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04. Zeitschrift für Bauwesen XIII. 1863, H. VII-X= Sp. 321-552

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431 Boettich«r, Die Untersuchungen auf der A.kropolis von Athen. 432zngleich die Frage über den Marmorbau mit dem Stereobateerledigt.Kam man bei Erklärung des Sachverhaltes nicht auf dasnahe Liegende, denselben in materiellen Ursachen zu suchen,dann ist es nicht zu verwundern wenn man das gerade amweitesten Liegende ergriff, ihn auf abstracte Gründe zurükkführte,und einen ganz neuen Lehrsatz der antikenBaukunst, rein optischer Natur, <strong>für</strong> denselben formulirte. Dashiefs gewifs durch das Pikante des Unerhörten der Sacheeinen Reiz verleihen der ein völlig eingebildeter ist; irgendeine statische oder constructive Begründung, die doch alleinnur mafsgebend sein könnte, hat Niemand <strong>für</strong> die Sache nochvorzubringen versucht oder vermocht. Jener Lehrsatz aber,der aületzt vom Penrose bis zum Aeufgersten in seinen Con-Sequenzen geführt worden ist, lautete bekanntlich folgenderWeise. Man stellte die Behauptung auf: Alle Horizontaleneines geaäulten Baues, insbesondere bei geneigter Stellungder Säulenaxen, stellten sich dem Auge in Mitte jeder Säulenreihescheinbar nach unten eingesenkt dar. Zur Correctur undAusgleichung dieses Sehfehlers seien von den Alten alle solcheHorizontalen vermieden, an deren Stelle dagegen eine nachoben gekrümrate Flucht der horizontalen Linien durch künstlicheConstruction erwirkt. Diese aufwärts steigende Krümmungerzeuge dann <strong>für</strong>" das Auge die Pseudohori^ontale welche jeneEinbiegung zur Horizontale complementire. Daher kpmme beiallen Monumenten nicht blofs die Curve in den Gliedern desGebälkes über den Säulen, sondern auch schon im Stylobate;denn bei gleicher Höhe aller Säulen müfsten naturlich dieStylobate unten die Curve der Epistylia oben vorbereiten.Solche Conatruction finde sich bereits durch Vitruv angeordnet•welcher ihre Vorbereitung im Stylobate, mittels Hinzufügungder scabelli oder scamilli impares, ausdrücklich vorschreibe.So wollte man denn mittels einer wirklichen Krümmungin der Construction der ganzen mächtigen Dekke und desFufabodens, eine scheinbare Jiorix>ontale blofs zur optischenTäuschung und Befriedigung des Auges erwirken.Was jene Behauptung der scheinbaren Einsenkqng an sichbetrifft, so hat man sie meines Erachtens nach völlig aus derLuft gegriffen. Eine solche Erscheinung ist gar nicht in derWirklichkeit begründet; an keinem Bauwerke, mögen dessenSäulen geneigt oder lothrecht in der Axe stehen, wird siewahrgenommen, kein wagrecht gestreckter Stylobat scheintbei einem solchen alveolirt; das beweisen die höchsten wiedie niedrigsten Säulenreihen wo sie auch vorkommen mögen.Beispielsweise hat noch kein Auge weder an der hohen Portikusdes alten, noch an den niedrigen bedeutend langen Peristy^lendes neuen Museum zu Berlin, eine solche Erscheinungbemerken können. Wohl stehen hier die Säulen lothrecht inden Äxen; jedoch an Säulenreihen mit geneigter Axenstellungder Säulen bei horizontalem Gebälk, hat ebensowenig noch Jemandwahrzunehmen vermocht dafg hier das Gebälk nichthorizontal sondern in Mitten nach unterwärts gekrümmt erscheine.So lange man nicht ein solches völlig unzerstörtesGebäude als Beispiel nennen kann, an welchem diese Erscheinungwirklich stattfindet, wird jene Behauptung eine Fictionbleiben; bis jetzt ist das den Trägern jener neuen Lehre nochunmöglich gewesen. Ich will aber hier ein Beispiel anführenwelches dieser Hypothese widerstreitet- Was <strong>für</strong> die natürlicheGrÖfse wahr ist, mufs auch <strong>für</strong> eine Keduction derselbenauf einen Maafsstab gelten welcher die genaue Beobachtungdes Verhältnifses noch erlaubt. Nun existirt bekanntlich einsehr sanberes Modell des Parthenon, aus Gyps in