Thema 5Die langfristige PerspektiveCO 2-Emissionen und Anstiege der Gleichgewichtstemperatur für eine Bandbreite an StabilisierungsszenarienAbbildung 5.1. Globale CO 2-Emissionen für den Zeitraum 1940-2000 und Emissionsbandbreiten für Kategorien von Stabilisierungsszenarien von2000 bis 2100 (linke Tafel); und die entsprechende Beziehung zwischen Stabilisierungsziel und des wahrscheinlichen Anstiegs der mittleren globalenTemperatur über den vorindustriellen Wert bis zum Erreichen eines neuen Gleichgewichts (rechte Tafel). Die Annäherung an das Gleichgewichtkann mehrere Jahrhunderte dauern, insbesondere für Szenarien mit höheren Stabilisierungsniveaus. Farbige Schattierungen geben die Stabilisierungsszenariennach unterschiedlichen Zielen gruppiert an (Stabilisierungskategorie I bis VI). Die rechte Tafel zeigt Bereiche der Änderung dermittleren globalen Temperatur oberhalb vorindustrieller Werte unter der Verwendung von (i) „der bestmöglichen Abschätzung“ der Klimasensitivitätvon 3 °C (schwarze Linie in der Mitte des gefärbten Bereichs), (ii) der oberen Grenze der wahrscheinlichen Bandbreite der Klimasensitivität von4,5°C (rote Linie am oberen Rand des gefärbten Bereichs) und (iii) der unteren Grenze der wahrscheinlichen Bandbreite der Klimasensitivität von2 °C (blaue Linie am unteren Rand des gefärbten Bereichs). Schwarze gestrichelte Linien in der linken Tafel geben die Emissionsbandbreite neuerReferenzszenarien an, die seit dem SRES (2000) veröffentlicht wurden. Emissionsbandbreiten der Stabilisierungsszenarien umfassen Nur-CO 2- undMulti-Gas-Szenarien und entsprechen den 10.-90. Perzentilen der vollen Szenarienverteilung. Anmerkung: In den meisten Modellen schließen CO 2-Emissionen weder die Emissionen aus der Zersetzung von oberirdischer Biomasse, die nach Abholzung und Entwaldung zurückbleibt, noch ausTorffeuern und entwässerten Torfböden mit ein. {WGIII Abbildungen SPM.7 und SPM.8}Emissionsminderungsbemühungen über die nächstenzwei bis drei Jahrzehnte werden eine große Wirkung aufdie Möglichkeiten zur Erreichung niedrigerer Stabilisierungsniveaushaben (Tabelle 5.1, und Abbildung 5.1). {WGIII3.5, SPM}Tabelle 5.1 fasst die benötigten Emissionsniveaus für verschiedeneGruppen von Stabilisierungskonzentrationen unddaraus folgenden Anstiege der globalen Durchschnittstemperaturim Klimagleichgewicht unter der Verwendung einer „bestmöglichenAbschätzung“ der Klimasensitivität zusammen(siehe auch Abbildung 5.1 zu wahrscheinlichem Unsicherheitsbereich).Eine Stabilisierung bei niedrigeren Konzentrationenund den entsprechenden Niveaus der Gleichgewichtstemperaturverschiebt den Zeitpunkt nach vorne, zu dem die Emissionenihren Maximalwert erreichen müssen, und benötigt stärkereEmissionsrückgänge bis zum Jahr 2050 30 . Die Klimasensitivitätstellt eine entscheidende Unsicherheit für Emissionsminderungsszenariendar, die auf die Erreichung eines bestimmtenTemperaturniveaus abzielen. Bei hoher Klimasensitivität trittder Zeitpunkt früher ein und das Ausmaß der Emissionsminderungfällt höher aus als bei niedriger Klimasensitivität. {WGIII3.3, 3.4, 3.5, 3.6, SPM}Ein Meeresspiegelanstieg ist bei Erwärmung unvermeidbar.Die Wärmeausdehnung würde unabhängig vom bewerteten Stabilisierungsniveauviele Jahrhunderte nach einer Stabilisierungder THG-Konzentrationen anhalten, was einen endgültigenMeeresspiegelanstieg erzeugen würde, der viel größer wäre alsfür das 21.Jahrhundert projiziert (Tabelle 