Stenographischer Bericht 223. Sitzung - Deutscher Bundestag
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Eike Maria Hovermann<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 14. Wahlperiode – <strong>223.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Mittwoch, den 13. März 2002<br />
Die Schaffung defizitärer Strukturen – Herr Kirschner<br />
würde sagen: die wo viel Geld kriegen und wo nix bei<br />
rauskommt –<br />
(Heiterkeit bei der CDU/CSU)<br />
führte zu Kosten, die uns geblieben sind. Diese Strukturen<br />
sind schwer durch neue zu ersetzen; sie müssen erst wachsen.<br />
Wir sollten ihnen das Wachstum zugestehen und nicht<br />
ständig an ihnen herumnörgeln.<br />
Die Selbstverwaltung scheint in der bestehenden Form<br />
und mit ihren bestehenden Rechten immer weniger in der<br />
Lage zu sein, die unterschiedlichen und kaum harmonisierbaren<br />
Interessen auf neue Wege zu bringen. Es liegt in<br />
den Selbstverwaltungen der Kassen und der Ärzte begründet,<br />
dass die integrierte Versorgung nicht richtig angestoßen<br />
wird. Mir stellt sich hier die Frage, warum man<br />
das nicht als Modellversuch in einem Bundesland wie<br />
Nordrhein-Westfalen oder bei Herrn Kirschner in der<br />
Nähe der Kasse Zollern-Alb ausprobiert. Das geschieht<br />
nicht; vielmehr wird der Status quo zäh verteidigt. Das ist<br />
aus meiner Sicht das zentrale Problem. Den Patienten und<br />
der Kostentransparenz dient das nicht, der Qualität schon<br />
gar nicht.<br />
Ich erinnere hier nur an den Streit um das ambulante<br />
Operieren: Wir machen es. Woher bekommen wir das<br />
Geld? Findet ein Transfer vom stationären zum ambulanten<br />
Sektor statt?<br />
(Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid]<br />
[CDU/CSU]: Nein!)<br />
Die Selbstverwaltung hat es geschafft, dass eine nicht zu<br />
tun und das andere zu lassen.<br />
(Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/<br />
CSU]: Aber inzwischen hätten Sie es längst machen<br />
können, wenn Sie es gewollt hätten!)<br />
– Herr Lohmann, Sie wissen ganz genau, dass ich nicht<br />
Herr Jung bin und im Koordinierungsausschuss die Probleme<br />
für die beiden anderen Sektoren lösen kann.<br />
(Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/<br />
CSU]: Vor allem haben Sie keine Mehrheit in<br />
der Fraktion!)<br />
Ich erinnere auch an große Defizite bei der Brustkrebsoder<br />
Diabetesversorgung. Herr Dr. Thomae – – Wo ist er<br />
denn?<br />
(Detlef Parr [FDP]: Ich nehme das entgegen! –<br />
Heiterkeit bei der CDU/CSU)<br />
Das gilt auch für die Hörgeräteversorgung, hinsichtlich<br />
deren sich Herr Dr. Thomae ungeheuer um den Wettbewerb<br />
kümmert und die Preise senken will. Das könnte<br />
man auch einmal näher besprechen.<br />
An diesen Beispielen kann man vielfach Geldvergeudung,<br />
kostspielige Drehtüreffekte und mangelnde<br />
Qualität erkennen. Die defizitären Strukturen – Frau<br />
Widmann-Mauz, jetzt wieder der andere Begriff: nicht die<br />
Defizite, sondern die defizitären Strukturen –, die Geld<br />
kosten und nichts bringen, können aber nicht allein der<br />
Bundesregierung angelastet werden. Das ist falsch, weil<br />
Strukturen viel Zeit zum Wachsen benötigen. Sie haben<br />
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diese Strukturen mächtig gegossen; in Ihrer Zeit sind sie<br />
gewachsen.<br />
Dies war also ein untauglicher Versuch.<br />
(Zuruf der Abg. Annette Widmann-Mauz<br />
[CDU/CSU])<br />
– Melden Sie sich doch! Ich antworte Ihnen immer gerne.<br />
– Dennoch haben wir mit den Disease-Management-<br />
Programmen neue Wege gegen diese defizitären Strukturen<br />
beschritten.<br />
(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Annette<br />
Widmann-Mauz [CDU/CSU])<br />
Frau Präsidentin, die randaliert da hinten. Das stört<br />
mich.<br />
(Heiterkeit – Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid]<br />
[CDU/CSU]: Wenn so junge Frauen einmal randalieren,<br />
ist das ganz schön!)<br />
Vizepräsidentin Petra Bläss: Um im Jargon zu bleiben:<br />
Das bewegt sich noch auf der Ebene homöopathischer<br />
Dosen. Deshalb rüge ich das nicht.<br />
Eike Maria Hovermann (SPD): Ihr Ruf nach festen<br />
Punktwerten, Herr Parr, oder gar nach Aufhebung des<br />
Budgets vernebelt doch die Grundsatzproblematik, dass<br />
unendliche Leistungen nicht mit endlichen Mitteln zu<br />
finanzieren sind.<br />
Keiner von uns wird alleine strukturelle Reformen auf<br />
den Weg bringen können.<br />
(Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/<br />
CSU]: Die Präsidentin blinkt! Sie müssen Ihr<br />
Papier von dem Licht herunternehmen!)<br />
– Ich will versuchen, es in einem Satz zusammenzufassen;<br />
das muss ich wohl auch.<br />
Vizepräsidentin Petra Bläss: Es muss aber ein kurzer<br />
Satz sein.<br />
Eike Maria Hovermann (SPD): Wir brauchen die Regierung<br />
und die Opposition – wir hoffen, dass die bisherigen<br />
Verhältnisse bestehen bleiben werden – und auch<br />
die Länder. Der überwiegende Teil dessen, was Sie an<br />
struktureller Reform vorschlagen, Herr Parr, bedarf der<br />
Zustimmung durch den Bundesrat. Lassen Sie uns also,<br />
anstatt die Kultur der gegenseitigen Beschimpfung zu<br />
pflegen, überlegen, in welchen Punkten wir uns treffen,<br />
um bei Lahnstein II sagen zu können, was wir gemeinsam<br />
angehen wollen. Ich wünsche Ihnen dabei viel<br />
Glück.<br />
Herzlichen Dank für das Zuhören.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN – Detlef Parr [FDP]: Nach dem<br />
22. September werden wir das alles so handhaben!)<br />
(C)<br />
(D)