Paris treunachgebildet j dies hat eine Länge von 4|Fufs, man kannmithin an ihm genau die Linienzüge wahrnehmen; ein Exemplarhiervon besitzt auch die Sammlung der königlichen Bauakademiezu Berlin. An diesem Modelle, an welchem dasEpistylion hori^^ontal liegt, zeigt sich dem schärfsten Augenicht die leiseste <strong>Sp</strong>ur einer Einkrümmung.Schon der Grund dafa die geneigte Stellung der Säuleneine solche optische Täuschung bei horizontaler Lage des Gebälkeserwirke, ist lautere Einbildung. Ich frage welches Augewohl an den über 6 F. starken und 34 F, hohen Säulen desParthenon, bei der scheinbaren Neigung welche schon dieContur ihrer starken Verjüngung zeigt, eine Neigung der Axewahrzunehmen vermöchte welche in den Frontsäulen (PenrosePI. 16) nur .22, in den Säulen der Seiten nur .24 beträgt.Was man von der Krümmung am Parthenon gesagt hat welcheim Epistylion und Triplyphon jetzt thatsächlich besteht, so kanndieselbe in beiden Fronten von unten auf durchaus nicht wahrgenommenwerden; nur wenn man in die Höhe des Gebälkeshinaufsteigt um die Flucht der Linien abzuvisiren, tritt dieKrümmung ein. An den beiden langen Seiten kann man dieBeobachtung am Gebalke nicht machen, weil dieses zur Hälfteder Länge zerstört ist; dagegen steht an den Stylobaten dieCurve so stark ausgeprägt dafs die bedeutende Abweichungvon der Horizontale sogleich als Krümmung in das Augespringt. Da nun jenem Theorem zufolge die Curve ursprünglichals solche nicht sichtbar sein durfte, weil sie eben diePseudohorizontale bilden sollte, so ist wohl klar wie diejetzige stark markirte Curve erst später durch Senkung derEkken, als Form der präsumirteu ursprünglichen Curve oderPseudohorizontale entstanden sein müsse.Am vollständig erhaltenen Thegeion, dessen Säuleu nurhalb so hoch als die des Parthenon sind, ist dies ebenso derFall. Die Curve im Stylobate hier, welche an den Seiten aufeine Länge von 105 . 8 im Durchschnitt . 08, in den Fronten auf47 . 0 aber blofs . Oä beträgt, ist nur mit dem Instrumentdurch scharfes Abwögen der Oberkante zu entdekken. Da nundie Curve im GebäJke durchaus der im Stylobate parallel, inbeiden Theilen die nach oben gekrümmte Abweichung von derLibelle aber selbst <strong>für</strong> den schärfsten Blick ganz unmöglichwahrnehmbar mithin <strong>für</strong> ihn nicht vorhanden ist, dann konnteebenso wenig eines Menschen Auge im Stande sein eine Einbiegungnach unten von solcher Differenz zu entdekken auchwenn das Gebälk horizontal läge. Wäre die Curve ursprünglichin die Construction gelegt, dann ist doch klar wie manmit ihr nur eine scheinbare Einaenkung unter die Libelle corrigirenwollte welche das Maafs der jetzigen Erhöhung überdie Libelle, nämlich .08 betrug; da nun eine solche Einsenkungeben so unmöglich wahrzunehmen ist als die jetzigeErhöhung^ so hiefse das in der That eine unwabrnehmbareEinSenkung durch eine gleiche unwahrnehmbare Erhöhung aufhebenwollen. Ich frage daher: ob solche Abweichungen vonder Libelle die man nur mittels des schärfsten Diopteringtrumentesermitteln kann, <strong>für</strong> das Auge anders als nicht corhandensind? Schon dieser Umstand ist ein so vollkommenerWiderspruch gegen jenen Lehrsatz dafs er ihn sogleichschlägt.Abgesehen hiervon ist vor Allem auch zu prüfen wie essich mit dieser Erscheinung in der Auslassung des Vitruv verhalte,denn auf dessen Worte hat man die ganze Theorie gegründet.Im Voraus ist <strong>für</strong> eine solche Prüfung zu bemerkendafs Penrose und seine Gläubigen beim Gebrauche dieses Texteszur Beweisführung, sehr leichtfertig zu Werke gegangensind. Man hat eine oder zwei Stellen beliebig herausgegriffenund gedeutet, andere dagegen welche im engsten sachlichenZusammenhange damit stehen, gar nicht beachtet; es liegtauf der Hand wie eine richtige Auslegung dann unmöglich

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