5.1). Wären THG- undAerosolkonzentrationen auf den Werten des Jahres 2000 stabilisiertworden, wäre allein aufgrund der Wärmeausdehnungein weiterer Meeresspiegelanstieg von 0,3-0,8 m zu erwarten.Der endgültige Beitrag durch Verluste des Grönland-Eisschildskönnte mehrere Meter betragen und größer als der durch Wärmeausdehnungsein, sollte eine Erwärmung von mehr als1,9-4,6 °C über vorindustrielle Werte viele Jahrhunderte langaufrecht erhalten werden. Diese langfristigen Konsequenzenhätten große Bedeutung für die weltweiten Küstenlinien. Dielangen Zeiträume, die die Reaktion der Wärmeausdehnung undder Eisschilde auf Erwärmung benötigt, weisen darauf hin, dassEmissionsminderungsstrategien, die versuchen, THG-Konzentrationen(oder den Strahlungsantrieb) bei oder über den heutigenWerten zu stabilisieren, den Meeresspiegel für viele Jahrhundertenicht stabilisieren. {WGI 10.7}30Abschätzungen der Temperaturentwicklung im Verlauf dieses Jahrhunderts sind im AR4 für die Stabilisierungsszenarien nicht verfügbar. Für die meisten Stabilisierungsniveausnähert sich die globale Durchschnittstemperatur dem Gleichgewichtswert über ein paar Jahrhunderte an. Für die deutlich niedrigeren Stabilisierungsszenarien(Kategorie I und II, Abbildung 5.1) kann die Gleichgewichtstemperatur früher erreicht werden.75
Thema 5Die langfristige PerspektiveTabelle 5.1. Charakteristika von post-TAR-Stabilisierungsszenarien sowie die daraus resultierende langfristige globale Gleichgewichtstemperaturund die Komponente des Meeresspiegelanstiegs ausschließlich durch Wärmeausdehnung. {WGI 10.7; WGIII TabelleTS.2, Tabelle 3.10, Tabelle SPM.5} aKategorieCO 2-Konzentrationbei tration bei Sta-CO 2-Äq.-Konzen-Stabilisierung bilisierung einschließlichTHG(2005 =379 ppm) b und Aerosole(2005 = 375 ppm)bJahr maximalerCO 2-Emissionena, cÄnderungglobalerCO 2-EmissionenimJahr 2050(% derEmissionenin 2000) a, cMittlerer globalerGleichgewichtstemperaturanstiegüberdie vorindustriellenWerte unter derVerwendung einer„bestmöglichenAbschätzung“ derKlimasensitivität d. eppm ppm Jahr Prozent °C MeterMittlerer globalerGleichgewichtsmeeresspiegelanstiegüber dievorindustriellenWerte nur ausWärmeausdehnungfI 350 - 400 445 - 490 2000 - 2015 -85 bis -50 2,0 - 2,4 0,4 - 1,4 6II 400 - 440 490 - 535 2000 - 2020 -60 bis -30 2,4 - 2,8 0,5 - 1,7 18III 440 - 485 535 - 590 2010 - 2030 -30 bis +5 2,8 - 3,2 0,6 - 1,9 21IV 485 - 570 590 - 710 2020 - 2060 +10 bis +60 3,2 - 4,0 0,6 - 2,4 118V 570 - 660 710 - 855 2050 - 2080 +25 bis +85 4,0 - 4,9 0,8 - 2,9 9VI 660 - 790 855 - 1130 2060 - 2090 +90 bis +140 4,9 - 6,1 1,0 - 3,7 5AnzahlbewerteterSzenarienAnmerkungen:(a) Die Emissionen zur Erreichung eines bestimmten Stabilisierungsniveaus, die in den hier bewerteten Emissionsminderungsstudien genannt sind,können aufgrund fehlender Kohlenstoffkreislauf-Rückkopplungen unterschätzt sein (siehe auch Thema 2).(b) Atmosphärische CO -Konzentrationen lagen im Jahr 2005 bei 379 ppm. Die beste Schätzung der gesamten CO -Äq.-Konzentration für alle2 2langlebigen THG im Jahr 2005 liegt bei etwa 445 ppm, während der entsprechende Wert inklusive des Nettoeffekts aller anthropogenen Antriebsfaktoren375 ppm CO 2-Äq. beträgt.(c) Die Bandbreiten entsprechen dem Bereich vom 15. bis zum 85. Perzentil der Verteilung von post-TAR-Szenarien. CO -Emissionen sind ebenfallsangegeben, damit Multi-Gas-Szenarien mit Nur-CO 22-Szenarien verglichen werden können (siehe Abbildung SPM.3).