Stenographischer Bericht 223. Sitzung - Deutscher Bundestag
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Katrin Göring-Eckardt<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>223.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Mittwoch, den 13. März 2002<br />
Wenn man die Ursachen dieser Finanzentwicklung beurteilen<br />
will, muss man genau hinsehen. Man kann Ihnen<br />
den Hinweis nicht ersparen, dass die Ursachen eben wirklich<br />
nur zu einem ganz geringen Teil kurzfristig sind. Vielmehr<br />
liegen sie in Ineffizienzen des Systems, die Sie in<br />
Ihrer Regierungszeit gefördert haben und die nicht<br />
kurzfristig zu heilen sind.<br />
(Dr. Sabine Bergmann-Pohl [CDU/CSU]: Wie<br />
lange wollen Sie das noch erzählen, Frau<br />
Göring-Eckardt?)<br />
Die Opposition betreibt – damit wird sie nicht durchkommen<br />
– Täuschung der Öffentlichkeit, indem sie die<br />
Ursachen für die Finanzentwicklung der Krankenkassen<br />
einseitig der jetzigen Bundesregierung zuschieben will.<br />
Sie wollen damit von Ihren eigenen Fehlern ablenken. Im<br />
Unterschied zu Ihnen doktern wir nicht kurzfristig an<br />
Symptomen herum, sondern wir sagen sehr klar: Es müssen<br />
langfristig Änderungen her.<br />
(Dr. Sabine Bergmann-Pohl [CDU/CSU]: Wo<br />
sind die denn?)<br />
– Ich werde es Ihnen gleich sagen.<br />
Schauen wir uns doch erst einmal die Rekorddefizite<br />
der Krankenkassen an – sie lagen alle in Ihrer Regierungszeit<br />
–: 4,8 Milliarden Euro, 3,7 Milliarden Euro und<br />
3,6 Milliarden Euro in den Jahren 1992, 1995 und 1996.<br />
Gezahlt haben das die Versicherten und die Unternehmen.<br />
Herr Thomae, Sie haben gerade von einem Plus geredet,<br />
das Sie uns übergeben haben. Das war vor allen Dingen<br />
ein Plus, das die Patientinnen und Patienten, die Versicherten,<br />
zu zahlen hatten<br />
(Manfred Grund [CDU/CSU]: Wer soll es denn<br />
sonst zahlen? – Dr. Dieter Thomae [FDP]: Der<br />
heilige Geist?)<br />
mit erhöhten Zuzahlungen, die wir zurückgenommen haben.<br />
Das war richtig. Das Zuzahlungsvolumen der Patientinnen<br />
und Patienten ist im Zeitraum von 1991 bis 1998<br />
von 0,6 Milliarden Euro auf 2,8 Milliarden Euro gestiegen.<br />
(Dr. Dieter Thomae [FDP]: Die Budgetierung<br />
ist schlimmer!)<br />
Die rot-grüne Regierung hat das zu Recht zurückgenommen.<br />
Wir haben zu Recht eine Einschränkung vorgenommen,<br />
weil wir der Meinung sind, dass die zusätzlichen<br />
Kosten im Gesundheitssystem nicht ausgerechnet auf<br />
dem Rücken der Patientinnen und Patienten ausgetragen<br />
werden können.<br />
(Dr. Sabine Bergmann-Pohl [CDU/CSU]: Aut<br />
idem erfolgt auf dem Rücken der Patienten!)<br />
Die externen Ursachen durch Kostensteigerungen aufgrund<br />
zunehmender Alterung der Bevölkerung oder durch<br />
medizinischen Fortschritt sind von der Politik nicht beeinflussbar.<br />
Das wissen Sie auch und Sie sollten die Menschen<br />
nicht für dumm verkaufen.<br />
(Detlef Parr [FDP]: Sie führen die Menschen<br />
an der Nase herum!)<br />
Sie wissen sehr wohl, wo welche Ursachen wofür liegen.<br />
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Es geht darum, die Verteilung der gesellschaftlichen<br />
Kosten durch die Politik zu steuern. Da haben Sie sich nun<br />
wirklich nicht mit Ruhm bekleckert, gerade die FDP<br />
nicht, die vor allen Dingen Lobbypolitik gemacht hat.<br />
(Regina Schmidt-Zadel [SPD]: Und noch immer<br />
macht! – Dr. Dieter Thomae [FDP]: Die Patienten<br />
sind klüger, als Sie denken!)<br />
Eine geplante langfristige Reform und nicht Planwirtschaft<br />
ist zehnmal besser als Lobbypolitik zum Nachteil<br />
der Versicherten.<br />
Wir betreiben keine Kostenverlagerung zuungunsten<br />
der Patientinnen und Patienten.<br />
(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie kennen<br />
Ihre eigenen Gesetze nicht!)<br />
Der Weg der Konsolidierung der Kassen ist mühsam und<br />
lässt sich nicht von heute auf morgen bewerkstelligen.<br />
Wenn Sie das Gegenteil behaupten, betreiben Sie vor allen<br />
Dingen Augenwischerei. Es geht um eine langfristige<br />
Reform. Schauen Sie sich an, was beispielsweise im<br />
Krankenhausbereich passiert ist! Dort betrug die Kostensteigerung<br />
in den Jahren 1991 bis 1995 8 Prozent, in den<br />
letzten drei Jahren hatten wir eine Kostensteigerung von<br />
gerade einmal 1 Prozent.<br />
(Dr. Dieter Thomae [FDP]: Ihre Zeit ist<br />
abgelaufen!)<br />
Hier wurden in der Tat Wirtschaftlichkeitsreserven erschlossen<br />
(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das hat mit<br />
dem Gesetz nichts zu tun! Das ist noch gar nicht<br />
in Kraft getreten!)<br />
und mit dem Fallpauschalengesetz werden wir jetzt eine<br />
langfristige Kostenstabilisierung hinbekommen. Ich kann<br />
Ihnen nur empfehlen: Machen Sie deutlich, dass Sie hier<br />
tatsächlich mit an einem Strang ziehen!<br />
(Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/<br />
CSU]: Aber in die gleiche Richtung!)<br />
Hauptursache für das Defizit ist der Arzneimittelsektor.<br />
(Dr. Dieter Thomae [FDP]: Das stimmt doch<br />
gar nicht! Es ist die Grundlohnsummenentwicklung!<br />
Keine Ahnung!)<br />
Die Ministerin hat deutlich gesagt, was hierzu zu sagen<br />
ist. In der letzten Zeit sind vor allen Dingen teure<br />
Medikamente ohne einen wirklichen Zusatznutzen verschrieben<br />
worden. Dieses Problem packen wir mit dem<br />
neuen Gesetz an. Hier kann man nur sagen: Mehr ist<br />
eben nicht immer mehr. Deswegen machen wir nicht<br />
eine einfache Politik nach dem Motto „Mehr Geld ins<br />
System“<br />
(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Ihr macht<br />
überhaupt keine Politik!)<br />
oder nach dem Motto „Die Versicherten und Patientinnen<br />
und Patienten werden es schon irgendwie bezahlen“, sondern<br />
wir machen eine Politik<br />
(Dr. Dieter Thomae [FDP]: Nach Chaos!)<br />
(C)<br />
(D)