Stenographischer Bericht 223. Sitzung - Deutscher Bundestag
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22168<br />
Horst Schmidbauer (Nürnberg)<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>223.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Mittwoch, den 13. März 2002<br />
Ich glaube, die Ministerin hat es sehr deutlich gesagt:<br />
Das Defizit 2001 geht zu zwei Dritteln zulasten des Arzneimittelsektors.<br />
Es betrug 11,2 Prozent; das sind umgerechnet<br />
3,1 Milliarden Euro. Jetzt kommt der entscheidende<br />
Punkt: Allein die Mehrausgaben in diesem Jahr<br />
betragen 3,1 Milliarden Euro und das Defizit betrug<br />
2,8 Milliarden Euro. Das ist die Ursachenbetrachtung, die<br />
wir vornehmen müssen.<br />
(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wollen Sie<br />
den Leuten noch mehr Medikamente vorenthalten?)<br />
Die Aufklärung hat den Arzneimittelmarkt noch nicht<br />
erreicht. Deshalb genügt der Blick nach hinten nicht, sondern<br />
wir müssen den Blick nach vorne richten. Würde die<br />
Aufklärung Wirkung zeigen, wäre der Nutzen für die Patienten<br />
transparent; denn es waren nicht die Innovationen,<br />
die zu dieser Entwicklung geführt haben,<br />
(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Jetzt widersprechen<br />
Sie schon wieder der Ministerin!)<br />
sondern es waren die Preise der Analogpräparate, der<br />
„me,too“-Präparate, die keinen nachgewiesenen Mehrnutzen<br />
für die Patientinnen und Patienten haben. Der<br />
Anteil der Ausgaben für die Innovationen im Bereich<br />
der Arzneimittel ist nur von 14,6 auf 14,8 Prozent gestiegen.<br />
Der Anteil dieser so genannten „me,too“-Präparate ist<br />
von 10,2 Prozent auf 16,3 Prozent gestiegen. Ohne dass<br />
die Patientinnen und Patienten einen therapeutischen<br />
Mehrnutzen haben, haben wir sehr viel Geld zusätzlich<br />
ausgegeben. Wenn in den 23 Präparatgruppen dieser Analogpräparate<br />
die preisgünstigsten Arzneimittel verordnet<br />
worden wären, hätten 2 Milliarden Euro gespart werden<br />
können,<br />
(Regina Schmidt-Zadel [SPD]: Hört! Hört!)<br />
ohne dass es einen Qualitätsverlust für die Patientinnen<br />
und Patienten gegeben hätte.<br />
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten<br />
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)<br />
Ich muss sagen: An solchen Fragen können wir nicht<br />
vorbeigehen; solchen Fragen müssen wir uns stellen.<br />
Dafür brauchen wir ein Konzept.<br />
(Lachen und Beifall bei der CDU/CSU und der<br />
FDP – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das war<br />
ein Kalauer! – Detlef Parr [FDP]: Er hat den<br />
Punkt getroffen!)<br />
Sie werden sehen, dass unsere Gesetze greifen. Bei der<br />
Umsetzung brauchen wir die Mithilfe der Ärzte und Krankenkassen.<br />
Ich glaube, dass wir über Zielvereinbarungen<br />
bezüglich einer Beratungspflicht Transparenz in den Arzneimittelmarkt<br />
hineinbringen und dass wir unser Ziel erreichen<br />
können, damit auch Beitragsstabilität zu gewährleisten.<br />
Ich bin mir sicher, dass wir 2002 ein positives<br />
Ergebnis erreichen werden. Dann können wir uns noch<br />
einmal sprechen.<br />
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten<br />
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)<br />
Vizepräsidentin Petra Bläss: Jetzt spricht die Parlamentarische<br />
Staatssekretärin Gudrun Schaich-Walch.<br />
(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Jetzt muss sie<br />
gegen den Schmidbauer ankämpfen!)<br />
Gudrun Schaich-Walch, Parl. Staatssekretärin bei<br />
der Bundesministerin für Gesundheit: Frau Präsidentin!<br />
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sie haben es<br />
mir ganz schön leicht gemacht. Ich habe festgestellt, dass<br />
Sie sich nicht entscheiden konnten. Herr Zöller, Sie haben<br />
gerade beklagt, dass wir ein Einnahmedefizit haben; das<br />
hat Herr Bauer auch getan. Heute Morgen haben Sie im<br />
Gesundheitsausschuss ein Einnahmedefizit in nicht unerheblicher<br />
Höhe für die gesetzlichen Krankenkassen beschlossen,<br />
indem Sie dem Antrag der FDP zugestimmt haben,<br />
dass Sozialhilfe und Arbeitslosenversicherung<br />
zusammengelegt werden, ohne eine Lösung für die Einnahmeausfälle<br />
auf der Beitragsseite der GKV zu haben.<br />
(Aribert Wolf [CDU/CSU]: Wir haben doch<br />
überhaupt keine Mehrheit! – Heiterkeit bei der<br />
CDU/CSU und der FDP – Detlef Parr [FDP]:<br />
Stimmt doch gar nicht!)<br />
Nur die Tatsache, dass Sie keine Mehrheit haben, hat dieses<br />
Desaster heute verhindert.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN – Detlef Parr [FDP]: Fehlende<br />
Kompetenz! Das ist nicht zu fassen!)<br />
Der zweite Punkt betrifft Ihren Umgang mit den Zahlen.<br />
Herr Wolf, Sie haben vorhin gesagt, dass das Defizit<br />
der gesetzlichen Krankenkassen so hoch wie das der<br />
Kommunen sei.<br />
(Aribert Wolf [CDU/CSU]: Höher!)<br />
Ich muss Sie korrigieren: Das stimmt nicht. Bei den Kommunen<br />
sind es 26 Milliarden Euro.<br />
(Aribert Wolf [CDU/CSU]: Das sind die Länder,<br />
meine Liebe! – Wolfgang Zöller [CDU/<br />
CSU]: Länder und Kommunen – das ist ein Unterschied!)<br />
Das hätten Sie eigentlich wissen müssen, wenn Sie sich den<br />
Kommunal- und den Länderbereich angeschaut hätten. Das<br />
heißt, 1 Prozent sind es auf der Länderseite; 0,1 Prozent<br />
wären es bei den Krankenkassen gewesen. In diesem Jahr<br />
haben wir aber kein Defizit mehr, weil wir mindestens mit<br />
einem ausgeglichenen Finanzergebnis rechnen können.<br />
Sie können jetzt nicht immerzu klagen: Die Leute erhalten<br />
keine Leistungen. Die Beiträge sind zwar gestiegen.<br />
Aber die Steigerung der Beiträge und die Zunahme<br />
der Ausgaben haben mehr Solidarität ermöglicht und eine<br />
bessere Versorgung geschaffen. Ich bin der Überzeugung,<br />
dass das kurzfristig vertretbar ist, bis die strukturellen<br />
Maßnahmen, die wir bereits ergriffen haben, ihre Wirkung<br />
entfalten.<br />
(Beifall bei der SPD – Aribert Wolf<br />
[CDU/CSU]: Welche denn?)<br />
Wir haben in diesem Land keine Rationierung.<br />
(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das stimmt<br />
nicht!)<br />
(C)<br />
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