(d) Die bestmögliche Schätzung der Klimasensitivität beträgt 3 °C.(e) Es ist zu beachten, dass die mittlere globale Gleichgewichtstemperatur sich aufgrund der Trägheit des Klimasystems von der erwarteten mittlerenglobalen Temperatur zum Zeitpunkt der Stabilisierung von THG-Konzentrationen unterscheidet. In den meisten der bewerteten Szenarientritt die Stabilisierung der THG-Konzentrationen zwischen 2100 und 2150 ein (siehe auch Fußnote 9).(f) Der Gleichgewichtsmeeresspiegelanstieg bezieht sich nur auf den Beitrag der Wärmeausdehnung der Ozeane und erreicht mindestens vieleJahrhunderte lang kein Gleichgewicht. Diese Werte sind mit relativ einfachen Klimamodellen abgeschätzt worden (ein AOGCM niedriger Auflösungund mehrere EMICs auf der Basis des besten Schätzwerts von 3 °C Klimasensitivität) und schließen keine Beiträge von schmelzendenEisschilden, Gletschern und Eiskappen ein. Für die langfristige Wärmeausdehnung wird projiziert, dass sie zu 0,2 bis 0,6 m pro Grad Celsiusglobaler Durchschnittserwärmung über vorindustrielle Werte führt. (AOGCM bedeutet „Atmosphere Ocean General Circulation Model“ (allgemeinesAtmosphären-Ozean-Zirkulationsmodell) und EMICs „Earth System Models of Intermediate Complexity“ (Erdsystemmodelle mittlererKomplexität).)Rückkopplungen zwischen dem Kohlenstoffkreislauf unddem Klimawandel beeinflussen die als Reaktion auf den Klimawandelnötige Emissionsminderung und Anpassung. Manerwartet, dass die Klima-Kohlenstoffkreislauf-Kopplung denAnteil der anthropogenen Emissionen, der in der Atmosphäreverbleibt, mit der Erwärmung des Klimasystems steigen lässt(siehe Thema 2.3 und 3.2.1), aber Emissionsminderungsstudienhaben die volle Bandbreite dieser Rückkopplungen nochnicht erfasst. Daher könnten die Emissionsminderungen, dielaut den in Tabelle 5.1 bewerteten Emissionsminderungsstudienfür die Erreichung eines bestimmten Stabilisierungsniveausnötig sind, zu niedrig angesetzt sein. Modellstudien, die aufdem aktuellen Verständnis der Klima-Kohlenstoffkreislauf-Rückkopplung basieren, legen nahe, dass zur Stabilisierung derKohlendioxidkonzentrationen auf z.B. 450 ppm 31 über das 21.Jahrhundert kumulierte Emissionen von weniger als 1800 [1370bis 2200] Gt CO 2nötig sein könnten, was etwa 27% wenigerals die 2460 [2310 bis 2600] Gt CO 2wäre, die ohne Berücksichtigungvon Kohlenstoffkreislauf-Rückkopplungen ermitteltwurden. {SYR 2.3, 3.2.1; WGI 7.3, 10.4, SPM}5.5 Technologietransfer und EntwicklungEs besteht eine hohe Übereinstimmung darüber und einestarke Beweislage dafür, dass alle bewerteten Stabilisierungsniveausdurch die Anwendung eines Portfolios anentweder heute verfügbaren Technologien oder solchen,die wahrscheinlich in den nächsten Jahrzehnten auf denMarkt kommen, erreicht werden kann. Dies setzt voraus,dass es angemessene und wirkungsvolle Anreize für dieEntwicklung, Beschaffung, Anwendung und Verbreitungvon Technologien und für das Angehen entsprechenderHemmnisse gibt. {WGIII SPM}Die weltweite Anwendung von Technologien mit geringenTHG-Emissionen sowie Technologieverbesserungen durch öffentlicheund private Forschung, Entwicklung und Demonstration(FE&D) wären nötig, um Stabilisierungsziele sowie eine31Diese Rückkopplung könnte für eine Stabilisierung auf 1000 ppm CO 2eine Reduktion der kumulativen Emissionen von einem Modell-Durchschnitt von ungefähr 5190[4910 bis 5460] Gt CO 2auf ungefähr 4030 [3590 bis 4580] Gt CO 2nötig machen. {WGI 7.3, 10.4, SPM}76