 6.6, SPM}1.2 Beobachtete Auswirkungen vonKlimaänderungenDie hier vorliegenden Aussagen basieren größtenteils aufDatensätzen, die den Zeitraum seit 1970 erfassen. Die Anzahlan Untersuchungen über beobachtete Trends in der physikalischenund biologischen Umwelt und deren Beziehung zu regionalenKlimaänderungen ist seit dem TAR erheblich gestiegen,ebenso die Qualität der Datenbestände. Jedoch sind Daten undLiteratur über beobachtete Veränderungen geografisch bei weitemnicht ausgewogen – es bestehen beträchtliche Lücken, vorallem in den Entwicklungsländern. {WGII SPM}Diese Untersuchungen haben eine, im Vergleich zum TAR,umfassendere und sicherere Bewertung des Zusammenhangszwischen beobachteter Erwärmung und Auswirkungen ermöglicht.Der Dritte <strong>Sachstandsbericht</strong> kam zu dem Schluss, dass„mit hohem Vertrauen 3 regionale Temperaturveränderungen derjüngeren Vergangenheit erkennbare Auswirkungen auf zahlreichephysikalische und biologische Systeme hatten“. {WGII SPM}Beobachtungen von allen Kontinenten und den meistenOzeanen zeigen, dass zahlreiche natürliche Systeme vonregionalen Klimaänderungen – vor allem von Temperaturerhöhungen– betroffen sind. {WGII SPM}Es besteht hohes Vertrauen darin, dass natürliche Systemeverbunden mit Eis-, Schneebedeckung und gefrorenem Boden(inklusive Permafrost) betroffen sind. Beispiele dafür sind:• Vergrößerung und vermehrte Anzahl von Gletscherseen{WGII 1.3, SPM}• Erhöhte Bodeninstabilität in Permafrostgebieten sowieBergstürze in Gebirgsregionen {WGII 1.3, SPM}• Veränderungen in einigen arktischen und antarktischenÖkosystemen, einschließlich Veränderungen von Meereisbiomen,sowie bei Raubtieren an der Spitze der Nahrungskette{WGII 1.3, 4.4, 15.4, SPM}Aufgrund einer zunehmenden Zahl an Hinweisen bestehthohes Vertrauen darin, dass folgende Auswirkungen in hydrologischenSystemen eintreten: Erhöhter Abfluss und frühereintretende Abflusshöchstmengen im Frühjahr bei zahlreichenvon Gletschern und Schnee gespeisten Flüssen; Erwärmungvon Seen und Flüssen in vielen Regionen mit Auswirkungenauf die thermische Struktur und die Wasserqualität. {WGII 1.3,15.2, SPM}Basierend auf zusätzlichen Hinweisen aus einem breiterenArtenspektrum besteht ein sehr hohes Vertrauen darüber, dassterrestrische biologische Systeme von der jüngsten Erwärmungstark betroffen sind – einschließlich solcher Veränderungenwie: Früheres Eintreten von Prozessen im Frühjahr wie z.B.Blattentfaltung, Vogelzug und Eiablage; Verschiebung der geografischenVerbreitungsgebiete von Pflanzen- und Tierartenpolwärts und in höhere Lagen. Satellitenbeobachtungen seit denfrühen 1980er Jahren begründen ein hohes Vertrauen darin,dass in vielen Gebieten in Zusammenhang mit längeren thermischenVegetationsperioden aufgrund der jüngsten Erwärmungein Trend zum früheren „Ergrünen“ der Vegetation im Frühlingbestand. {WGII 1.3, 8.2, 14.2, SPM}Umfangreiche neue Hinweise haben zu einem hohen Vertrauendarin geführt, dass zwischen den in biologischen Meeres-und Süßwassersystemen beobachteten Veränderungen undden ansteigenden Wassertemperaturen sowie den damit verbundenenVeränderungen der Eisdecke, der Salz- und Sauerstoffgehalteund der ozeanischen Zirkulation ein Zusammenhangbesteht. Dies beinhaltet: Verschiebungen geografischer Verbreitungsgebietesowie Veränderungen des Auftretens von Algen,Plankton und Fischen in den Ozeanen der hohen Breiten; Zunahmeder Algen- und Zooplanktonmengen in höher gelegenenSeen sowie in Seen der hohen Breiten; Veränderungen der Verbreitungsgebieteund frühzeitigere Wanderungen von Fischenin Flüssen. Obwohl es zunehmend Beweise für Auswirkungendes Klimawandels auf Korallenriffe gibt, ist es schwierig, dieAuswirkungen klimabezogener Belastungen von anderen Belastungen(z.B. Überfischung und Verschmutzung) zu unterscheiden.{WGII 1.3, SPM}Weitere Auswirkungen regionaler Klimaänderungen auf dienatürliche und menschliche Umwelt zeichnen sich ab, obwohlsie aufgrund von Anpassung und nicht-klimatischenAntriebselementen schwer zu erkennen sind. {WGII SPM}Auswirkungen von Temperaturerhöhungen wurden in denfolgenden bewirtschafteten und menschlichen Systemen dokumentiert(mittleres Vertrauen):• Land- und Forstwirtschaft in den hohen Breiten der nördlichenHemisphäre, wie z.B. frühere Auspflanzung von Feldfrüchtenim Frühjahr sowie Veränderungen der Störungsregimesvon Wäldern infolge von Bränden und Schädlingsbefall{WGII 1.3, SPM}• Einige Aspekte der menschlichen Gesundheit, wie z.B.übersteigerte hitzebedingte Sterblichkeit in Europa, Veränderungenbei Überträgern von Infektionskrankheiten ineinigen Gebieten Europas und ein früherer Beginn sowieeine Zunahme bei der saisonalen Produktion allergenerPollen in den hohen und mittleren Breiten der nördlichenHemisphäre {WGII 1.3, 8.2, 8.ES, SPM}• Einige menschliche Aktivitäten in der Arktis (z.B. Jagd undverkürzte Saison für Verkehr über Schnee- und Eisflächen)und in tiefer liegenden alpinen Gebieten (z.B. Berg- undWintersport). {WGII 1.3, SPM}In zahlreichen Gebieten tragen der Anstieg des Meeresspiegelsund die menschliche Entwicklung gemeinsam zu Verlusten36