Johann Friedrich Leopold Woeste - Christine Koch Mundartarchiv
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an den alles durchdringenden „heiligen Geist des Weltalls“ 4 bezogen.<br />
Sie geht über eine „rationalistische“ Prägung deutlich hinaus. Am<br />
29.11.1875 schreibt <strong>Woeste</strong> seiner Nichte Julie Kruse: „Gestern abend<br />
und heute morgen las ich eine ältere philosophische preis schrift des<br />
hall. Professors v. Jakob […]: Beweis für die unsterblichkeit der seele<br />
aus dem begriffe der pflicht (Kantische schule). Ich billige diesen<br />
beweis, glaube aber doch nicht, wie die Kantianer, daß er der alleinige<br />
sei. Die Gottesidee läßt sich nicht blos (Kant) aus der praktischen<br />
vernunft herleiten. Sie ergibt sich auch aus der betrachtung der natur<br />
überhaupt und der des Menschen insbesondere. Aus der Gottesidee<br />
folgt aber die idee der seelenunsterblichkeit.“ 5 Den reinen „Rationalisten“<br />
wird also Einseitigkeit vorgeworfen.<br />
Neben theologischen Erwägungen gab es vermutlich auch Vorbehalte<br />
gegen die große Staatsabhängigkeit der Landeskirche (<strong>Woeste</strong>s Vetter<br />
<strong>Johann</strong> Jakob Kruse, der ihm nahe stand und auch Theologie studiert<br />
hatte, war Opfer der sogenannten Demagogenverfolgung in Preußen<br />
geworden; eine freiheitliche, nicht-obrigkeitsstaatliche Einstellung<br />
<strong>Woeste</strong>s dürfen wir mit gutem Recht annehmen). <strong>Woeste</strong> hat nach<br />
dem Predigerexamen zwar bis 1836 in seiner heimatlichen Umgebung<br />
Gottesdienste gehalten und auch Amtshandlungen vorgenommen,<br />
doch Anfang 1837 stand sein Vorsatz fest, niemals Kirchenbeamter zu<br />
werden. So wurde – unter Inkaufnahme materieller Nachteile – der<br />
Weg frei, als Privatgelehrter der Philologie – seiner eigentlichen<br />
großen Liebe – nachzugehen. Dr. Alfred Meyer bescheingt <strong>Woeste</strong> ein<br />
„sehr ausgeprägtes Streben nach Unabhängigkeit und persönlicher<br />
Entfaltung“. Dem entspricht auf jeden Fall die Lebensplanung.<br />
Selbstzeugnis zum Sprachhintergrund<br />
Zum eigenen Sprachhintergrund schreibt <strong>Woeste</strong>: „Ich lernte früh<br />
sprechen und zwar hochdeutsch, weil mein Vater [geb. 1778 in Unna]<br />
4 Um etwa 1860 schreibt er in seinem Glaubensbekenntnis: „Daß das Christentum zu einem<br />
reinen Gottesglauben, zu einem Glauben im Geiste und in der Wahrheit verklärt werde, ist<br />
Aufgabe der kommenden Zeit.“ „Ich glaube an Gott, als den ewigen, allmächtigen, allwissenden<br />
und darum heiligen Geist des Weltalls, der nicht neben seinem Werk besteht, wie der<br />
Werkmeister neben seinem Gebilde, sondern die Welt durchdringt, überall beides: ihr Grund<br />
und ihre Erscheinung ist. Alles Sichtbare und Unsichtbare ist Erscheinung seiner Kraft, wie<br />
am Baume Blatt, Blüte und Frucht. Die sämtlichen Naturkräfte sind Ausfluß seines Wesens.“<br />
(Zitiert nach: Der Schlüssel. Hemer. Sept. 2007, S. 18f.)<br />
5 Zitiert nach: Volkstum und Heimat. Festgabe für Karl Wagenfeld. Münster 1929, S. 184.