Stenographischer Bericht 223. Sitzung - Deutscher Bundestag
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Parl. Staatssekretär Fritz Rudolf Körper<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>223.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Mittwoch, den 13. März 2002<br />
Zahl selbst ist durch Mitarbeiter des Bundesamtes, die zur<br />
Geschäftsstelle der unabhängigen Kommission Zuwanderung<br />
abgeordnet waren, dort eingebracht worden. Sie beruht<br />
auf aktuellen Schätzungen des Bundesamtes und seiner<br />
Außenstellen.<br />
Wie hoch – das ist mir sehr wichtig – der Anteil an absichtlich<br />
verborgenen oder vernichteten Personaldokumenten<br />
ist, ist nicht feststellbar. Dies muss man der Fairness<br />
halber hinzufügen. Deswegen wäre eine<br />
entsprechende Aussage spekulativ.<br />
Aus der Tatsache aber, dass ein Asylbewerber keine<br />
gültigen Personaldokumente im Asylverfahren vorlegt,<br />
kann nicht ohne Weiteres auf einen Asylmissbrauch geschlossen<br />
werden, weil im Falle politischer Verfolgung<br />
der Verfolgerstaat im Zweifel keine zur Ausreise berechtigenden<br />
Reisedokumente ausstellen wird.<br />
Vizepräsidentin Petra Bläss: Bitte, Herr Kollege<br />
Dehnel.<br />
Wolfgang Dehnel (CDU/CSU): Herr Staatssekretär,<br />
Sie sagten, die Zahl in dem <strong>Bericht</strong> beruhe auf einer<br />
Schätzung. Nach meinem Kenntnisstand steht in dem <strong>Bericht</strong><br />
aber ganz klar und deutlich, dass man davon ausgehen<br />
kann, dass 80 Prozent der Antragsteller in Asylverfahren<br />
keinen Pass vorlegen. Auch häufen sich gerade in<br />
der letzten Zeit – das haben Sie vielleicht in den Berliner<br />
Zeitungen gesehen – Inserate, mit denen Pässe aus China,<br />
dem Libanon oder sonst woher gesucht werden. Darin<br />
wird sogar die Passnummer angegeben. Damit wird eine<br />
Mithilfe suggeriert; denn bei Vorlegen eines Passes wird<br />
eine entsprechende Verlängerung des Asylverfahrens genehmigt.<br />
Genau darauf hebt auch der <strong>Bericht</strong> ab. Sie dagegen<br />
sagen, das sei alles an den Haaren herbeigezogen<br />
und geschätzt. Man kann doch eigentlich davon ausgehen,<br />
dass es 80 Prozent der Asylbewerber betrifft, oder<br />
nicht?<br />
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister<br />
des Innern: Lieber Herr Kollege Dehnel,<br />
exakt dieser Frage bin ich natürlich in weiser Voraussicht<br />
nachgegangen: Ich ahnte, dass Sie mir diese Frage stellen<br />
würden.<br />
Ich sage Ihnen ganz offen: Es ist eine Schätzung. Es<br />
gibt beispielsweise auch keine Ergebnisse darüber, wie<br />
hoch die Anerkennungsquote bei diesen geschätzten<br />
80 Prozent der Asylbewerber bzw. den verbliebenen<br />
20 Prozent der Asylbewerber ist. Dazu gibt es keine statistischen<br />
Erkenntnisse, keine Zählungen.<br />
Auch über den zweiten Teil, den ich dargestellt habe,<br />
gibt es keine Schätzung. Angesichts dessen werbe ich darum,<br />
dann, wenn man solche Zahlen verwendet, immer<br />
auch die Zahlengrundlage zu nennen. Deswegen habe ich<br />
auch meine Quelle und die Fundstelle genannt. Dies ist<br />
mir ganz wichtig. Daraus sollte man – das sage ich in aller<br />
Sachlichkeit – auch keine falschen Schlussfolgerungen<br />
ziehen. Deshalb möchte ich jetzt noch einmal auf den letzten<br />
Absatz meiner vorhin gegebenen Antwort hinweisen.<br />
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Vizepräsidentin Petra Bläss: Eine weitere Nachfrage.<br />
Bitte, Herr Kollege Dehnel.<br />
Wolfgang Dehnel (CDU/CSU): Herr Staatssekretär,<br />
sind Sie nicht mit mir einer Meinung, dass der Anteil derjenigen,<br />
bei denen es – eventuell auch unter Einsatz krimineller<br />
Mittel – zu einem Verschwinden des Passes<br />
kommt, dennoch sehr hoch sein muss, auch wenn es sich<br />
um eine Schätzung handelt?<br />
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister<br />
des Innern: Herr Kollege Dehnel, ich will<br />
mich gar nicht darauf fixieren, ob diese Zahl gut oder<br />
schlecht geschätzt ist. Aber die Tatsache, dass diese Zahl<br />
geschätzt ist, also diejenigen, die im Asylverfahren keinen<br />
Pass vorlegen, nicht statistisch erfasst sind, ist schon eine<br />
Aussage für sich.<br />
Viel mehr kommt es mir darauf an, nicht automatisch<br />
die Schlussfolgerung zu ziehen, die Sie etwa in Ihre Frage<br />
hineingelegt haben. Dafür gibt es einen einfachen Grund:<br />
Es gibt keine Belege, keine Fakten, nur eine Schätzung.<br />
Zudem hat derjenige – ich sage das, um einen Eckpunkt<br />
zu setzen –, der politisch verfolgt wird, häufig keinen gültigen<br />
Pass mehr. Dies ist unter anderem ein Kennzeichen<br />
politischer Verfolgung. Deswegen muss man mit diesem<br />
Umstand sachgerecht umgehen.<br />
Vizepräsidentin Petra Bläss: Ich rufe jetzt die<br />
Frage 26 des Kollegen Wolfgang Dehnel auf:<br />
Mit welchen erkennungsdienstlichen Maßnahmen will die<br />
Bundesregierung diesen Verhaltensweisen im Umgang mit dem<br />
Gastrecht entgegenwirken, um die ordnungsgemäße Durchführung<br />
von Asylverfahren einschließlich zweifelsfreier Identitätsfeststellung<br />
gewährleisten zu können?<br />
Dies ist die letzte Frage, die in der heutigen Fragestunde<br />
aufgerufen wird. Ich weise jetzt schon darauf hin,<br />
dass wir die <strong>Sitzung</strong> nicht unterbrechen müssen; denn laut<br />
Plan beginnen wir um 15.35 Uhr mit der Aktuellen<br />
Stunde.<br />
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister<br />
des Innern: Frau Präsidentin, vielleicht haben<br />
Sie schon geahnt, dass ich jetzt eine längere Antwort parat<br />
habe, sodass ich die Zeit voll ausnutzen kann.<br />
Vizepräsidentin Petra Bläss: Herr Staatssekretär,<br />
Sie kennen die Spielregeln. Es sollte auch noch die<br />
Chance bestehen, zwei Zusatzfragen stellen zu können.<br />
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister<br />
des Innern: Selbstverständlich.<br />
Nach dem <strong>Bericht</strong> der unabhängigen Kommission<br />
„Zuwanderung gestalten – Integration fördern“ vom<br />
4. Juli 2001 ist aufgrund fehlender Personaldokumente<br />
eine zweifelsfreie Klärung der Identität und des Verfolgtenschicksals<br />
im Asylverfahren häufig nicht möglich. Die<br />
Bundesregierung hat deshalb mit dem Gesetz zur<br />
Bekämpfung des internationalen Terrorismus eine gesetzliche<br />
Grundlage für Sprachaufzeichnungen geschaffen,<br />
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