Stenographischer Bericht 223. Sitzung - Deutscher Bundestag
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Dr. Wolf Bauer<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>223.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Mittwoch, den 13. März 2002<br />
Jetzt haben wir es mittlerweile geschafft, dass die Beitragssätze<br />
in nur einem Jahr um 0,5 Prozentpunkte steigen.<br />
Sie müssten uns im Namen der Krankenversicherten<br />
nahezu anflehen, die Regierungsverantwortung zu übernehmen,<br />
damit es nicht mehr so weitergeht.<br />
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und<br />
der FDP)<br />
Vizepräsidentin Petra Bläss: Herr Kollege Bauer,<br />
so viel Zeit für Wiederholungen ist nicht mehr. Ich nehme<br />
jetzt einen Begriff aus dem Plenum auf und sage: Die Präsidentin<br />
blinkt.<br />
(Heiterkeit)<br />
Dr. Wolf Bauer (CDU/CSU): Das ist aber sehr schade.<br />
Ich bedanke mich trotzdem fürs Zuhören.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
Vizepräsidentin Petra Bläss: Das Wort hat der Kollege<br />
Horst Schmidbauer für die SPD-Fraktion.<br />
Horst Schmidbauer (Nürnberg) (SPD): Frau Präsidentin!<br />
Meine Damen und Herren! Ich glaube, das ganze<br />
Manöver heute ist sehr durchsichtig. Man kann sehr<br />
schnell erkennen, was sich dahinter eigentlich verbirgt:<br />
Man benutzt das Defizit in der gesetzlichen, solidarischen<br />
Krankenversicherung, um die Krankenversicherungen<br />
krank zu reden, sie madig zu machen, um Angst bei den<br />
Bürgerinnen und Bürgern sowie den Patientinnen und Patienten<br />
zu schüren,<br />
(Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/<br />
CSU]: Wenn die Sie sehen, haben die sowieso<br />
schon Angst!)<br />
um damit den Boden für den Einstieg in eine Zweiklassenmedizin<br />
zu bereiten. Da machen wir nicht mit.<br />
(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Ihr habt es<br />
schon gemacht! – Dr. Sabine Bergmann-Pohl<br />
[CDU/CSU]: Wo waren Sie in den letzten drei<br />
Jahren?)<br />
Das lassen wir Ihnen genauso wenig wie die Fehleinschätzung<br />
des Kollegen Bauer durchgehen.<br />
Ich will noch einmal daran erinnern: Zur Zeit der Regierungsübernahme<br />
gab es eine Emnid-Umfrage, die<br />
seinerzeit von der ABDA in Auftrag gegeben worden war.<br />
Herr Kollege Bauer, Sie müssten das Ergebnis dieser<br />
Emnid-Umfrage gut kennen. Seinerzeit sagten 40 Prozent<br />
der Patientinnen und Patienten aus, sie könnten ihr Rezept<br />
nicht mehr oder nicht mehr voll einlösen.<br />
(Dr. Wolf Bauer [CDU/CSU]: Sie wussten noch<br />
nicht, was hinterher kommt! – Wolfgang Zöller<br />
[CDU/CSU]: Zurzeit sind es 82 Prozent!)<br />
Das war der entscheidende Grund dafür, dass wir gesagt<br />
haben: Sie haben mit der Abzockerei der Patientinnen<br />
und Patienten überzogen. Folge war eine Rationierung bei<br />
den Patienten. Weil die Menschen nicht mehr zu ihren<br />
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Arzneimitteln kamen, mussten wir handeln und haben gehandelt.<br />
(Beifall bei der SPD – Wolfgang Lohmann<br />
[Lüdenscheid] [CDU/CSU]: In die falsche Richtung!)<br />
In der Zwischenzeit sind Zuzahlungen in einer Größenordnung<br />
von etwa 2 Milliarden Euro aufgelaufen, die wir<br />
den Menschen zurückzugeben haben. Ich bin stolz darauf,<br />
dass die Ministerin mit allem Nachdruck verfolgt hat,<br />
(Dr. Sabine Bergmann-Pohl [CDU/CSU]: Dafür<br />
haben Sie die Beiträge angehoben!)<br />
dass vor allen Dingen die chronisch Kranken in diesem<br />
Lande freigestellt werden, damit wir endlich sagen können:<br />
Wir haben für die Menschen eine soziale Basis unabhängig<br />
von ihrer Krankheit geschaffen.<br />
(Beifall bei der SPD – Dr. Wolf Bauer [CDU/<br />
CSU]: Dafür müssen die Familienangehörigen<br />
bezahlen! – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Dafür<br />
haben Sie die Familienangehörigen der<br />
chronisch Kranken zur Kasse gebeten!)<br />
Das, was Sie wollen, haben Sie lediglich besser verpackt.<br />
Sie sprechen jetzt von Eigenverantwortung, von<br />
abwählbaren Leistungen.<br />
(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wie die SPD!)<br />
Im Kern handelt es sich aber um nichts anderes als ein neu<br />
verpacktes Grund- und Wahlleistungsmodell, das Sie den<br />
Bürgern schmackhaft machen wollen. Mit Ihren Heilsversprechungen<br />
geht in Wirklichkeit als Nebenwirkung<br />
die Zerstörung des Solidarsystems einher. Das trifft die<br />
Menschen unmittelbar.<br />
(Manfred Grund [CDU/CSU]: Schaut euch einmal<br />
die Riester-Rente an! Und dann redet ihr<br />
über Solidarsystem?)<br />
Sie müssen den Bürgern vor der Wahl sagen, was von den<br />
heutigen Leistungen abwählbar sein soll und was sie – ich<br />
hoffe, dass es nie so weit kommt, dass Sie etwas zu sagen<br />
haben – bei Ihrem Konzept in Zukunft zusätzlich bezahlen<br />
müssten. Wie tief müssten sie in ihre Taschen greifen?<br />
(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Weniger als<br />
bei Ihnen!)<br />
Mir ist heute aufgefallen, dass die Opposition an der<br />
Aufklärung der Ursachen, die für dieses Defizit verantwortlich<br />
sind, nicht interessiert ist.<br />
(Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/<br />
CSU]: Das müsste ja jetzt Ihre Aufgabe sein! –<br />
Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Er macht beim<br />
Zuhören Fehler!)<br />
Wenn Sie die Ursachen nämlich benennen müssten, wäre<br />
Ihre Showveranstaltung doch zu Ende. Ich glaube, das ist<br />
der eigentliche Punkt: Sie sind für die eigentlichen Ursachen<br />
und deren Wirkungen blind.<br />
(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: 6 Milliarden selbst<br />
verschuldete Einnahmeverschlechterung!)<br />
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