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Stenographischer Bericht 223. Sitzung - Deutscher Bundestag

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Aribert Wolf<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>223.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Mittwoch, den 13. März 2002<br />

rungswechsel ein Plus von 1,1 Milliarden DM aufwiesen,<br />

und reden Sie nicht von Schulden, die Sie übernommen<br />

hätten.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />

Dass dieses Defizit kein Pappenstiel ist, Frau Schmidt,<br />

sehen Sie daran, dass der Kollege Eichel, als er den blauen<br />

Brief aus Brüssel angedroht bekommen hat, versucht hat,<br />

die Schuld für das Defizit, das Deutschland zu verzeichnen<br />

hat, auf die Länder und Kommunen zu schieben. Aber<br />

eigentlich hätte er sich erst einmal Sie, Frau Schmidt, vorknöpfen<br />

müssen, denn das Minus von 2,8 Milliarden Euro<br />

bei den Krankenkassen, das Sie zu verantworten haben,<br />

liegt doppelt so hoch wie das Minus, das alle Gemeinden<br />

in ganz Deutschland aufgehäuft haben. Daran erkennen<br />

Sie, wer die wirkliche politische Verantwortung dafür<br />

trägt, dass sogar Europa die Politik der rot-grünen<br />

Bundesregierung rügt.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP –<br />

Regina Schmidt-Zadel [SPD]: Sie haben nicht<br />

die Wahl gewonnen!)<br />

Zweitens. Herr Pfaff, wir kritisieren nicht nur das finanzielle<br />

Defizit, sondern wir kritisieren auch, dass die<br />

Qualität der Versorgung der Patienten durch die Leistungserbringer,<br />

also die Pfleger und die Ärzte, immer weiter<br />

zurückgeht, weil der Budgetdruck immer weiter<br />

wächst, Sie aber keinerlei Reformen auf den Weg bringen<br />

wollen. All das hinterlässt seine Spuren.<br />

(Dr. Dieter Thomae [FDP]: Demotivierend!)<br />

Wir haben also erstens ein Milliardendefizit, zweitens<br />

eine schlechter werdende Versorgung und drittens Rekordbeitragssätze.<br />

(Zuruf von der CDU/CSU: Totaler Wahnsinn!)<br />

Noch nie mussten die Bundesbürger für die gesetzliche<br />

Krankenversicherung so viel bezahlen wie unter dieser<br />

Regierung. Allein im Jahr 2001 sind die Beitragssätze von<br />

13,5 auf 14 Prozent gestiegen.<br />

(Dr. Dieter Thomae [FDP]: Wie soll das<br />

enden?)<br />

Hinzu kommt noch ein vierter Negativpunkt. Vier Negativpunkte<br />

auf einmal hat es noch nie gegeben. Sie haben<br />

ja noch nicht einmal ein Konzept, wie Sie darauf reagieren<br />

wollen.<br />

(Dr. Dieter Thomae [FDP]: Chaos!)<br />

Bis jetzt hat jede Regierung, die Defizite und steigende<br />

Beitragssätze feststellen musste, gehandelt. Sie aber sind<br />

nicht einmal in der Lage zu handeln, denn Sie wissen<br />

nicht, was Sie tun sollen.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der<br />

SPD: Die Zuzahlungen erhöhen? – Dr. Dieter<br />

Thomae [FDP]: Wenn sie handeln, geht es daneben!)<br />

Es stehen weitere dunkle Wolken am Horizont, die den<br />

Kostendruck eher erhöhen werden als etwas Positives erwarten<br />

lassen. Sie wissen alle, wie es um die Entwicklung<br />

der Altersstruktur in unserer Bevölkerung bestellt ist und<br />

22161<br />

was der medizinische Fortschritt, der ja nicht stehen<br />

bleibt, sondern weiter voranschreitet, kostet. Ohne Konzept,<br />

nur mit einzelnen Steinchen werden Sie die hereinstürzenden<br />

Wassermassen nicht aufhalten können, sondern<br />

Sie werden unaufhaltsam hinweggeschwemmt<br />

werden.<br />

Und welche Einzelmaßnahmen das sind! Frau Kollegin<br />

Bergmann-Pohl hat sie angesprochen. Während Sie<br />

den Pflegekräften in den Krankenhäusern und auch den<br />

Krankenhausärzten, die alle über eine ungeheure Arbeitsbelastung<br />

klagen, keine Perspektive bieten, erlauben Sie<br />

der Pharmaindustrie in einem höchst fragwürdigen Akt,<br />

für 400 Millionen DM ein ihr unangenehmes Gesetz abzukaufen.<br />

Damals hat es bereits begonnen, nach Kölner<br />

Klüngel zu riechen.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU – Regina Schmidt-<br />

Zadel [SPD]: Wer Millionen im Sack hat, kann<br />

von kölschem Klüngel reden!)<br />

Das sehen auch die Bundesbürger so. Zwei Drittel<br />

äußern sich unzufrieden mit Ihrer Gesundheitspolitik. Es<br />

wird höchste Zeit, dass Sie zugeben, dass Sie die selbst<br />

gesteckten Ziele, die Sie in Ihre Koalitionsvereinbarung<br />

hineingeschrieben haben, bei weitem verfehlt haben.<br />

Wenn man selber keine Konzepte hat, bleibt einem in<br />

der Not nur noch eines – auch das haben Sie hier wieder<br />

eindrucksvoll bewiesen, Frau Schmidt –: Man greift zu<br />

Lügen. Man greift zu der Lüge, dass Bayern den Risikostrukturausgleich<br />

abschaffen will. Die Wahrheit ist, Frau<br />

Schmidt, dass es eine Klage – nicht ein Gesetz oder dergleichen<br />

– der Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg<br />

und Hessen beim Bundesverfassungsgericht gibt. Es<br />

soll rechtlich überprüfen, ob es gerecht ist, wie Sie den Risikostrukturausgleich<br />

organisiert haben. Kein Mensch<br />

will die Solidarität zwischen West und Ost abschaffen,<br />

kein Mensch will den Risikostrukturausgleich, den Finanzausgleich,<br />

die Finanzströme zwischen West und Ost<br />

abschaffen. Aber es muss gerecht zugehen, Frau Schmidt.<br />

Das soll das Bundesverfassungsgericht überprüfen, nichts<br />

anderes!<br />

(Beifall bei der CDU/CSU)<br />

Sie haben nur Angst davor, dass das Gericht feststellt,<br />

dass das, was Sie tun, nicht richtig ist, weil es nicht richtig<br />

sein kann, dass eine Kasse mehr Geld aus dem Ausgleichstopf<br />

bekommt, als sie selber für Leistungen bezahlt.<br />

Es kann nicht sein, dass jemand, der etwas bezahlt,<br />

mehr gutgeschrieben bekommt, als er tatsächlich bezahlen<br />

muss. Das soll das Bundesverfassungsgericht überprüfen.<br />

Es kann auch nicht sein – das ist doch keine Solidarität<br />

–, dass eine Kasse, die wenig Geld hat und hohe<br />

Beitragssätze verlangen muss, einer anderen, die niedrige<br />

Beitragssätze und gefüllte Kassen hat, Unterstützungszahlungen<br />

leisten muss.<br />

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und<br />

der FDP)<br />

Das ist keine Frage des Ost-West-Ausgleichs, sondern<br />

eine Frage der Gerechtigkeit. Das sehen im Übrigen auch<br />

SPD-Mitglieder so, wie die Vorsitzende des Verbandes<br />

der Angestellten-Krankenkassen, Frau Mönig-Raane vom<br />

(C)<br />

(D)

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