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Stenographischer Bericht 223. Sitzung - Deutscher Bundestag

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Hartmut Schauerte<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>223.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Mittwoch, den 13. März 2002<br />

schen Mittelstand und Arbeitslosigkeit besteht nämlich<br />

ein klarer Zusammenhang. Der Gründungsboom ist leider<br />

vorbei. Die Selbstständigenquote ist rückläufig. Das Wirtschaftswachstum<br />

ist gleichfalls rückläufig. Wir können<br />

das auch verifizieren.<br />

(Peter Dreßen [SPD]: Das ist keine Frage! Das<br />

ist eine falsche Tatsachenbehauptung, sonst<br />

nichts!)<br />

– Das gehört zur Frage! – Gucken wir uns einmal die Situation<br />

in den Ländern an! Baden-Württemberg hat ein<br />

Wirtschaftswachstum von 1,3 Prozent und eine hohe Mittelstandsquote.<br />

Nordrhein-Westfalen hat eine geringe<br />

Mittelstandsquote und ein Wachstum von nur 0,1 Prozent.<br />

Klar erkennbar ist also: je weniger Mittelstand, desto weniger<br />

Wirtschaftswachstum und desto weniger Arbeitsplätze.<br />

Warum organisieren Sie die Steuerreform dann so, dass<br />

die Großkonzerne die Vorteile ab sofort erhalten,<br />

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: So ist das!)<br />

der Mittelstand den eigentlichen Vorteil – was immer auch<br />

zwischendurch an kleinen Schritten passiert – aber erst im<br />

Jahr 2005 erhält? Meinen Sie nicht, dass das der wirtschaftlichen<br />

Entwicklung abträglich ist?<br />

Dr. Werner Müller, Bundesminister für Wirtschaft<br />

und Technologie: Herr Schauerte, ich darf Sie zunächst<br />

darauf hinweisen, dass die überwiegende Zahl der Kapitalgesellschaften<br />

zum Mittelstand gehört. Sie müssten<br />

also korrekt fragen: Warum gibt es für den einen Teil des<br />

Mittelstandes, wie Sie formulieren, Steuervorteile sofort<br />

und für den anderen Teil erst später?<br />

Ferner ist die Gewerbesteuerbelastung der Personengesellschaften<br />

ab sofort quasi entfallen.<br />

(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Das ist doch wohl<br />

ein Witz!)<br />

– Das ist kein Witz!<br />

(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Sie haben doch<br />

vorher den Höchststeuersatz von 43 auf 48,5 Prozent<br />

heraufgesetzt! Das wissen Sie gar nicht!<br />

Peinlich!)<br />

– Es kann sein, dass Sie verwechseln, wer wann an der Regierung<br />

war. Der Höchststeuersatz ist von 1982 an immer<br />

wieder angehoben worden.<br />

(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Aber nicht für gewerbliche<br />

Einkünfte! Dafür ist die Anrechnung<br />

doch gemacht worden! – Hans Michelbach<br />

[CDU/CSU]: Das ist ja schlimm, dass der Wirtschaftsminister<br />

die gewerblichen Belastungen<br />

nicht kennt!)<br />

Bleiben wir bei dem Thema Gewerbesteuerbelastung:<br />

Erstens. Die Gewerbesteuerbelastung entfällt quasi ab sofort.<br />

Zweitens. Senkungen des Eingangs– und Spitzensteuersatzes<br />

pro rata sind schon vorgenommen worden,<br />

weitere sind bis 2005 gesetzlich vereinbart. Eine steuerliche<br />

Schlechterstellung ergibt sich zurzeit bei zu versteuernden<br />

Einkommen in einer Größenordnung von<br />

22131<br />

etwa 200 000 Euro aufwärts. Das betrifft wenige, aber<br />

doch einige. Wie gesagt, dieser Zustand verebbt bis zum<br />

Jahre 2005 weitgehend.<br />

Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters: Herr<br />

Schauerte, ich kann leider keine Zusatzfrage mehr zulassen.<br />

Der Kollege Rainer Wend ist der letzte Fragesteller.<br />

Dr. Rainer Wend (SPD): Herr Minister, Sie haben den<br />

Vorwurf, dass Kleinunternehmen und der Mittelstand im<br />

Bereich der Steuerpolitik benachteiligt werden, eindrucksvoll<br />

widerlegt.<br />

(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie haben<br />

doch von 43 auf 48,5 Prozent bei den gewerblichen<br />

Einkünften erhöht!)<br />

Ein weiterer Vorwurf gegenüber der Bundesregierung<br />

lautet, dass es zu einer Überregulierung der Regelungen<br />

kommt, die unsere Wirtschaft betreffen. Könnten Sie mir<br />

erläutern, was die Bundesregierung in den letzten dreieinhalb<br />

Jahren unternommen hat, um Bürokratisierungen<br />

im Wirtschaftsleben abzubauen?<br />

Dr. Werner Müller, Bundesminister für Wirtschaft<br />

und Technologie: Der Abbau von Bürokratie ist aus meiner<br />

Sicht eine der großen Notwendigkeiten. Ich darf Ihnen<br />

sagen, dass die Erfolge, die diese Bundesregierung<br />

erzielt hat, aus meiner Sicht zwar etwas größer als die<br />

früherer Jahre, aber für den Mittelstand nicht ausreichend<br />

sind.<br />

Eine der wichtigsten Änderungen, die wir geplant haben<br />

und von nun an auf rechtlicher Basis versuchsweise<br />

durchführen werden, ist die Einführung einer einheitlichen<br />

Betriebsnummer. Dadurch wird das ganze Meldewesen<br />

– insbesondere nach seiner Digitalisierung, was eine erhebliche<br />

Vereinfachung mit sich bringt – für die Betriebe<br />

vom Ansatz her zentraler und einheitlicher geregelt.<br />

Ich will Sie auf Folgendes hinweisen: Vonseiten der<br />

Bundesregierung haben wir die Initiative, die Altbundeskanzler<br />

Schmidt in einem Artikel in der „Zeit“ vom 4. Oktober<br />

letzten Jahres angestoßen hat, aufgegriffen: Er<br />

schlug vor, dass die ostdeutschen Länderparlamente das<br />

Recht erhalten sollen, in ihrem Bundesland, falls durch<br />

Mehrheit beschlossen, gewisse Regelwerke – wenn Sie so<br />

wollen: Bürokratiewerke – außer Kraft zu setzen. Das ist<br />

etwas, was der Kanzlerkandidat der CDU/CSU dieser<br />

Tage aufgegriffen hat.<br />

Diese Fragestellung ist im Rahmen der Konferenz der<br />

Wirtschaftsminister der Länder und der Konferenz der<br />

Ministerpräsidenten kurz erörtert worden. Es scheint so<br />

zu sein – diese Erkenntnis basiert auf einem Rechtsgutachten<br />

der Staatskanzlei Sachsen –, dass der aus meiner<br />

Sicht sehr intelligent entworfene Ansatz zum Abbau der<br />

Bürokratie von Herrn Schmidt verfassungsrechtlich nicht<br />

haltbar ist. Er würde umfangreiche Änderungen des<br />

Grundgesetzes voraussetzen. Deswegen ist er im ersten<br />

Anlauf leider nicht machbar.<br />

(C)<br />

(D)

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